Wann liegt eine unentgeltliche Zuwendung nach § 278 Abs. 2 AO vor? Was gilt, wenn ein gemeinsam bewohntes Haus im Alleineigentum des einen Ehegatten steht, aber der andere Ehegatte die laufenden Kosten trägt? Der BFH hat entschieden: Wenn der Ehegatte die Kosten für das gemeinsam aufgenommene Darlehen zivilrechtlich tragen muss, liegt mangels eines Ausgleichsanspruchs keine Zuwendung vor.
Sachlage im Streitfall
Die Eheleute bewohnten im Streitjahr gemeinsam ein Einfamilienhaus. Dieses stand zunächst im gemeinsamen Miteigentum der Ehegatten. Der Ehemann übertrug seinen Miteigentumsanteil mitsamt der eingetragenen Grundschuld auf die Ehefrau, zahlte aber weiterhin Zins- und Tilgungsraten.
Die Steuerrückstände wurden auf Antrag vollständig dem Ehemann zugeteilt. Das Finanzamt (FA) nahm aufgrund der Zahlung der Darlehensraten sowie weiterer Haushaltskosten unentgeltliche Zuwendungen an. Dafür erließ es einen Ergänzungsbescheid i.S.d. § 278 Abs. 2 AO.
Der nach erfolgslosem Einspruch gegen die Einspruchsentscheidung gerichteten Klage gab das Finanzgericht statt. Der BFH wies die Revision des FA als unbegründet zurück.
Zuwendungen i.S.d. § 278 Abs. 2 AO
Nach der Aufteilung der Steuerschulden gem. § 278 Abs. 1 AO dürfen diese nur so weit vollstreckt werden, wie sie auf die einzelnen Steuerschuldner entfallen. Haben sich die Ehegatten jedoch innerhalb von zehn Jahren vor dem Kalenderjahr Zuwendungen zukommen lassen, so kann gem. § 278 Abs. 2 AO in das Vermögen des begünstigten Ehegatten bis zur Höhe des gemeinen Werts der Zuwendung vollstreckt werden.
Die Definition der Zuwendung ist dabei gem. § 278 Abs. 2 Satz 1 AO identisch mit dem Begriff der Zuwendung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG. Die zu § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG ergangene Rechtsprechung kann somit auch auf § 278 Abs. 2 AO angewendet werden.
Eine Zuwendung erfolgt demnach unentgeltlich, wenn der Empfänger über das Zugewendete tatsächlich und rechtlich frei verfügen kann. Eine Ablösung einer Forderung eines Dritten gegenüber dem Empfänger stellt demnach auch eine Zuwendung dar.
Eine Zuwendung zwischen den Ehegatten liegt in diesem Fall jedoch nicht vor, da der Ehemann Zins- und Tilgungsleistungen für seine eigene Schuld weiterhin leistete. Er war gegenüber der Bank der Darlehensnehmer und als Gesamtschuldner mit seiner Ehegattin dazu verpflichtet, die jeweiligen Tilgungsraten zu zahlen.
Eine Zuwendung liegt aufgrund dieser Verpflichtung zwischen den Ehegatten nicht vor, auch wenn die Tilgungsleistungen einen Vermögensvorteil für seine Ehegattin bewirken. Da die Ehegatten Gesamtschuldner der Forderung gegenüber der Bank waren, entsteht auch kein Ausgleichsanspruch zwischen den Ehegatten, auf den der Ehemann zugunsten der Ehefrau hätte verzichten können.
Zudem steht die Tilgung der Forderung im gemeinsamen Interesse der Ehegatten, da beide weiterhin mit den eigenen Kindern das Haus bewohnen.
Soweit der Ehemann die laufenden Kosten des Haushalts trug, stellt dies ebenfalls keine Zuwendung zwischen den Ehegatten dar, sondern Unterhaltsleistungen gem. §§ 1360, 1360a BGB.
Praxishinweis
Die Zahlungen von laufenden Kosten für das Eigenheim der Familie dürften nach diesem Urteil weitgehend als Zuwendung i.S.d. § 278 Abs. 2 AO ausscheiden, was die bisherige Rechtsprechung gem. § 7 Abs. 1 Nr. 1 ErbStG auch erwarten ließ.
Wird z.B. aus Haftungs- oder Insolvenzgründen ein Eigenheim auf die Ehefrau übertragen, ist die Übertragung zwar als Schenkung anzusehen, jedoch nicht die späteren Zins- und Tilgungsleistungen. Zudem sind die laufenden Haushaltskosten als sog. Ehegattenunterhalt auch nicht als Schenkungen zu berücksichtigen.
BFH, Urt. v. 17.12.2019 - VII R 18/17
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, Diplom-Finanzwirt (FH)