Wann gelten Zinsen aus Darlehens- und Sparverträgen als zugeflossen? Der BFH hat für Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag einen Zufluss von Einkünften abgelehnt, solange die Gutschrift auf einem Bonuskonto nur buchmäßig ausgewiesen wird. Im Streitfall ging es um Bonuszinsen, die nur nach Verzicht auf das Bauspardarlehen entstanden und erst bei Auszahlung des Guthabens fällig und verfügbar waren.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 15.11.2022 (VIII R 18/20) entschieden, dass Bonuszinsen aus einem Bausparvertrag dem Steuerpflichtigen nicht mit dem jährlichen Ausweis auf einem fiktiv geführten Bonuskonto zufließen, wenn ein Anspruch auf diese Bonuszinsen erst bei einem Verzicht auf das Bauspardarlehen entsteht und der Steuerpflichtige auch erst zu diesem Zeitpunkt über die Bonuszinsen verfügen kann.
Sachlage im Streitfall
Der Kläger hatte im Jahr 1995 einen Bausparvertrag abgeschlossen. Durch ihn hatte der Kläger bei Zuteilungsreife einen Anspruch auf ein zinsgünstiges Darlehen. Verzichtete er aber auf dieses Darlehen, so war vereinbart, dass er unter bestimmten Bedingungen einen Bonuszins erhält.
Der Bonus ist dann nach den Vertragsbedingungen bei Auszahlung des gesamten Bausparguthabens fällig und wird dem Bausparkonto in diesem Zeitpunkt gutgeschrieben.
Über den Bonuszins kann nur i.V.m. dem Bausparguthaben verfügt werden. In den folgenden Jahren tätigte der Kläger unregelmäßige Einzahlungen auf den Bausparvertrag.
Er gab in seiner Einkommensteuererklärung 2010 und in den Folgejahren neben Guthabenzinsen auch die Bonuszinsen aus dem Bausparvertrag an. Das Finanzamt (FA) veranlagte erklärungsgemäß.
Der Kläger verzichtete auf das Darlehen und ließ sich im Jahr 2013 das Bausparguthaben auszahlen. Neben dem Bausparguthaben wurden auch die Bonuszinsen ausgezahlt. Diese gab der Kläger jedoch nicht in seiner Steuererklärung an.
Das FA änderte die Veranlagung aufgrund einer Kontrollmitteilung der Bank über den Erhalt der Bonuszinsen und setzte auch für diese entsprechend Einkommensteuer fest.
Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht hiergegen blieben ohne Erfolg. Auch der BFH sah die Revision als unbegründet an und wies diese daher zurück.
Zufluss von Zinsen aus einem Bausparvertrag
Einnahmen aus Kapitalvermögen i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG sind dem Steuerpflichtigen dann zugeflossen, wenn er gem. § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die in Geld oder Geldeswert bestehenden Güter erlangt hat.
Geldbeträge fließen i.d.R. dadurch zu, dass sie bar ausgezahlt oder einem Konto des Empfängers bei einem Kreditinstitut gutgeschrieben werden.
Das Recht oder der Anspruch auf die Auszahlung von Zinsen führt dagegen noch nicht zum Zufluss von Kapitaleinkünften. Maßgeblich ist jeweils, ob die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt wurde.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Ausgehend von diesen Grundsätzen gelten die Bonuszinsen erst im Zeitpunkt der Gutschrift auf dem Konto als tatsächlich zugeflossen. Ein Zufluss kommt erst in Betracht, wenn eine Zahlungsverpflichtung besteht.
Aus der Art und Weise der Verbuchung kann der Gläubiger noch keinen Anspruch auf eine Auszahlung ableiten. Es besteht erst dann ein Rechtsanspruch auf die Bonuszinsen, wenn der Vertrag unter Verzicht auf das Bauspardarlehen aufgelöst wird.
Dementsprechend sind die Zinsen auch erst im Zeitpunkt der tatsächlichen Gutschrift mit Auszahlung des Bausparguthabens zugeflossen.
Praxishinweis
Die Angabe von Einkünften im falschen Veranlagungszeitraum kann zu einer Doppelbesteuerung führen, wenn die Nachversteuerung - wie im Streitfall - durch das FA erst in einem späteren Veranlagungszeitraum erfolgt und die Änderung der vorhergehenden Veranlagungszeiträume nicht mehr möglich ist.
Bei Kapitaleinkünften kann grundsätzlich auf die von den Banken ausgestellten Steuerbescheinigungen vertraut werden. Die Erklärung von zusätzlichen Kapitaleinkünften, die von Geldinstituten verwaltet werden, sollte erst nach genauer Prüfung erfolgen.
BFH, Urt. v. 15.11.2022 - VIII R 18/20