Wann ist die Vorsteuer bei Änderungen im Rahmen einer Mischnutzung zu berichtigen? Greift die Berichtigungspflicht bei misslungenen Investitionen in steuerpflichtige Umsätze? Der BFH hat entschieden: Entfällt die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze, während die steuerfreie Verwendung fortgesetzt wird, kann das zu einer Vorsteuerberichtigung führen. Bloßer Leerstand reicht aber nicht.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 27.10.2020 (V R 20/20 (V R 61/17)) dazu Stellung genommen, wie sich die fehlende Nutzung auf die Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG auswirkt.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Klägerin K ist Organträgerin einer GmbH, die ein Alten- und Pflegeheim betreibt (umsatzsteuerfreie Tätigkeit). Die GmbH errichtete in einem Anbau eine Cafeteria, welche für Besucher durch einen Außeneingang und für Heimbewohner durch den Speisesaal des Pflegeheims zugänglich war. K ging zunächst davon aus, dass sie die Cafeteria ausschließlich für steuerpflichtige Umsätze nutze.
Demgegenüber sah es das Finanzamt (FA) als unwahrscheinlich an, dass überhaupt keine Heimbewohner mit ihren Besuchern die Cafeteria aufsuchten und nutzten. Daraufhin kam es zu einer sogenannten tatsächlichen Verständigung, nach der eine steuerfreie Nutzung der Cafeteria zu 10 % angenommen wurde.
Dies führte zu einer Berichtigung gem. § 15a UStG. Das FA ging wegen einer Gewerbeabmeldung der GmbH davon aus, dass diese in der Cafeteria keine Warenumsätze mehr ausgeführt habe. Einspruch und Klage zum Finanzgericht (FG) hatten keinen Erfolg. Der BFH sah dies anders.
Änderung der Nutzungsverhältnisse
Ändern sich bei Grundstücken einschließlich ihrer wesentlichen Bestandteile, die nicht nur einmalig zur Ausführung von Umsätzen verwendet werden, innerhalb von zehn Jahren ab dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung die für den ursprünglichen Vorsteuerabzug maßgebenden Verhältnisse, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung ein Ausgleich durch eine Berichtigung des Abzugs der auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfallenden Vorsteuerbeträge vorzunehmen.
Die Vorsteuerberichtigung eines Steuerpflichtigen, welcher die auf die Errichtung einer zur Nutzung bestimmten Cafeteria im Anbau eines umsatzsteuerfreien Alten- und Pflegeheims entfallende Vorsteuer anteilig abziehen kann, führt zur Berichtigung des ursprünglichen Vorsteuerabzugs, vorausgesetzt, dass jeglicher besteuerter Umsatz in den Räumlichkeiten dieser Cafeteria eingestellt wurde, sofern weiterhin steuerbefreite Umsätze in diesen Räumlichkeiten getätigt und diese somit nunmehr ausschließlich für diese Umsätze genutzt wurden.
Entscheidend ist hierfür, dass die Räumlichkeiten der genannten Cafeteria nicht leer stehen, sondern nunmehr ausschließlich im Rahmen steuerbefreiter Umsätze genutzt werden.
Auf dieser Grundlage kommt es darauf an, ob die Räumlichkeiten der Cafeteria nunmehr ausschließlich für die Zwecke der steuerbefreiten Umsätze der K verwendet wurden. Denn die zuvor getätigten Umsätze dienen nicht mehr der Erbringung besteuerter Leistungen und unterliegen damit dem Mechanismus der Berichtigung der Abzüge.
Anwendung dieser Grundsätze auf den Besprechungsfall
Da das FG davon ausgegangen ist, dass nur die steuerpflichtige Nutzung durch die auswärtigen Besucher weggefallen sei, während die Nutzung durch die Heimbewohner im bisherigen Umfang fortgesetzt wurde, hat der BFH die Entscheidung des FG aufgehoben.
Nach Ansicht des BFH hätte das FG prüfen müssen, ob die Räume der Cafeteria verschlossen waren und eine nur punktuelle Verwendung für Veranstaltungen des Heims mit einem Leerstand ohne Verwendungsabsicht im Übrigen vorlag. Denn im Umfang eines derartigen Leerstands liegt keine Nutzung für steuerfreie Umsätze vor.
Nach Auffassung des BFH käme nur dann eine anteilige Vorsteuerberichtigung im Umfang der Verwendung für die Veranstaltungen, nicht aber eine vollumfängliche Berichtigung für das gesamte Jahr in Betracht. Hierzu sind vom FG noch weitere Feststellungen zu treffen, so dass der BFH die Entscheidung aufhob und das Verfahren ans FG zurückverwies.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Grundsätze zur Vorsteuerberichtigung weiter konkretisiert: Entfällt bei einem Gegenstand, welchen der Unternehmer zunächst sowohl für steuerpflichtige als auch für steuerfreie Umsätze genutzt hatte, die Verwendung für die steuerpflichtigen Umsätze, während der Unternehmer die Verwendung für die steuerfreien Umsätze fortsetzt, kann dies zu einer Vorsteuerberichtigung gem. § 15a UStG führen, während der bloße Leerstand ohne Verwendungsabsicht keine Änderung der Verhältnisse bewirkt.
BFH, Urt. v. 27.10.2020 - V R 20/20 (V R 61/17)
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht