Wann ist eine Aktienübertragung im Rahmen einer gesellschaftsrechtlichen Umwandlung steuerpflichtig? Nach dem BFH ist eine steuerneutrale Zuteilung von Aktien auch bei einem Spin-Off einer ausländischen Kapitalgesellschaft möglich. Voraussetzung ist, dass die wesentlichen Strukturmerkmale einer Abspaltung nach dem Umwandlungsgesetz vorliegen. Im Streitfall ging es um Aktien eines US-Unternehmens.
Mit Urteil vom 01.07.2021 (VIII R 9/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass die Zuteilung von Aktien an einer amerikanischen Tochtergesellschaft grundsätzlich zu Einnahmen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG führt, wenn diese Zuteilung nicht mit den Strukturmerkmalen einer Abspaltung i.S.d. Umwandlungsgesetzes (UmwG) vergleichbar ist.
Eine Abspaltung kann demnach auch bei ausländischen Kapitalgesellschaften angenommen werden, wenn der Vermögensübergang durch teilweise Gesamtrechtsnachfolge erfolgt.
Sachlage im Streitfall
Die Kläger waren im Streitjahr an einer US-amerikanischen Aktiengesellschaft beteiligt. Diese Aktiengesellschaft übertrug ihr Unternehmenskundengeschäft auf eine Tochtergesellschaft und teilte den Aktionären dafür neue Aktien an der Tochtergesellschaft zu („Spin-Off“).
Die Aktionäre bekamen pro bisher gehaltener Aktie eine weitere Aktie, so dass sie anschließend an beiden Kapitalgesellschaften Anteile in derselben Höhe hielten. Die Bank würdigte die Zuteilung der weiteren Aktien als Kapitalertrag und wies dies entsprechend auf der Jahressteuerbescheinigung aus.
Die Kläger waren jedoch der Auffassung, dass die Zuteilung der neuen Aktien steuerneutral zu würdigen sei, und setzten daher ihre Einkünfte abweichend von der Steuerbescheinigung an.
Das Finanzamt (FA) folgte dem nicht, sondern behandelte die Zuteilung der Aktien als steuerpflichtigen Kapitalertrag. Den Einspruch wies das FA als unbegründet zurück.
Die dagegen gerichtete Klage hatte vor dem Finanzgericht jedoch Erfolg. In der Revision machte das FA geltend, dass die Ausgabe der neuen Aktien nicht mit einer Abspaltung i.S.d. deutschen UmwG vergleichbar sei. Der BFH sah die Revision des FA als unbegründet an und wies sie daher zurück.
Mit einer Spaltung vergleichbare Vorgänge
Zu den Einkünften aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 1 EStG gehören, unabhängig davon, ob es sich um eine ausländische oder inländische Kapitalgesellschaft handelt, Gewinnanteile (Dividenden) sowie Ausbeuten und sonstige Bezüge aus Aktien. Grundsätzlich gehören daher auch Sachausschüttungen – wie die Ausgabe neuer Aktien – zu den Einkünften aus Kapitalvermögen.
Im Streitfall sind jedoch nach Auffassung des BFH die Voraussetzungen für die Zuteilung von Aktien im Rahmen einer Abspaltung i.S.d. § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG gegeben. Eine solche liegt nach deutschem Recht zum einen vor, wenn eine Kapitalgesellschaft von ihrem Vermögen einen Teil als Gesamtheit auf eine andere bereits bestehende Kapitalgesellschaft überträgt.
Zum anderen sind die Voraussetzungen für eine Abspaltung ebenfalls gegeben, wenn eine Kapitalgesellschaft erst durch die Übertragung entsteht und die bisherigen Anteilseigner Anteile an der neuen Gesellschaft erhalten. Sollten ausländische Vorgänge mit dem deutschen Recht vergleichbar sein, so können auch diese unter die Regelung des § 20 Abs. 4a Satz 7 EStG fallen.
Die Abspaltung ist nach Auffassung des BFH somit wie von den Klägern beantragt als steuerneutral zu behandeln.
Praxishinweis
Der BFH hatte in weiteren Urteilen, ebenfalls veröffentlicht am 14.10.2021, in vergleichbaren Fällen zu entscheiden, ob § 20 Abs. 4a EStG auch auf ausländische Vorgänge, welche nicht unter das UmwG fallen, anzuwenden ist.
Der BFH äußerte dabei unionsrechtliche Zweifel an der Vereinbarkeit der Fiktion des § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG. Diese Frage wird daher voraussichtlich zur Entscheidung dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Gemäß § 27 Abs. 8 Satz 9 KStG besteht bei ausländischen und insbesondere auch bei EU-Kapitalgesellschaften nicht die Nachweismöglichkeit, dass Ausschüttungen einer Gesellschaft als steuerneutrale Einlagenrückgewähr gewürdigt werden können.
Ausschüttungen deutscher Kapitalgesellschaften können so „aus dem steuerlichen Einlagekonto gem. § 27 KStG“ ohne die Einbehaltung von Kapitalertragsteuer entstehen.
BFH, Urt. v. 01.07.2021 - VIII R 9/19
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)