Der BFH ändert seine Rechtsprechung bei der Abzugsfähigkeit von Steuerschulden als Nachlassverbindlichkeiten und folgt damit nun der Systematik des Erbschaftsteuergesetzes: Steuerschulden, die auf einer Steuerhinterziehung des Erblassers beruhen, sind nur soweit bei der Erbschaftsteuer zu berücksichtigen, als sie tatsächlich auch in entsprechender Höhe festgesetzt werden. Die Unterrichtung des Finanzamts durch den Erben ist demnach nicht mehr entscheidend.
Der Erblasser hatte Schwarzgelder in Luxemburg versteckt, deren Erträge nicht versteuert wurden. Einer der Erben berichtigte die Einkommensteuererklärungen des Erblassers für die Vergangenheit. Dem Finanzamt unterlief bei der Nachveranlagung ein Fehler, so dass weniger Steuern nachzuentrichten waren, als sich bei zutreffender Veranlagung ergeben hätten. Für diese Festsetzung trat Festsetzungsverjährung ein. Gleichwohl wollte der Erbe die bei richtiger Nachveranlagung festzusetzenden Steuern als Nachlassverbindlichkeit abziehen.
Besteuert wird die Bereicherung aufgrund des Erbfalls
Besteuert wird bei der Erbschaftsteuer die erhaltene Bereicherung. Aus diesem Grund können auch die Nachlassverbindlichkeiten abgezogen werden. Deshalb zählen die persönlichen Steuerschulden, die vom Erblasser herrühren und auf den Erben übergegangen sind, zu den Nachlassverbindlichkeiten. Dabei ist es unerheblich, ob die Steuern beim Erbfall bereits festgesetzt waren oder nicht. Die Steuern müssen lediglich entstanden sein und den Erben wirtschaftlich belasten. Ohne wirtschaftliche Belastung wirken sich die Steuerverbindlichkeiten jedoch auch nicht auf die Bereicherung aus und werden daher nicht berücksichtigt.
Eintritt der wirtschaftlichen Belastung
Bei Steuerschulden des Erblassers liegt regelmäßig eine wirtschaftliche Belastung des Erben vor, weil die entstandenen Steueransprüche von den Finanzbehörden grundsätzlich auch festgesetzt werden. Dabei ist es gleichgültig, ob die hinterzogenen Steuern noch zu Lebzeiten des Erblassers nachversteuert werden oder erst nach dessen Tod. Davon gilt aber eine Ausnahme, wenn erwartet werden kann, dass der Steuergläubiger seine Forderung nicht geltend machen kann – z.B. bei einer noch nicht erkannten Steuerhinterziehung.
Von einer wirtschaftlichen Belastung ist daher bei einer Steuerhinterziehung lediglich dann auszugehen, wenn die hinterzogenen Steuern später auch tatsächlich festgesetzt werden. Eine solche Steuer mindert daher nur die Bereicherung des Erben, falls sich diese Steuern erwerbsmindernd auswirken – insbesondere wenn beim Erbfall wegen der Hinterziehung keine wirtschaftliche Belastung besteht und auch später der Erbe aufgrund einer unterbliebenen Festsetzung nicht belastet wird.
Änderung der Rechtsprechung
Bisher konnte der Erbe eine vom Erblasser hinterzogene Einkommensteuer als Nachlassverbindlichkeit abziehen, wenn das für die Festsetzung der Einkommensteuer zuständige Finanzamt zeitnah über die Steuerangelegenheit unterrichtet wurde. Der BFH sah in der zeitnahen Unterrichtung eine wirtschaftliche Belastung. Abweichend von dieser Rechtsprechung kommt es aufgrund des Besprechungsurteils nicht mehr auf die Unterrichtung der Finanzbehörde an, sondern auf die Festsetzung der hinterzogenen Steuern bzw. deren Auswirkung auf den Erwerb im Erbfall. Der BFH stellt also ausschließlich auf die tatsächliche wirtschaftliche Belastung ab.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH ist konsequent, indem sie allein auf die tatsächliche wirtschaftliche Belastung bei einer Steuerhinterziehung seitens des Erblassers abstellt und diese nicht bei einer zeitnahen Unterrichtung der zuständigen Finanzbehörde unterstellt – auch wenn es nicht zu einer Steuerfestsetzung kommen sollte. Insoweit schließt sich der BFH der Verwaltungsansicht an. Diese Rechtsprechungsänderung verdient Zustimmung, weil sie der Systematik des Erbschaftsteuergesetzes folgt und nur auf die tatsächliche wirtschaftliche Belastung abstellt. Unternehmer und deren Berater sollten diese Entscheidung kennen, falls bei einem Erbfall eine Hinterziehung des Erblassers bekannt wird.
BFH, Urt. v. 28.10.2015 - II R 46/13
BFH, Urt. v. 24.03.1999 - II R 34/97
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz