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BFH-Urteil: Fahrtkosten bei wechselnden Betriebsstätten

Der BFH hat erneut über die Höhe des steuerlichen Fahrtkostenabzugs eines Selbstständigen entschieden. Demnach können Unternehmer, die ständig wechselnde Tätigkeitsorte aufsuchen, von denen keiner eine zentrale Bedeutung aufweist, die tatsächlich entstandenen Fahrtkosten ansetzen. Im Streitfall hatte das Finanzamt den Steuerabzug zunächst auf die festen Beträge der Entfernungspauschale beschränkt.

Eine freiberuflich tätige Musiklehrerin erteilte in mehreren Schulen und Kindergärten sowie in ihrem häuslichen Arbeitszimmer Musikunterricht. Für die Fahrten zu den Schulen und Kindergärten nutzte sie ihr privates Kfz und setzte für jeden gefahrenen Kilometer pauschal 0,30 € als Betriebsausgaben an, während das FA lediglich die Fahrtkosten in Höhe von 0,30 € pro Entfernungskilometer (einfache Strecke) anerkannte. Der BFH gab der Musiklehrerin recht.

Schulen und Kindergärten als einzelne Betriebsstätten

Nach Auffassung des BFH ist eine Betriebsstätte i.S.d. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 Satz 1 EStG  derjenige Ort, an dem oder von dem aus die beruflichen oder gewerblichen Leistungen erbracht werden. Solche Orte können auch verschiedene Unterrichtsräume sein, in denen die selbständige Tätigkeit ausgeführt wird. Auch wenn die Art der (selbständigen) Tätigkeit einen häufigen Wechsel der Einsatzstelle bedingt, kann die einzelne Beschäftigungsstelle eine Betriebsstätte des Unternehmers sein.

Gleichbehandlung von Arbeitnehmern und Unternehmern

Aus dem gesetzlich normierten Verweis in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG auf § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG folgt, dass die Fahrtkosten von Arbeitnehmern und Unternehmern gleichzubehandeln sind. Dieser Wille des Gesetzgebers ist bei der Auslegung des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6 EStG zu berücksichtigen. Also gelten beim Abzug der Fahrtkosten von Gewerbetreibenden und selbständig Tätigen grundsätzlich auch die Ausnahmen der Abzugsbeschränkungen, die für Arbeitnehmer gelten.

Fahrtkosten bei Einsatzwechseltätigkeit

Wegen dieser Gleichbehandlung sind Fahrtkosten zu ständig wechselnden auswärtigen Tätigkeitsstätten (Einsatzstellen) immer in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten absetzbar und nicht nur für die einfachen Entfernungskilometer. Ein Arbeitnehmer ist an ständig wechselnden Betriebsstätten tätig, wenn er im Betrieb seines Arbeitgebers keine regelmäßige Arbeitsstätte hat, die für ihn den (ortsgebundenen) Mittelpunkt seiner dauerhaft angelegten beruflichen Tätigkeit darstellt.

Sucht  der Arbeitnehmer die gleiche Tätigkeitsstätte im zeitlichen Abstand immer wieder auf, stellt dies dann keine regelmäßige Arbeitsstätte dar, wenn er  immer wieder an verschiedenen Betriebsstätten des Arbeitgebers tätig wird. Erforderlich ist, dass die regelmäßige Arbeitsstätte eine hinreichend zentrale Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten aufweist.

Einsatzwechseltätigkeit der selbständigen Musiklehrerin

Nach Auffassung des BFH wies keiner der Tätigkeitsorte der Musiklehrerin eine zentrale Bedeutung auf, so dass der Fahrtkostenabzug nach den Grundsätzen vorzunehmen ist, die für Arbeitnehmer entwickelt worden sind. Also ist der Betriebsausgabenabzug nicht auf die Entfernungspauschale von 0,30 € für jeden Entfernungskilometer (einfache Strecke) begrenzt, sondern es sind grundsätzlich die tatsächlichen Aufwendungen für die Fahrten abzusetzen.

Praxishinweis

Die Entscheidung des BFH ist konsequent; die  Grundsätze, die für Arbeitnehmer gelten, überträgt er entsprechend auf Unternehmer. Dies führt zu Rechtssicherheit. Auch wenn diese Entscheidung noch zum alten Reisekostenrecht ergangen ist, das bis zum 31.12.2013 galt, sind die darin festgelegten Grundsätze auch auf das aktuelle Reisekostenrecht anzuwenden.

Denn insoweit hat sich durch den Wechsel von der regelmäßigen Arbeitsstätte zur ersten Tätigkeitsstätte nichts geändert. Selbständige mit mehreren Arbeits- oder Tätigkeitsstätten sollten deshalb bei ihrer Gewinnermittlung überprüfen, ob eine dieser Tätigkeitsstätten von zentraler Bedeutung ist. Wenn dies nicht der Fall ist, können sie in Anwendung der BFH-Entscheidung die tatsächlichen Fahrtkosten und nicht nur die Aufwendungen für die einfache Entfernung geltend machen.

BFH, Urt. v. 23.10.2014 - III R 19/13

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz