Das BMF folgt dem BFH bei der Möglichkeit, den Investitionsabzugsbetrag bei der Gewinnermittlung kleiner und mittlerer Betriebe zu erhöhen bzw. aufzustocken. Demnach kann ein Investitionsabzugsbetrag gemäß § 7g EStG (in der Fassung des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008) in einem Folgejahr innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums bis zum gesetzlichen Höchstbetrag aufgestockt werden.
Der BFH hatte Ende 2014 entschieden, dass innerhalb des dreijährigen Investitionszeitraums ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g EStG i.d.F. des Unternehmensteuerreformgesetzes 2008 – sofern der gesetzliche Höchstbetrag nicht überschritten wird – auch in einem Folgejahr aufgestockt werden kann. Diese Auffassung stand im Widerspruch zum BMF-Schreiben vom 20.11.2013, das die Bildung eines Investitionsabzugsbetrags für ein begünstigtes Wirtschaftsgut ausschließlich in einem Wirtschaftsjahr zuließ.
Nach Abstimmung mit den obersten Finanzbehörden der Länder folgt das BMF nun dem BFH, so dass die Grundsätze des BFH-Urteils zukünftig allgemein und in allen noch offenen Fällen anzuwenden sind. Die Regelungen des BMF-Schreibens, die den neuen Grundsätzen des BFH widersprechen, sind nicht mehr anzuwenden.
Neuregelungen
Investitionsabzugsbeträge, die in vor dem 01.01.2016 endenden Wirtschaftsjahren in Anspruch genommen worden sind, können nach dem Schreiben des BMF unter folgenden Voraussetzungen aufgestockt werden:
Die Inanspruchnahme eines Investitionsabzugsbetrags setzt voraus, dass der Betrieb am Schluss jedes Abzugsjahres die Betriebsgrößenmerkmale des § 7g Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG einhält. Um einen im Vorjahr für eine bestimmte Investition gebildeten Investitionsabzugsbetrag aufstocken zu können, ist es erforderlich, dass das maßgebende Größenmerkmal auch am Ende des Wirtschaftsjahres der Aufstockung noch besteht.
Der dreijährige Investitionszeitraum beginnt mit Ablauf des Wirtschaftsjahres, in dem ein Investitionsabzugsbetrag für ein begünstigtes Wirtschaftsgut zum ersten Mal beansprucht wird. Eine Aufstockung des Abzugsbetrags in einem Folgejahr führt zu keiner Verlängerung des Investitionszeitraums.
Die bisherigen Regelungen zum Zeitpunkt der Inanspruchnahme von Erhöhungsbeträgen gelten bei der Inanspruchnahme von Erhöhungsbeträgen entsprechend. Damit ist eine Aufstockung ausgeschlossen, falls bei der Antragstellung die Investitionsfrist bereits abgelaufen ist und die Investition nicht durchgeführt wurde. Auch wenn die Aufstockung einer bereits durchgeführten Investition erkennbar lediglich dazu dient, eine nachträgliche Einkommenserhöhung zu vermindern oder auszugleichen, ist diese nicht zulässig.
Der Investitionsabzugsbetrag und eine Aufstockung von diesem kann nur für künftige Investitionen geltend gemacht werden – ein Abzug im Wirtschaftsjahr der Anschaffung oder Herstellung eines begünstigten Wirtschaftsguts scheidet aus.
Praxishinweis
Im Hinblick auf die Rechtssicherheit ist es zu begrüßen, dass das BMF sich der Ansicht des BFH bezüglich der Aufstockung von Investitionsabzugsbeträgen angeschlossen hat und diese Ansicht für alle noch offene Fälle anwendet. Alle Unternehmer bzw. deren steuerliche Berater können die Grundsätze des BFH bezüglich der Erhöhung eines Investitionsabzugsbetrags nun umsetzen, ohne Widerstand der Finanzverwaltung erwarten zu müssen.
Problematisch ist allerdings, dass nach Ansicht des BMF ein Aufstocken von bereits erfolgten Investitionen lediglich zum Zweck des Ausgleichs von Mehrsteuern ausscheiden soll. In diesem Punkt wird es künftig sicherlich zu Abgrenzungsproblemen in der Frage kommen, ob die nachträgliche Aufstockung ausschließlich fiskalisch oder auch betrieblich motiviert ist. Insoweit bleibt daher abzuwarten, ob der BFH nochmals dazu entscheiden muss.
BMF-Schreiben v. 15.01.2016 - IV C 6 - S-2139-b/13/10001
BFH, Urt. v. 12.11.2014 - X R 4/13
BMF-Schreiben v. 20.11.2013 - IV C 6 - S-2139-b/07/10002
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz