Wann liegt eine Betriebsaufgabe und wann eine Betriebsunterbrechung vor? Bei zur Nutzung überlassenen Betriebsgrundstücken kann hiervon die Einkunftsart abhängen. Das Finanzgericht Hamburg ist bei einer 60 Jahre dauernden Verpachtung von einer Betriebsunterbrechung ausgegangen. Entscheidend war die Frage, ob der Betrieb in der dritten Generation identitätswahrend hätte fortgeführt werden können.
Mit Urteil vom 26.03.2019 hat das Finanzgericht Hamburg (FG) entschieden, dass bei dem Verkauf eines Brotgroßhandelsunternehmens das Betriebsgrundstück eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt und eine Betriebsaufgabe des Unternehmens nicht in Betracht kommt, wenn dieses auch nach einer über drei Generationen umfassenden Zeitspanne identitätswahrend fortgeführt hätte werden können.
Dies sei entscheidend für die Frage, ob weiterhin Einkünfte aus Gewerbebetrieb vorliegen oder nunmehr Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.
Sachlage im Streitfall
Im aktuellen Fall erklärten die Mitglieder einer Erbengemeinschaft hinsichtlich der Einkünfte aus der Verpachtung eines Grundstücks (des ehemaligen Brotgroßhandels) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung und nicht mehr wie bislang aus Gewerbebetrieb. Zuvor erklärte die Erbengemeinschaft die Aufgabe der Betriebsverpachtung und dass die Einstellung des Betriebs bereits vor Jahrzehnten erfolgt sei.
Ursprünglich hatte der Erblasser einen Brotgroßhandel betrieben, welchen er verkauft und anschließend das mit Hallen, Garagen und Gebäuden bebaute Betriebsgrundstück verpachtet hatte.
Das Finanzamt (FA) qualifizierte im Rahmen des Feststellungsbescheids für die Erbengemeinschaft die Einkünfte als solche aus Gewerbebetrieb. Nach einem erfolglosen Einspruchsverfahren bestätigte das angerufene FG die Sichtweise des FA, ließ aber die Revision zum Bundesfinanzhof (BFH) zu.
Gewerbliche Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung?
Grundsätzlich gehören die Einkünfte aus der Vermietung und Verpachtung von unbeweglichem Vermögen nicht zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb. Gemäß der Subsidiaritätsklausel nach § 21 Abs. 3 EStG sind die Einkünfte jedoch als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu qualifizieren, wenn das vermietete Vermögen zum Betriebsvermögen eines Gewerbebetriebs gehört. Sie gehören so lange zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb, bis diese Tätigkeit aufgegeben wird.
Wann liegt eine Betriebsaufgabe vor?
Eine Betriebsaufgabe liegt dann vor, wenn die bisherige Tätigkeit aufgrund eines Entschlusses des Steuerpflichtigen, den Betrieb aufzugeben, endgültig eingestellt wird und alle wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang nach außen erkennbar in das Privatvermögen überführt bzw. veräußert werden. Wichtig ist, dass der Betrieb als solches aufhört, Teil des Wirtschaftslebens zu sein.
Wann liegt nur eine Betriebsunterbrechung vor?
Von einer Betriebsaufgabe zu unterscheiden ist eine Betriebsunterbrechung. Nach der Rechtsprechung des BFH lässt eine solche den Fortbestand des Betriebs unberührt und kennzeichnet sich dadurch, dass der Betriebsinhaber die wesentlichen Betriebsgrundlagen verpachtet oder die Tätigkeit ruhen lässt.
Wird in diesen Fällen die Betriebsaufgabe nicht eindeutig gegenüber dem FA erklärt, so wird nach der Rechtsprechung des BFH davon ausgegangen, dass die Absicht bestehe, den unterbrochenen Betrieb künftig wieder aufzunehmen, sofern die Fortsetzung des Betriebs mit den zurückbehaltenen Wirtschaftsgütern objektiv möglich ist. Dabei kann die Absicht der Betriebsaufnahme auch vom Rechtsnachfolger verwirklicht werden.
Nach den Feststellungen des FG bildet bei einem Brotgroßhandel (wie regelmäßig bei anderen Einzelhandelsbetrieben) das Betriebsgrundstück die alleinige wesentliche Betriebsgrundlage, da diesem durch seine Lage und den örtlichen Wirkungskreis/Kundenkreis im Verhältnis zu den übrigen Wirtschaftsgütern eine besondere Bedeutung zukommt.
Da das Grundstück nicht so umgestaltet wurde, dass es nicht mehr für einen Brotgroßhandel hätte genutzt werden können, und der Betrieb lediglich darin bestand, das Brot dort einzulagern und weiter zu verteilen, hätte der Betrieb wieder aufgenommen werden können. Dementsprechend lag lediglich eine Betriebsunterbrechung vor, auch wenn diese eine über drei Generationen umfassende Zeitspanne betraf.
Praxishinweis
Das Urteil vom FG Hamburg grenzt die Fälle einer Betriebsaufgabe oder einer Betriebsverpachtung nach aktuellen Grundsätzen ein. Nach einer Betriebsaufgabe führen die Einkünfte aus der Verpachtung zu Einkünften aus Vermietung und Verpachtung, wohingegen eine Betriebsunterbrechung weiterhin zu Einkünften aus Gewerbebetrieb führt.
Ob auch eine Betriebsunterbrechung für mehr als 60 Jahre nicht zu einer Betriebsaufgabe führt, wurde bislang noch nicht höchstrichterlich entschieden. Daher wurde die Revision zum BFH zugelassen. Steuerpflichtige in ähnlich gelagerten Fällen sollten das weitere Verfahren beobachten und unter Hinweis auf das anhängige Verfahren beim BFH unter dem Az. IV R 13/19 Ruhen des Verfahrens gem. § 363 Abs. 2 AO beantragen.
FG Hamburg, Urt. v. 26.03.2019 - 6 K 9/18
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper