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Verfahrensrecht -

Haftung für Steueransprüche im Rahmen einer Organschaft

Wann haftet die Organgesellschaft bei einer Organschaft nach § 73 AO für Steueransprüche? Der BFH hat entschieden, dass die Haftung für eine körperschaftsteuerliche Organschaft auf solche Ansprüche beschränkt ist, die gegen den durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmten Organträger gerichtet sind. Dies gilt nach Ansicht der BFH-Richter grundsätzlich auch bei mehrstufigen Organschaften.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, für welche Steueransprüche die Organgesellschaft bei einer körperschaftsteuerlichen Organschaft haftet.

Im Streitfall wurde das Insolvenzverfahren über das Vermögen der A-GmbH eröffnet, die Rechtsnachfolgerin der B-GmbH ist. Im Jahr 1990 hatte die B-GmbH mit ihrer damaligen Muttergesellschaft, der C-GmbH, einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag geschlossen. Später wurde die C-GmbH unter Beibehaltung der Organschaft mit der B-GmbH auf die D-AG verschmolzen, die ihrerseits mit der E-AG einen Beherrschungs- und Gewinnabführungsvertrag abgeschlossen hatte.

Nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der E-AG nahm das Finanzamt (FA) die A-GmbH als Rechtsnachfolgerin der B-GmbH aufgrund eines Haftungsbescheids für einen Teil der rückständigen Körperschaftsteuern der E-AG i.L. in Anspruch. In diesem Bescheid hatte das FA unter dem Gesichtspunkt einer „Veranlassungshaftung“ den Haftungsanteil bestimmt als den Anteil des Einkommens der B-GmbH (originäres Organeinkommen) an der Summe aller positiven Organeinkommen bei der E-AG.

Die weiteren Gesellschaften, die mit der E-AG in den Jahren 2001 und 2002 eine körperschaftsteuerrechtliche Organschaft gebildet hatten, wurden ebenfalls nach dieser Berechnungsmethode im Haftungsweg in Anspruch genommen. Anderweitige Haftungsmaßnahmen wurden vom FA nicht ergriffen. Der Streit über die Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheids ging bis vor den BFH.

Voraussetzungen der Haftung im Rahmen einer Organschaft

Eine Organgesellschaft haftet für Steuern des Organträgers, für welche die Organschaft zwischen ihnen steuerlich von Bedeutung ist. Die Haftung der im Organkreis untergeordneten Organgesellschaft für Steuerschulden des beherrschenden Organträgers soll die steuerlichen Risiken ausgleichen, die mit der Verlagerung der steuerlichen Rechtszuständigkeit auf den Organträger verbunden sind. So sollen durch den haftungsrechtlichen Zugriff auf das Vermögen der Organgesellschaft bei Zahlungsunfähigkeit des Organträgers Steuerausfälle vermieden werden, die infolge von Vermögensverlagerungen innerhalb des Organkreises entstehen könnten.

Dabei ist der Gegenstand der Haftung für eine Organgesellschaft auf die Steueransprüche beschränkt, die gegen den durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmten Organträger gerichtet sind. Dies leitet der BFH zum einen aus dem Wortlaut des § 73 AO ab. Zum anderen bezieht sich die Haftung auf die Steuerschuldnerschaft, die nach der einzelgesetzlichen Begriffsbestimmung der im Streitfall einschlägigen Organschaftsregelung personell an den Organträger geknüpft ist.

Für den BFH ändert auch die Ansicht der Finanzbehörden, dass bei gestuften Organschaftsverhältnissen ein weitergehender Haftungsumfang zweckgerecht erscheint, nichts an dieser Beurteilung. Denn diese rechtspolitische Frage ist nicht von den Gerichten, sondern vorrangig vom Gesetzgeber zu beantworten, weil sie insbesondere mit Rücksicht auf den klaren Wortlaut des § 73 AO nicht Gegenstand einer ausdehnenden Gesetzesauslegung sein kann.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung die Voraussetzungen der Haftung in Organschaftsverhältnissen weiter präzisiert: Organgesellschaften haften künftig ausschließlich für Steueransprüche, die gegen den durch das konkrete Organschaftsverhältnis bestimmten Organträger gerichtet sind. Jeder Steuerberater sollte diese Entscheidung kennen, wenn die Haftung für Steuerschulden in Organkreisen in Frage steht.

BFH, Urt. v. 31.05.2017 - I R 54/15

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht