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Verfahrensrecht: Auftragsprüfung und Verfahrensfehler

Der BFH hat im Zusammenhang mit einer als Auftragsprüfung durchgeführten Außenprüfung zur Ablaufhemmung und den Folgen des Antrags auf Aussetzung der Vollziehung einer Prüfungsanordnung Stellung genommen. Die Beauftragung einer anderen Behörde zur Außenprüfung stellt demnach eine begründungsbedürftige Ermessensentscheidung dar. Eine nachträgliche Begründung kann dabei den Verfahrensfehler heilen.

In einem aktuellen Beschluss stellt der BFH klar, dass eine nachträgliche Begründung nach § 126 Abs.1 Nr. 2 AO auch rückwirkend Verfahrensfehler beseitigen kann. Es ist bemerkenswert, dass der BFH zwar auf einzelne Argumente des Steuerpflichtigen eingeht, aber letztendlich die Beschwerde mangels hinreichender Substantiierung als unzulässig zurückweist.

Sachverhalt

Die Beschwerdeführerin ist eine Steuerberatungsgesellschaft, die in eigener Sache letztmals für den Zeitraum 1992 bis 1994 im Wege einer Auftragsprüfung durch das Finanzamt B geprüft wurde. Geführt wird die Gesellschaft jedoch beim Finanzamt A.

Dieses hatte die Steuerberatungsgesellschaft für die Jahre 2005-2007 bezüglich Körperschaft-, Umsatz- und Gewerbesteuer für prüfungswürdig befunden.

Das Finanzamt A hat gem. § 195 Satz 2 AO das Finanzamt B durch ein behördeninternes Schreiben ermächtigt, die Prüfungsanordnung zu erlassen und anschließend die Außenprüfung im Auftrag des Finanzamts A durchzuführen. Intern begründet wurde dies damit, dass die Steuerberatungsgesellschaft überwiegend Mandanten im Finanzamtsbezirk A betreue. Um Reibungen mit dem „Heimatfinanzamt“ zu vermieden, ist dieses Vorgehen nicht unüblich.

Daraufhin wurde am 29.10.2010 vom Finanzamt B die Prüfungsanordnung ohne weitere Begründung erlassen. Die Steuerberatungsgesellschaft erhob dagegen Einspruch und beantragte darüber hinaus die Aussetzung der Vollziehung. Vermutlich wollte die Steuerberatungsgesellschaft nur zu einem späteren Zeitpunkt durch das Heimatfinanzamt A geprüft werden.

Das Finanzamt B wies den Einspruch mit dem Hinweis als unbegründet zurück, dass das Finanzamt A insoweit ermessensgerecht gehandelt habe. Im Übrigen seien Reibereien mit dem Finanzamt A wegen der Vielzahl von Mandanten der Gesellschaft im Amtsbezirk des Finanzamts A zu vermeiden gewesen.

Verfahrensgang

Die anschließend von der Gesellschaft gegen die Prüfungsanordnung u.a. wegen Rechtswidrigkeit und Nichtigkeit von insoweit erlassenen Verwaltungsakten bzw. Eintritts der Festsetzungsverjährung geführte Anfechtungsklage wurde vom FG abgewiesen. Die Revision gegen sein eigenes Urteil ließ das FG nicht zu. Dagegen wendete sich die Steuerberatungsgesellschaft mit der Beschwerde vor dem BFH. Dieser wies die Beschwerde als unzulässig zurück und sah keine Gründe, die Revision zuzulassen.

Kein tragender Verfahrensmangel i.S.d. § 115 Abs. 2 Nr. 3 FGO

Die Rüge der Verletzung des Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG, § 96 Abs. 2 FGO) wurde nicht schlüssig vorgetragen. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass entgegengenommenes Parteienvorbringen vom Gericht auch zur Kenntnis genommen wird und dies in seine Erwägungen einfließen lässt. Nur wenn ein Vorbringen der Beteiligten vom Gericht überhaupt nicht zur Kenntnis genommen bzw. nicht in Erwägung gezogen wurde, liegt eine Verletzung des rechtlichen Gehörs vor.

Das FG hat das umstrittene Parteivorbringen in den Urteilstatbestand aufgenommen und zudem in den Entscheidungsgründen gewürdigt. Die Steuerberatungsgesellschaft verkennt die Bedeutung des rechtlichen Gehörs, wenn sie vorträgt, das Gericht habe das Vorbringen deshalb nicht gewürdigt, weil es in der Sache anderer Meinung sei.

Großer Ermessensspielraum bei Anordnung einer Auftragsprüfung

Das FG war im Rahmen seiner Sachaufklärungspflicht nicht zu umfangreichen Ermittlungen über die Anzahl von der Steuerberatungsgesellschaft im Zuständigkeitsbereich des Finanzamt A betreuten Mandanten verpflichtet, weil es zu Recht der Meinung war, das Finanzamt habe bezüglich der Auftragsprüfung einen darüber hinausgehenden großen Ermessensspielraum.

Ein materiell-rechtlicher Fehler rechtfertigt allein noch nicht die Revisionszulassung

Es kann dahingestellt bleiben, ob ein eventueller Rechtsfehler im Rahmen der Ablaufhemmung gem. § 171 Abs. 4 AO vorliegt, wenn vom FG nicht die zeitlich früher beantragte Verschiebung des Beginns der Außenprüfung, sondern der spätere Antrag auf Aussetzung der Vollziehung der Prüfungsanordnung aufgegriffen wurde. Das ist für sich betrachtet auch kein Verfahrensmangel.

Eine nicht näher beschriebene Divergenz ist kein Revisionsgrund nach § 115 Abs. 2 Nr. 2 AO

Die Steuerberatungsgesellschaft sieht im Urteil des BFH vom 21.04.1993 (X R 112/91) eine mögliche Divergenz-Entscheidung. Danach kann eine rechtswidrige Prüfungsanordnung die Festsetzungsverjährung nicht gem. § 171 Abs. 4 AO hemmen. Der hier angegriffenen Entscheidung des FG ist nach Ansicht des BFH jedoch keine Divergenz zu dem vorgenannten Urteil des BFH zu entnehmen.

Durch die ausführliche Einspruchsentscheidung (§ 126 Abs. 1 Nr. 2 AO) begründet das FG bereits eine Heilung des ursprünglichen Begründungsmangels. Insgesamt hat die Steuerberatungsgesellschaft nach Ansicht des BFH nicht substantiiert dargelegt, über welchen bereits höchstrichterlich entschiedenen Rechtssatz sich das FG hinweggesetzt hat.

Grundregel der Substantiierung vor Gericht

Die Weiteren von der Steuerberatungsgesellschaft vorgetragenen  Rechtsfragen rechtfertigen keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung, da sie von der Beschwerdeführerin nicht substantiiert herausgearbeitet wurden. Die pauschale Behauptung, die Fragen seien aufklärungsbedürftig und vom BFH noch nicht beantwortet, ist keine ausreichende Darlegung einer grundsätzlichen Bedeutung.

Vielmehr muss unter Auseinandersetzung mit der einschlägigen Rechtsprechung und Literatur herausgearbeitet werden, ob die dort entwickelten Rechtsgrundsätze auf den konkreten Streitfall übertragen werden können und dies wegen allgemeiner Bedeutung der höchstrichterlichen Klärung bedarf.

Praxishinweis

Wie sich wieder deutlich zeigt, wird von Steuerpflichtigen oft die Heilungsmöglichkeit von Verfahrens- und Formfehlern übersehen. Rechtliche Argumente und Anträge sind gerade bei höheren Gerichten hinreichend substantiiert vorzutragen, auch wenn dies für den Antragsteller manchmal einen erheblichen Mehraufwand bedeutet. Es kann also nicht darauf gesetzt werden, das Gericht werde im Vorfeld seiner Entscheidung einen entsprechenden Hinweis erteilen. Prozesswillige Steuerpflichtige und ihre Berater sollten deshalb ihr Augenmerk darauf legen, Begründungen substantiiert vorzutragen, um das Risiko zu mindern, wegen fehlender Substantiierung abgewiesen zu werden.

BFH, Beschl. v. 25.02.2015 - I B 66/14
BFH, Urt. v. 21.04.1993 - X R 112/91, BStBl 1993 II 649

Quelle: RA und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann