Wann liegt eine umsatzsteuerliche Organschaft vor? Der BFH hat die geltenden Grundsätze im Fall einer GmbH geklärt, die Immobilien verwaltet. Demnach kann die wirtschaftliche Eingliederung als Voraussetzung der Organschaft nicht nur aufgrund der Beziehungen zum Organträger bestehen, sondern auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften beruhen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in der Entscheidung vom 11.05.2023 (V R 28/20) seine Grundsätze zur wirtschaftlichen Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organschaft weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die klagende GmbH (A), deren Alleingesellschafter und alleiniger Geschäftsführer G war, verwaltete u.a. Mieteinheiten, die im Eigentum des G standen. Zudem mietete A Büroräume von einer GbR, an der G zu 95 % beteiligt war.
G führte ein Einzelunternehmen, das Immobiliarvermögen erwarb und überließ. A war Teil der „V-Gruppe“, der mehrere Kapitalgesellschaften sowie eine KG angehörten und die Dienstleistungen im Immobilienbereich anbot.
Dabei hatte jede Gesellschaft ihren eigenen Geschäftsbereich. Die KG trat dabei als Spitze der Unternehmensgruppe auf. Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob zwischen A und G eine umsatzsteuerliche Organschaft bestand.
Einspruch und Klage zum Finanzgericht (FG) blieben ohne Erfolg. Der BFH sah dies anders und wies die Angelegenheit zur weiteren Verhandlung an das FG zurück.
Entscheidung im Besprechungsfall
Maßgeblich für die Einordnung als umsatzsteuerliche Organschaft ist die wirtschaftliche Eingliederung der A in das Unternehmen des G. Die wirtschaftliche Eingliederung setzt voraus, dass die Unternehmensbereiche von Organträger und Organgesellschaft miteinander verflochten sind.
Dazu genügt es, dass zwischen der Organgesellschaft und dem Unternehmen des Organträgers ein vernünftiger wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne einer wirtschaftlichen Einheit, Kooperation oder Verflechtung besteht.
Die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft müssen lediglich aufeinander abgestimmt sein und sich dabei fördern sowie ergänzen. Hierfür reicht das Bestehen von mehr als nur unerheblichen Beziehungen zwischen Organträger und Organgesellschaft aus, ohne dass die Organgesellschaft wirtschaftlich vom Organträger abhängig ist.
Die wirtschaftliche Eingliederung kann auch auf der Verflechtung zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften beruhen.
Zwar entsteht eine wirtschaftliche Eingliederung im Hinblick auf die Erbringung von standardisierten Dienstleistungen (z.B. Buchhaltung oder Hausmeisterdienste), für die es zahlreiche, mit relativ geringem Aufwand austauschbare Anbieter gibt, noch nicht.
Die wirtschaftliche Eingliederung der A in das Unternehmen des G kann sich aber nach Ansicht des BFH aus der Bedeutung der Hausverwaltungsdienste für die A als Leistungserbringerin ergeben.
Ob dies der Fall ist, hatte das FG nicht geklärt. In diesem Zusammenhang stellt der BFH klar, dass die für die Organschaft erforderliche Verflechtung auch zwischen Schwestergesellschaften bestehen kann. Da auch hierzu Feststellungen des FG fehlten, hob der BFH das Urteil auf und verwies das Verfahren an das FG zurück.
Zudem gab der BFH dem FG auf, festzustellen, welche Beziehungen zwischen der A und den anderen Gesellschaften der V-Gruppe bestanden, und - falls daraus eine wirtschaftliche Verflechtung zwischen der A und einer anderen Gesellschaft der V-Gruppe folgen sollte - ob die mit der A wirtschaftlich verflochtene Gesellschaft eine Organgesellschaft von G war.
Hierbei ist zu berücksichtigen, dass die Leistungserbringung der A an Dritte (z.B. Wohnungs- oder Grundstückseigentümer) für sich genommen keine Verflechtung zwischen der A und den Gesellschaften der V-Gruppe begründen kann.
Ebenfalls wäre es nicht ausreichend, dass G gegen Zahlung von Provisionen Leistungen an die übrigen Gesellschaften der V-Gruppe erbrachte, da dies lediglich eine Organschaft zwischen G und diesen Gesellschaften begründen könnte.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Grundsätze für die wirtschaftliche Eingliederung bei der umsatzsteuerlichen Organschaft insoweit konkretisiert, als dass eine mittelbare wirtschaftliche Eingliederung dadurch entstehen kann, dass zwischen den Unternehmensbereichen verschiedener Organgesellschaften eine entsprechende Verflechtung besteht.
BFH, Urt. v. 11.05.2023 - V R 28/20