Wenn in der Rechtsbehelfsbelehrung eines Steuerbescheids der Hinweis auf die Möglichkeit der elektronischen Einspruchseinlegung fehlt, beträgt die Einspruchsfrist ein Jahr. Das hat der BFH entschieden. Für die Berechnung der 110 €-Freigrenze bei Betriebsveranstaltungen gilt: Bei der Aufteilung der Gesamtkosten sind in den Teilnehmerkreis keine Dienstleister - wie z.B. Künstler - aufzunehmen.
Mit Urteil vom 28.04.2020 (VI R 41/17) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass eine ordnungsgemäße Rechtsbehelfsbelehrung auch einen Verweis auf die Möglichkeit zur elektronischen Einspruchseinlegung enthalten muss. Mangelt es an diesem Hinweis, ist die Verjährungsfrist gem. § 356 Abs. 2 AO von einem Jahr anzuwenden.
Sachlage im Streitfall
Das Finanzamt (FA) hatte gegenüber dem Kläger einen Lohnsteuernachforderungsbescheid vom 29.10.2013 aufgrund einer Betriebsveranstaltung erlassen. Die Rechtsbehelfsbelehrung des Bescheids enthielt keinen Verweis auf die Möglichkeit, auch elektronisch Einspruch einzulegen.
Der Kläger legte gegen den Bescheid mit einem Schreiben vom 28.11.2013 Einspruch ein, welches jedoch an ein nicht zuständiges FA adressiert war. Dieses leitete das Schreiben weiter, weshalb dieses letztendlich bei dem zuständigen FA am 06.12.2013 einging.
Das FA wies den Einspruch zunächst als unzulässig zurück. Das Finanzgericht (FG) folgte jedoch der Auffassung des Klägers und gab der Klage auch hinsichtlich der Auslegung der 110-€-Freigrenze für Betriebsveranstaltungen statt. Der BFH gab der Klage teilweise statt und wies die Sache an das FG zurück.
Hinweis auf elektronische Einspruchseinlegung
Nach der Auffassung des BFH ist der Einspruch des Klägers bereits aus dem Grund fristgerecht eingegangen, dass die Rechtsbehelfsbelehrung keinen Hinweis auf die Möglichkeit zur elektronischen Einspruchseinlegung per E-Mail aufgenommen hat.
Der Hinweis hätte spätestens ab dem 01.08.2013 aufgenommen werden müssen, da ab diesem Zeitpunkt gem. § 357 Abs. 1 Satz 1 AO die elektronische Einspruchseinlegung ins Gesetz aufgenommen worden ist.
Die Rechtsbehelfsbelehrung war unvollständig. Daher war gem. § 356 Abs. 2 AO die einjährige Einspruchsfrist anzuwenden. Der Einspruch ist somit fristgerecht eingegangen.
Ermittlung der 110-€-Grenze für Betriebsveranstaltungen
Nehmen Arbeitnehmer an Betriebsveranstaltungen des Arbeitgebers teil, stellt dies einen geldwerten Vorteil gem. § 8 Abs. 2 EStG dar. Dieser ermittelt sich aus den Gesamtaufwendungen für die jeweiligen Veranstaltungen, die den Arbeitnehmern direkt zugutekommen. Das heißt, dass Aufwendungen für die Miete der Räumlichkeiten o.Ä. nicht in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen sind.
Die danach ermittelte Bemessungsgrundlage ist auf die Teilnehmer der Veranstaltung aufzuteilen. Nicht in den Teilnehmerkreis aufzunehmen sind dabei Dienstleister, wie beispielsweise Künstler. Da das FG nicht den Teilnehmerkreis ermittelt hatte, verwies der BFH den Fall zur weiteren Sachverhaltsermittlung an das FG zurück.
Praxishinweis
Das FG äußerte in seinem Urteil die Auffassung, dass eine fristwahrende Weiterleitung an das zuständige FA in der Einspruchsfrist bereits ausreiche, um die Einspruchsfrist zu wahren. Der BFH ist auf diese Auffassung aufgrund der unrichtigen Rechtsbehelfsbelehrungen nicht weiter eingegangen. Eine endgültige Klärung dieser Rechtsfrage steht somit weiterhin noch aus.
Arbeitgeber sollten bei Betriebsveranstaltungen, um eine zusätzliche Versteuerung von Arbeitslohn zu vermeiden, die Ermittlungsmethode des BFH beachten, nach der die Kosten lediglich auf die an der Veranstaltung teilnehmenden Mitarbeiter und nicht zusätzlich auf anwesende Künstler o.Ä. aufzuteilen sind.
BFH, Urt. v. 28.04.2020 - VI R 41/17
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)