Mit einem aktuellen Schreiben hat sich das BMF zur Verzinsung der Steuernachforderungen bei der Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g Abs. 3 EStG geäußert. Es reagiert damit sowohl auf ein BFH-Urteil aus dem letzten Jahr als auch auf die gesetzliche Neuregelung in § 7g Abs. 3 Satz 4 EStG. Für mehr Klarheit sorgt die Finanzverwaltung v.a. in verfahrensrechtlichen Fragen.
Mit Urteil vom 11.07.2013 hat der BFH entschieden, dass die Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen nach § 7g EStG zu einem rückwirkenden Ereignis i.S.v. § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 und Abs. 2 AO führt. Nach Ansicht des BFH beginnt daher die Verzinsung der mit der Rückgängigmachung verbundenen Steuern erst 15 Monate nach Ablauf desjenigen Kalenderjahres, in dem die Rückgängigmachung erfolgt ist (§ 233a Abs. 2a AO).
Reaktion des Gesetzgebers
Die Finanzverwaltung reagierte auf dieses Urteil mit einer Gesetzesänderung: Ab dem Veranlagungszeitraum 2013 gilt § 233a Abs. 2a AO für die Rückgängigmachung eines Investitionsabzugsbetrages nicht mehr (§ 7g Abs. 3 Satz 4 EStG i.V.m. § 52 Abs. 1 EStG i.d.F. des AmtshilfeRLUmsG). Diese Neuregelung kommt für Investitionsabzugsbeträge zur Anwendung, die erstmals für Wirtschaftsjahre in Anspruch genommen werden, die nach dem 31.12.2012 enden.
Weicht bei Land- und Forstwirten das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr ab, ist die Neuregelung so anzuwenden, dass lediglich der Teil des rückgängig gemachten Investitionsabzugsbetrages gem. § 233a Abs. 2 AO zu verzinsen ist, der nach § 4a Abs. 2 Nr. 1 Satz 1 EStG auf das Kalenderjahr 2013 entfällt.
Regelungen für offene Fälle der Veranlagungszeiträume vor 2013
Für noch nicht bestandskräftige Steuerbescheide der Veranlagungszeiträume vor 2013 hat das BMF in einem aktuellen Schreiben dargestellt, wie zu verfahren ist. Sofern über die Verzinsung in einem Bescheid zur gesonderten (und ggf. einheitlichen) Feststellung der Einkünfte zu entscheiden ist, ist ein eventueller Rechtsbehelf mit dem Ziel der Ergänzung dieses Bescheids um Aussagen zur Verzinsung in einen Antrag auf Erlass eines Ergänzungsbescheides umzudeuten.
Falls in einem Feststellungsbescheid keine Feststellungen über das Vorliegen eines rückwirkenden Ereignisses i.S.d. Nr. 74 des AEAO zu § 233a getroffen worden sind, sind diese in einem Ergänzungsbescheid nach § 179 Abs. 3 AO nachzuholen. Dieser Ergänzungsbescheid ist insoweit Grundlagenbescheid für die Zinsfestsetzung und kann innerhalb der Feststellungsfrist beantragt und erlassen werden. Die Feststellungsfrist richtet sich nach der Jahresfrist des § 239 Abs. 1 Satz 1, Halbsatz 2 i.V. mit § 181 Abs. 1 Satz 1 und § 169 AO.
Ist hingegen kein Feststellungsverfahren vorgelagert, erfolgt keine gesonderte Feststellung des Vorliegens eines rückwirkenden Ereignisses i.S.d. Nr. 74 des AEAO zu § 233a. Die Entscheidung über die Anwendung des § 233a Abs. 2a AO wird in diesen Fällen ausschließlich in der mit der Steuerfestsetzung verbundenen Zinsfestsetzung getroffen.
Sofern der Gewerbesteuermessbescheid i.R.d. Verzinsung der Gewerbesteuer geändert wird, sollte er darauf hinweisen, dass die Änderung auf einem rückwirkenden Ereignis i.S.d. § 233a Abs. 2a AO beruht. Denn ein Ergänzungsbescheid nach § 179 Abs. 3 AO scheidet für einen Gewerbesteuermessbescheid aus (§ 184 Abs. 1 Satz 4 AO). Aus diesem Grund ist der Gewerbesteuermessbescheid als Grundlagenbescheid für die Zinsfestsetzung anzufechten und nicht der Zinsbescheid.
Praxishinweis
Das BMF hat mit diesem Schreiben die Vorgehensweise für den Fall geregelt, dass ein Investitionsabzugsbetrag rückgängig gemacht worden ist und die Neuregelung noch nicht gilt. Damit werden Diskussionen insbesondere mit den kommunalen Steuerbehörden vermieden, die sich hinsichtlich der Zinsen oft darauf berufen, dass die Entscheidung des BFH für die festgesetzten Gewerbesteuern nicht gelte.
BMF, Schreiben v. 15.08.2014 - IV C 6 - S - 2139-b/07/10002
BFH, Urt. v. 11.07.2013 - IV R 9/12
Quelle: StB und Fachanwalt für Steuerrecht Axel Scholz