Mit Schreiben vom 06.11.2019 (IV A 4 - S 0319/19/10002 :001) hat das BMF die Verpflichtung zur Meldung über den Einsatz und die Außerbetriebnahme elektronischer Aufzeichnungssysteme i.S.d. § 146a Abs. 4 AO vorübergehend ausgesetzt.
Hintergrund der Aussetzung der im Grundsatz schon seit 2020 bestehenden Kassenmeldepflicht war das Fehlen einer elektronischen Übermittlungsmöglichkeit.
Ab 01.01.2025 soll nun eine entsprechende Schnittstelle über das Steuerportal ELSTER (www.elster.de) zur Verfügung stehen.
Unter dem Namen "ERiC" soll sie die Erfüllung der ab diesem Zeitpunkt geltenden Meldeverpflichtung für Aufzeichnungs- und Kassensysteme i.S.d. § 146a Abs. 1 AO ermöglichen.
(Technische) Anforderungen an elektronische Kassensysteme
Kern der gesetzlichen Anforderungen an Kassen- und andere Aufzeichnungssysteme ist § 146a Abs. 1 AO. Die mit Gesetz vom 22.12.2016 eingeführte Ordnungsvorschrift legte den Grundstein für weitere Gesetze und Verordnungen, mit denen der Gesetzgeber Aufzeichnungs- und Dokumentationspflichten sowie die Absicherung gegen Manipulationen weiter konkretisierte und konkretisiert.
Ein kurzer Überblick im Zeitverlauf.
1. Die erste Kassenrichtlinie des BMF
Am 26.11.2010 veröffentlichte das BMF die erste "Kassenrichtlinie", die für alle Unternehmer mit elektronischen und PC-Registrierkassen Anwendung fand. Das Ministerium normierte hier die grundsätzlichen Mindestvoraussetzungen an entsprechende Systeme und bezog sich dabei auf all jene Kassen, die nicht mit einer sog. Technischen Sicherheitseinrichtung (TSE) auf- oder nachrüstbar waren.
Kern der Kassenrichtlinie waren folgende Mindestanforderungen an Kassensysteme:
- Einzelne, zeitnahe und richtige Aufzeichnung von Geschäftsvorfällen.
- Unveränderliche Ablage der Buchungsdaten, entweder im System oder extern (z.B. auf einer Festplatte).
- Aufzeichnung des Festschreibedatums.
- Dokumentation aller Veränderungen an festgeschriebenen Daten; grundsätzliches Verbot der Veränderlichkeit von Daten.
Kassen, die nicht über eine TSE verfügen, durften längstens bis 31.12.2022 eingesetzt werden.
2. Das "Kassengesetz"
Das Gesetz zum Schutz vor Manipulationen an digitalen Grundaufzeichnungen vom 22.12.2016, das sog. "Kassengesetz", führte die Pflicht zur Ausgabe von Belegen zum 01.01.2020 ein.
Mit dem Kassengesetz einher ging auch die seit dem 01.01.2020 bestehende Pflicht zur Belegausgabe, die gerade bei regionalen Kleinbetrieben wie Bäckern, Metzgern und Blumenläden sowie insbesondere deren Kunden zu Unverständnis führte.
Die Bundesregierung hat seit 01.01.2018 einerseits die Anforderungen an Kassensysteme verschärft und den Finanzbehörden andererseits neue, erweiterte Befugnisse eingeräumt.
Zu letzteren gehört insbesondere die Möglichkeit einer unangekündigten Kassen-Nachschau, geregelt in § 146b AO. Die Finanzbehörden sind seit dem 01.01.2018 ermächtigt, jederzeit unangekündigt eine Kassen-Nachschau vorzunehmen.
Hinweis: Seit dem 01.01.2020 steht häufig die Belegausgabe im Mittelpunkt der Kassen-Nachschau. Der Prüfer der Finanzbehörde achtet z.B. darauf, ob ein Beleg in Papierform oder digital zur Verfügung gestellt wird, oder ob der Unternehmer überhaupt seinen gesetzlichen Verpflichtungen zur Belegausgabe nachkommt. Nach erfolgter Aufrüstung der Bestandskassen liegt ein besonderes Augenmerk auf der Verwendung der eingesetzten und mitgeteilten Aufzeichnungssysteme inklusive gültiger Zertifizierung der TSE.
Jedes neue, d.h. nach dem 01.01.2020 angeschaffte, Kassensystem muss zwingend über eine zertifizierte TSE verfügen. Sie speichert jeden Kassenvorgang unveränderlich ab und verhindert gleichzeitig die Installation von Manipulationssoftware auf dem Kassensystem selbst. Die Zertifizierung wird vom Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) vorgenommen.
Außerdem wurde eine einheitliche digitale Schnittstelle (DSFin-V) eingeführt. Sie war spätestens bis Ende September 2020 einzurichten.
Der aufzuzeichnende Kassenvorgang
In § 146a Abs. 1 Satz 1 AO spricht der Gesetzgeber zwar von "aufzeichnungspflichtigen Geschäftsvorfällen" und ihrer Behandlung, definiert den Begriff selbst dabei aber nicht.
Er muss daher so verstanden werden, dass alle für die Besteuerung relevanten Vorgänge so detailliert aufzuzeichnen sind, dass das Finanzamt bei einer Außenprüfung oder Kassen-Nachschau die Details des einzelnen Geschäftsvorfalls nachvollziehen kann.
Hinweis: Aufzeichnungspflichtig sind neben Bilanzierern (§ 4 Abs. 1 EStG) auch Einnahmenüberschussrechner (§ 4 Abs. 3 EStG), was in der Literatur überwiegend mit der umsatzsteuerlichen Aufzeichnungspflicht nach § 22 UStG begründet wird. Die Norm liefe allerdings in vielen Fällen ohnehin ins Leere, wenn der Gesetzgeber eine Ausnahme für Einnahmenüberschussrechner vorgesehen hätte.
Konkret liegt ein Kassenvorgang, der eine Aufzeichnung durch die TSE auslöst, daher u.a. bei folgenden Geschäftsvorfällen vor:
- Ein- und Ausgangsumsätze,
- Stornierungen von Umsätzen, Rückgaben und Skonti,
- Einlösung von Gutscheinen,
- Privatentnahme und Privateinlage.
Die Meldepflicht für Kassensysteme nach § 146a Abs. 4 AO
Grundsätzlich sollte die Kassenmeldepflicht nach § 146a Abs. 4 AO bereits - wie alle anderen Änderungen durch das Kassengesetz auch - bereits seit dem 01.01.2020 gelten. Durch technische Hindernisse auf Seiten der Finanzverwaltung wurde die Meldepflicht allerdings bis einschließlich 31.12.2024 ausgesetzt, sodass sie nun faktisch erst ab dem 01.01.2025 zu beachten ist.
Hinweis: Nicht angeschaffte (z.B. gemietete oder geleaste) elektronische Aufzeichnungssysteme stehen angeschafften elektronischen Aufzeichnungssystemen gleich (Nr. 1.16.2.6 AEAO zu § 146a).
Wer muss welche Informationen melden?
Die Meldepflicht nach § 146a Abs. 4 AO erfasst alle Steuerpflichtigen, die aufzeichnungspflichtige Geschäftsvorfälle i.S.d. § 146a Abs. 1 AO mithilfe eines elektronischen Kassensystems aufzeichnen. Über die ab 01.01.2025 verfügbare Schnittstelle "ERiC" sind dann die folgenden Informationen an die Finanzverwaltung zu übermitteln:
- Name des Steuerpflichtigen,
- Steuernummer des Steuerpflichtigen,
- Art der zertifizierten technischen Sicherheitseinrichtung,
- Art des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
- Anzahl der verwendeten elektronischen Aufzeichnungssysteme,
- Seriennummer des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems,
- Datum der Anschaffung des verwendeten elektronischen Aufzeichnungssystems.
Wird eine Kasse außer Betrieb genommen, muss abschließend das Datum der Außerbetriebnahme an das Finanzamt übermittelt werden.
Frist für die Abgabe der Meldung und Übergangsregelungen
Nach § 146a Abs. 4 Satz 2 AO ist die Meldung grundsätzlich innerhalb eines Monats nach Inbetriebnahme bzw. Außerbetriebsetzung des Aufzeichnungssystems zu erstatten. Das BMF hat allerdings in seinem Schreiben vom 28.06.2024 bereits Ausnahmeregelungen geschaffen, deren Wirkung sich nach dem Anschaffungszeitpunkt des Kassensystems richtet:
- Wurde die Kasse vor dem 01.07.2025 angeschafft, muss die Meldung bis spätestens 31.07.2025 erfolgen.
- Erfolgt die Anschaffung der Kasse nach dem 01.07.2025, muss die Meldung innerhalb eines Monats beim Finanzamt eingehen.
Grundsätzlich gilt dabei: Die Meldung einer Außerbetriebsetzung muss nur dann erfolgen, wenn zu diesem Zeitpunkt auch die Inbetriebnahme bereits gemeldet wurde.
Wer gegen die Meldepflicht verstößt, kann zum Stand Juli 2024 zwar nicht mit einem Bußgeld belegt werden - es fehlt die entsprechende Nummer in § 379 AO - das Finanzamt kann allerdings empfindliche Hinzuschätzungen nach § 162 AO vornehmen.
Außerdem kann ein Zwangsgeld festgesetzt werden, denn die Durchführung der Meldung ist eine "Handlung" i.S.d. § 328 Abs. 1 AO. Zuvor muss jedoch eine entsprechende Aufforderung zur Abgabe der ERiC-Meldung ergehen.
BMF-Schreiben v. 28.06.2024 - IV D 2 - S 0316-a/19/10011 :009
Nico Flegel, Dipl.-Finanzwirt