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Einkommensteuer -

Erstattungszinsen: Gilt die Tarifbegünstigung?

Kann die Steuervergünstigung für außerordentliche Einkünfte nach § 34 EStG auch für die Zinsen einer entsprechenden Steuererstattung geltend gemacht werden? Der BFH hat das bejaht. Demnach kann nicht nur die zugrundeliegende Steuererstattung als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten als außerordentliche Einkünfte tarifbegünstigt sein, sondern auch die sich daraus ergebenden Erstattungszinsen. 

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit der Entscheidung vom 30.08.2023 (X R 2/22) seine Grundsätze zur tarifbegünstigten Besteuerung von Erstattungszinsen als mehrjährige Vergütung konkretisiert und teilweise geändert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Der Kläger K erhielt nach einer Verständigung mit dem Finanzamt (FA) über einen jahrelangen Rechtsstreit nach einer Steuerfahndungs- und Betriebsprüfung geänderte Umsatzsteuerbescheide, die zu einer erheblichen Erstattung einschließlich Erstattungszinsen führten. 

Mit dem FA entstand Streit darüber, ob die Erstattungszinsen tarifbegünstigt zu besteuern seien, da sie für eine mehrjährige Tätigkeit gezahlt wurden. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Der BFH folgte hingegen der Ansicht des K.

Grundsätze und die Entscheidung im Besprechungsfall

Erstattungszinsen von Betriebssteuern gehören zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb und gelten daher als Vergütungen, denn es handelt sich um Vorteile von wirtschaftlichem Wert, die im Rahmen der Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt werden. 

Diese Vergütungen sind auch für eine „Tätigkeit“ bezogen worden. Dem Begriff der „Tätigkeit“ ist nach Ansicht des erkennenden Senats des BFH keine Differenzierung danach zu entnehmen, ob die Handlung des Steuerpflichtigen vollkommen freiwillig oder aufgrund eines von außen auf den Steuerpflichtigen wirkenden Einflusses vorgenommen wird, entscheidend ist vielmehr das Handlungselement. 

Aus diesem Grund ist u.a. auch die Zahlung von Aussetzungszinsen als „Tätigkeit“ verstanden worden.

Die in der Kapitalüberlassung liegende Tätigkeit ist auch mehrjährig. Hierfür ist Voraussetzung, dass die Tätigkeit sich über mindestens zwei Veranlagungszeiträume erstreckt und einen Zeitraum von mehr als zwölf Monaten umfasst. 

Im Besprechungsfall erstreckte sich die Kapitalüberlassung auf den Prüfungszeitraum, mithin unstreitig auf einen mehrjährigen Zeitraum. 

Diese weite Auslegung des Begriffs der „Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten“ wird dadurch begrenzt, dass zusätzlich die „Außerordentlichkeit“ der Einkünfte erforderlich ist, wozu auch eine typischerweise eintretende Progressionswirkung gehört. 

Vergütungen für mehrjährige Tätigkeiten sind nur dann außerordentlich, wenn die Zusammenballung der Einkünfte für den betreffenden Lebens-, Wirtschafts- und Regelungsbereich atypisch ist. 

Dazu sind verschiedene Fallgruppen entwickelt worden. Eine dieser Fallgruppen liegt vor, wenn eine Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten eine entsprechende Progressionswirkung typischerweise erwarten lässt, weil infolge einer vorausgegangenen rechtlichen Auseinandersetzung ein zusammengeballter Zufluss einer solchen Vergütung gegeben ist. 

Dem K sind nicht nur die Umsatzsteuererstattungen aufgrund des langjährigen Rechtsstreits geballt zugeflossen und gewinnerhöhend zu erfassen gewesen, sondern ebenso die durch die Umsatzsteuererstattungen ausgelösten Erstattungszinsen. 

Diese haben die Progressionswirkung zudem noch erheblich verstärkt, weil die Erstattungszinsen im Besprechungsfall mehr als 60 % der Umsatzsteuererstattung ausmachten. 

Zudem sollen Zinsen als steuerliche Nebenleistung das Schicksal der Hauptschuld - Umsatzsteuererstattung - teilen. Für Zinsen, die zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, kann aus § 34 Abs. 2 Nr. 3 EStG auch keine Sperrwirkung abgeleitet werden. 

Dies folgt nach Ansicht des BFH aus der Entstehungsgeschichte dieser Norm. Aus diesen Gründen gab der BFH der Klage statt.

Praxishinweis

Indem der erkennende Senat sich mit dem (bisher eine gegensätzliche Entscheidung vertretenden) anderen Senat abgestimmt hatte, änderte der BFH seine Grundsätze zur tarifbegünstigen Besteuerung von Erstattungszinsen wie folgt: 

Erstattungszinsen, die zu den Einkünften aus Gewerbebetrieb gehören, sind als tarifbegünstigte Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten anzusehen, wenn die zugrundeliegende Steuererstattung als Vergütung für mehrjährige Tätigkeiten nach § 34 Abs. 2 Nr. 4 EStG tarifbegünstigt ist.

BFH, Urt. v. 30.08.2023 - X R 2/22

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