Wann gilt der gesonderte Steuersatz für Kapitaleinkünfte nach § 32d EStG? Der BFH hat das für Entgelte bestimmt, die für gestellte Sicherheiten gezahlt werden. Demnach erzielt der Sicherungsgeber bei einer drittnützigen Verpfändung eines Bankguthabens Einkünfte aus Leistungen und keine Kapitaleinkünfte. Dies soll nach dem BFH auch bei einer Pauschalvergütung für ein sog. Abrufdarlehen gelten.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 22.10.2024 (VIII R 7/23) die Grundsätze zur Entgeltlichkeit der Gestellung von Sicherheiten weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Eheleute K sagten der N-GmbH, an der sie nicht beteiligt waren, Sicherheiten zur Umsetzung eines bestimmten Bauvorhabens zu.
Dazu gestatteten die K der N-GmbH, der X-Bank (sicherungsnehmende Bank) ein Bankguthaben der K bei der Y-Bank (kontoführende Bank) zeitweise als Sicherheit zu stellen. Zudem war die N-GmbH berechtigt, ein Darlehen bei K bis zu einem Maximalbetrag nach Bedarf abzurufen.
Als Gesamtentgelt schuldete die N-GmbH eine Vergütung. Aufgrund der Vereinbarung verpfändeten die K ein Guthaben bei der kontoführenden Bank an die sicherungsnehmende Bank.
In ihrer Einkommensteuererklärung erklärten die K das erhaltene Entgelt als Einkünfte aus Kapitalvermögen, die dem gesonderten Steuersatz unterliegen.
Das Finanzamt nahm hingegen Einkünfte aus Leistungen an. Die Klage blieb sowohl vor dem Finanzgericht als auch vor dem BFH erfolglos.
Begründung im Besprechungsfall
Der von der N-GmbH erhaltene Betrag stellt keine Einkünfte aus Kapitalvermögen - und zwar weder als Entgelt für die Überlassung einer Kapitalforderung noch als Gewinn aus der Veräußerung einer solchen Forderung - dar.
Zu solchen Einkünften gehören u.a. Erträge aus sonstigen Kapitalforderungen, wenn dies entgeltlich erfolgt. In der drittnützigen Verpfändung eines Bankguthabens an die sicherungsnehmende Bank liegt nach Ansicht des BFH bis zum Eintritt des Sicherungsfalls auch bei wirtschaftlicher Betrachtung noch nicht die Überlassung von Geldvermögen zur Nutzung.
Zwar stellt diese Verpfändung eine Art der Fruchtziehung dar, aber wegen der zivilrechtlichen Rechtslage und der wirtschaftlichen Lage keine entgeltliche Nutzungsüberlassung von Kapitalvermögen. Den Ertrag aus der Verwertung des Geldkapitals erzielt der Sicherungsgeber, nicht der Sicherungsbesteller.
Als Veräußerung gilt u.a. die Abtretung der Kapitalforderung. Allerdings haben die K weder durch die Verpfändung ihres Bankguthabens an die sicherungsnehmende Bank noch durch die Bereitstellung eines Geldbetrags als Abrufdarlehen eine sonstige Kapitalforderung veräußert oder abgetreten.
Die Verpfändung einer Forderung führt nicht zu einem Inhaberwechsel und auch nicht zu einem Wechsel des wirtschaftlichen Eigentums.
Denn auch während der Verpfändung lagen die Chancen auf eine Wertsteigerung und das Risiko einer Wertminderung bei den K. Auch die Bereitstellung eines Geldbetrags als Abrufdarlehen führt nicht zu einer geänderten persönlichen Zurechnung der Forderung.
Der von der N-GmbH erhaltene Betrag gehört nach Auffassung des BFH vielmehr zu den Einkünften der K aus Leistungen. Die Verpfändung eines Kontoguthabens sowie die Bereitstellung eines Girokredits zum Abruf betreffen weder rechtlich noch wirtschaftlich eine Veräußerung und mangels endgültiger Aufgabe der Vermögenswerte auch keinen veräußerungsähnlichen Vorgang.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Grundsätze wie folgt konkretisiert:
Bei einer entgeltlichen drittnützigen Verpfändung eines Bankguthabens erzielt der Sicherungsgeber als Vertragspartner des Sicherungsbestellers Einkünfte aus Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG und keine Kapitaleinkünfte gem. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG. Einkünfte aus Leistungen erzielt auch, wer einem anderen ein (nicht in Anspruch genommenes) Abrufdarlehen für einen bestimmten Zeitraum einräumt und hierfür eine Pauschalvergütung erhält.
BFH, Urt. v. 22.10.2024 - VIII R 7/23