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Einkommensteuer -

Beteiligungen: Wann sind Veräußerungsgewinne steuerpflichtig?

Wann liegt beim Verkauf von Aktien und Kapitalanteilen ein steuerpflichtiger Veräußerungsgewinn vor? Der BFH hat das vor dem Hintergrund der mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 abgesenkten Beteiligungsschwelle geklärt. Demnach ist § 17 EStG veranlagungszeitraumbezogen auszulegen. Die Wesentlichkeit der Beteiligung hängt von der jeweiligen Rechtslage innerhalb des Fünfjahreszeitraums ab.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 12.03.2024 (IX R 9/23 (IX R 38/15)) entschieden, dass die Überschreitung der Grenze von 1 % durch einen Rechtsvorgänger für die Steuerpflicht einer Anteilsveräußerung nach § 17 EStG nur maßgeblich ist, wenn der Rechtsvorgänger nach der damals geltenden Rechtslage auch wesentlich beteiligt war. 

Diese Betrachtung ist jeweils veranlagungszeitraumbezogen vorzunehmen. 

Sachlage im Streitfall

Die Mutter der Klägerin veräußerte im Dezember 2000 die Hälfte ihres Aktienpakets an die Klägerin. 

Das gesamte Aktienpaket der Mutter entsprach 1,04 % der Anteile der Gesellschaft. Die Klägerin veräußerte dieses Aktienpaket zwei Jahre später zu einem deutlich über dem Erwerbspreis liegenden Wert. 

Das Finanzamt (FA) qualifizierte die Übertragung der Anteile von der Mutter an die Klägerin als teilentgeltliche Veräußerung und setzte einen Veräußerungsgewinn entsprechend fest. Gegen diese Festsetzung wendet sich die Klägerin. 

Ein Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG sei nach Ansicht der Klägerin nicht festzusetzen, da die in dem jeweiligen Veranlagungszeitraum gültigen Beteiligungsgrenzen des § 17 EStG nicht überschritten worden seien. 

Die mit Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 von 10 % auf 1 % herabgesetzte Beteiligungsschwelle wurde vor dem Wirksamwerden des Gesetzes von der Rechtsvorgängerin nicht überschritten. 

Nach erfolglosem Verfahren vor dem Finanzgericht (FG) sah der BFH die Revision als begründet an und hob das Urteil des FG auf.

Wesentlichkeitsgrenze nach § 17 EStG

Nach § 17 Abs. 1 Satz 1 EStG gehört zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb auch der Gewinn aus der Veräußerung von Anteilen an einer Kapitalgesellschaft, wenn der Veräußerer innerhalb der letzten fünf Jahre am Kapital der Gesellschaft unmittelbar oder mittelbar zu mindestens 1 % beteiligt war. 

Nach § 17 Abs. 1 Satz 4 EStG gilt dies auch, wenn der Veräußerer den veräußerten Anteil innerhalb der letzten fünf Jahre vor der Veräußerung unentgeltlich erworben und der Rechtsvorgänger innerhalb der letzten fünf Jahre die Beteiligungsgrenze überschritten hat.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Im Streitfall war insbesondere zu klären, ob die Mutter der Klägerin mit ihrer Beteiligung die Wesentlichkeitsschwelle nach § 17 Abs. 1 EStG überschritten hat und dies der Klägerin aufgrund des teilentgeltlichen Erwerbs zuzurechnen war. 

Die Mutter war zwar mit 1,04 % an der Gesellschaft beteiligt, die damals gültige Wesentlichkeitsschwelle betrug jedoch 10 % und wurde erst im Nachgang zu der hälftigen Übertragung der Anteile auf 1 % herabgesetzt. Das FA hatte der Klägerin dennoch eine wesentliche Beteiligung zugerechnet. 

Der BFH verneinte hingegen das Vorliegen einer wesentlichen Beteiligung, da immer die im jeweiligen Veranlagungszeitraum gültige Schwelle für § 17 EStG maßgeblich ist. Die Herabsetzung der Wesentlichkeitsschwelle auf 1 % kommt somit keine rückwirkende Wirkung zu. 

Aufgrund der somit veranlagungszeitraumbezogenen Betrachtung war das Überschreiten der Schwelle von 1 % der Klägerin nicht zuzurechnen. Mangels Überschreitens der Wesentlichkeitsschwelle hatte die Klägerin daher keinen Veräußerungsgewinn i.S.d. § 17 EStG zu versteuern.

Praxishinweis

Das Herabsetzen der Beteiligungsschwelle von 10 % auf 1 % mit dem Steuerentlastungsgesetz 1999/2000/2002 hat zu vielen rechtlichen Fragen geführt. Dies war in den Streitjahren von besonderer Bedeutung, da eine Veräußerung eines Anteils von unter 10 % bzw. 1 % steuerfrei war. 

Die Steuerpflicht für die Veräußerung von Anteilen an Kapitalgesellschaften unter 1 % gem. § 20 Abs. 2 Nr. 1 EStG wurde erst später eingeführt. Der Veräußerungsgewinn ist nach der Entscheidung somit steuerfrei. 

BFH, Urt. v. 12.03.2024 - IX R 9/23 (IX R 38/15) 

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