Der EuGH hat über die Umsatzbesteuerung der Pkw-Überlassung entschieden. Demnach ist die Überlassung eines Firmenwagens an Arbeitnehmer nur steuerbar, wenn es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt handelt. Haben Arbeitgeber und Arbeitnehmer kein Entgelt für die private Fahrzeugnutzung vereinbart, kann die Überlassung auch keine langfristige „Vermietung eines Beförderungsmittels“ darstellen.
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 20.01.2021 (Rs. C-288/19) dazu Stellung genommen, ob die Überlassung eines Pkw zur Privatnutzung zwingend der Umsatzsteuer unterliegt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
QM, eine Verwaltungsgesellschaft mit Sitz in Luxemburg, stellte zwei ihrer Mitarbeiter jeweils ein Fahrzeug zur Verfügung; die Mitarbeiter haben ihren Wohnsitz in Deutschland und üben ihre Tätigkeit in Luxemburg aus. Die Fahrzeuge können auch für private Zwecke genutzt werden.
Die Überlassung erfolgte für den einen Mitarbeiter kostenfrei, während QM dafür vom Gehalt des anderen Mitarbeiters einen jährlichen Betrag einbehielt. QM ist in Luxemburg steuerlich registriert. In Luxemburg unterlag die Überlassung der beiden Fahrzeuge nicht der Mehrwertsteuer und berechtigte auch nicht zum Abzug der in Zusammenhang mit den beiden Fahrzeugen gezahlten Vorsteuer.
Später ließ sich QM in Deutschland umsatzsteuerlich registrieren und meldete hinsichtlich der Überlassung der Fahrzeuge steuerpflichtige sonstige Leistungen zur Umsatzsteuer an. Allerdings legte QM gegen die Umsatzsteuerfestsetzungen im Zusammenhang mit ihren Meldungen erfolglos Einspruch ein.
Das Finanzgericht des Saarlandes setzte das Verfahren aus und legte es dem EuGH zur Vorabentscheidung vor.
Steuerbarkeit einer Dienstleistung
Einleitend stellt der EuGH fest, dass die Pkw-Nutzungsüberlassung eine Dienstleistung und keine Lieferung darstellt.
Eine Dienstleistung wird „gegen Entgelt“ erbracht und ist somit steuerbar, wenn zwischen dem Leistenden und dem Leistungsempfänger ein Rechtsverhältnis besteht, in dessen Rahmen gegenseitige Leistungen ausgetauscht werden, wobei die vom Leistenden empfangene Vergütung den tatsächlichen Gegenwert für die dem Leistungsempfänger erbrachte Dienstleistung bildet.
Dies ist dann der Fall, wenn zwischen der erbrachten Dienstleistung und dem erhaltenen Gegenwert ein unmittelbarer Zusammenhang besteht. Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang kann sich in den Beziehungen zwischen einem Arbeitgeber und seinem Arbeitnehmer durch einen Teil der Barvergütung konkretisieren, auf den der Arbeitnehmer als Gegenleistung für eine Leistung des Arbeitgebers verzichten muss.
Im Besprechungsfall ist von einer Fahrzeugüberlassung auszugehen, wenn der Mitarbeiter dafür weder eine Zahlung leistet noch einen Teil seiner Barvergütung verwendet und auch nicht nach einer Vereinbarung zwischen den Parteien zwischen verschiedenen vom Steuerpflichtigen angebotenen Vorteilen gewählt hat.
Somit kann nach Ansicht des EuGH diese Leistung nicht als eine Dienstleistung gegen Entgelt eingestuft werden.
Ferner kann nach Ansicht des EuGH eine Dienstleistung, die in der Verwendung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands für den privaten Bedarf des Steuerpflichtigen, für den Bedarf seines Personals oder allgemein für unternehmensfremde Zwecke besteht, nicht einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellt werden, weil der betreffende Gegenstand nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt hat.
Im Besprechungsfall unterlag QM in Luxemburg dem vereinfachten Besteuerungsverfahren, in dessen Rahmen kein Vorsteuerabzug im Zusammenhang mit dem einem Mitarbeiter ohne Gegenleistung überlassenen Fahrzeug geltend gemacht werden konnte.
Selbst wenn ein solcher Anspruch auf Vorsteuerabzug in Deutschland entstanden wäre, kann jedoch die fragliche Fahrzeugüberlassung mit einer sich daraus dann ergebenden Dienstleistung gegen Entgelt jedenfalls nicht als steuerpflichtige Dienstleistung eingestuft werden.
Gleichstellung mit einer Vermietung eines Beförderungsmittels bei unentgeltlicher Überlassung
Nach Ansicht des EuGH liegt auch keine einer Vermietung eines Beförderungsmittels gleichzustellende Überlassung vor. Ein einer Dienstleistung gegen Entgelt gleichgestellter Umsatz kann keine „Vermietung eines Beförderungsmittels“ darstellen.
Denn eine Vermietung setzt voraus, dass der Eigentümer des Beförderungsmittels dem Mieter gegen die Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer das Recht überträgt, das Beförderungsmittel zu benutzen und andere davon auszuschließen.
Die fehlende Vereinbarung eines Mietzinses kann nach Auffassung des EuGH nicht dadurch ersetzt werden, dass im Rahmen der Einkommensteuer die private Nutzung des dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands als ein quantifizierbarer geldwerter Vorteil und somit in gewisser Weise als ein Teil der Vergütung angesehen wird, auf die der Begünstigte als Gegenleistung für die Zurverfügungstellung des fraglichen Gegenstands verzichtet hat.
Der Begriff des Mietzinses zum Zweck der Umsatzbesteuerung kann nicht im Wege der Analogie ausgelegt werden, indem ihm ein geldwerter Vorteil gleichgestellt wird. Vielmehr ist erforderlich, dass ein in Geld zu entrichtender Mietzins geleistet wird. Diese Voraussetzung kann im Fall einer kostenfreien Nutzung eines dem Unternehmen zugeordneten Gegenstands nicht erfüllt sein.
Gleichstellung mit einer Vermietung eines Beförderungsmittels bei entgeltlicher Überlassung
Diese Einordnung kann laut dem EuGH anders sein, wenn das Fahrzeug einem Nichtsteuerpflichtigen durch einen Steuerpflichtigen im Rahmen dessen Unternehmens entgeltlich zur Verfügung gestellt wurde und es sich um ein „Beförderungsmittel“ handelt.
Dabei ist es unerheblich, ob die QM Eigentümerin des Fahrzeugs ist und es gleichwohl vermieten konnte, insbesondere, weil sie über das Fahrzeug im Rahmen eines Leasingvertrags verfügen kann.
Gleichgültig ist zudem, dass die Überlassung des Fahrzeugs nicht Gegenstand eines vom Arbeitsvertrag getrennten Vertrags war und dass die Mietdauer zeitlich nicht genau begrenzt ist, sondern vom Bestehen des Arbeitsverhältnisses zwischen QM und ihrem Mitarbeiter abhängig ist. Dies gilt so lange, wie die Dauer der Überlassung 30 Tage übersteigt.
Erforderlich ist jedoch, dass zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine „wirkliche Vereinbarung“ über die Dauer des Nutzungsrechts sowie über das Recht, den Gegenstand zu benutzen und andere von ihm auszuschließen, vorhanden ist.
Zudem erfordert diese Voraussetzung nicht, dass es dem Steuerpflichtigen unmöglich sein muss, die Fahrzeugnutzung zu dienstlichen Zwecken vorzugeben. Erforderlich ist aber, dass das Fahrzeug dem Mitarbeiter dauerhaft auch für seinen privaten Bedarf zur Verfügung bleibt.
Diese Auslegung leitet der EuGH daraus ab, dass die Besteuerung nach Möglichkeit an dem Ort erfolgt, an dem die Gegenstände verbraucht oder die Dienstleistungen in Anspruch genommen werden; dabei handelt es sich um den Ort, an dem der Nichtsteuerpflichtige, dem das Fahrzeug vermietet wird, ansässig ist oder seinen Wohnsitz bzw. seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort hat.
Praxishinweis
Der EuGH hat eine wichtige Unterscheidung für die Umsatzbesteuerung der Pkw-Überlassung getroffen: Die Überlassung eines dem Unternehmen des Steuerpflichtigen zugeordneten Fahrzeugs an dessen Arbeitnehmer ist nur steuerbar, wenn es sich um eine Dienstleistung gegen Entgelt handelt und der Arbeitnehmer gegen Zahlung eines Mietzinses für eine vereinbarte Dauer von mehr als 30 Tagen dauerhaft über das Recht verfügt, das Fahrzeug zu privaten Zwecken zu benutzen und andere davon auszuschließen, oder wenn ein unmittelbarer Zusammenhang besteht.
Künftig wird es wohl auf eine nähere Prüfung der vertraglichen Vereinbarungen ankommen, um die umsatzsteuerliche Behandlung entsprechend den Vorgaben des EuGH richtig umzusetzen. Es bleibt abzuwarten, wie die deutsche Finanzrechtsprechung und die Finanzverwaltung diese Grundsätze umsetzen werden.
EuGH, Urt. v. 20.01.2021 - Rs. C-288/19
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht