Auch nach der Änderung des GmbH-Rechts (MoMiG) bzw. der Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts stellen Einzahlungen in die Kapitalrücklage einer GmbH regelmäßig nachträgliche Anschaffungskosten für den Gesellschafter dar. Der BFH hat dies insbesondere für den Fall klargestellt, dass der Gesellschafter mit solchen Zahlungen seine Inanspruchnahme als Bürge für Verbindlichkeiten vermeiden will.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob nach der Neuregelung des Eigenkapitalrechts bei der GmbH durch das MoMiG 2009 eine Zahlung des Gesellschafters, der damit vermeiden möchte, für Gesellschaftsschulden aufgrund einer Bürgschaft in Anspruch genommen zu werden, nach wie vor zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führt.
Der Betroffene war an einer GmbH beteiligt und zudem als Geschäftsführer bestellt. Er hatte eine Bürgschaft für Verbindlichkeiten der GmbH gegenüber einer Bank übernommen. Zum Ende des Jahres 2009 stellte die GmbH ihren Geschäftsbetrieb ein und veräußerte ihr gesamtes Anlagevermögen sowie Teile des Umlaufvermögens.
Anschließend leisteten die Gesellschafter Zuführungen in deren Kapitalrücklage, um eine ansonsten drohende Liquidation der Gesellschaft zu vermeiden. Nachdem die Bank einen Teilverzicht auf ihre Forderungen in Aussicht gestellt hatte, zahlte die GmbH einen Teilbetrag. Wenig später veräußerten die Gesellschafter schließlich ihre Anteile.
In der Einkommensteuererklärung machte der Betroffene einen Veräußerungsverlust nach § 17 EStG geltend, der sich aus einem anteiligen Verlust der Stammeinlage und nachträglichen Anschaffungskosten aus der Kapitalzuführung errechnete. Im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr berücksichtigte das Finanzamt (FA) lediglich den Verlust der eingezahlten Stammeinlage. Klage und Einspruch waren erfolgreich, während der BFH den Gesellschaftern teilweise Recht gab.
Veräußerungsverlust i.S.d. § 17 EStG nach bisheriger Rechtsprechung
Bei der Ermittlung des Veräußerungsgewinns wurden bisher auch nachträgliche Anschaffungskosten angesetzt. Diese Anschaffungskosten wurden allerdings nur berücksichtigt, wenn sie durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst wurden und weder Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen noch Veräußerungs- oder Auflösungskosten waren.
Für die Beurteilung, ob eine Finanzierungshilfe des Gesellschafters durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasst wurde, wurde darauf abgestellt, ob sie eigenkapitalersetzend war. Dies war der Fall, wenn der Gesellschafter der Gesellschaft ein Darlehen gewährt, eine Bürgschaft zur Verfügung gestellt oder eine wirtschaftlich entsprechende andere Rechtshandlung i.S.d. § 32a Abs. 1 und 3 GmbHG a.F. vorgenommen hatte. Lagen diese Voraussetzungen nicht vor, hatte die Finanzierungshilfe nicht die Funktion von Eigenkapital und der Gesellschafter war insofern wie jeder Drittgläubiger zu behandeln.
Veräußerungsverlust i.S.d. § 17 EStG nach geänderter Rechtsprechung
Wegen der gesetzlichen Aufhebung des Eigenkapitalersatzrechts 2009 hat der BFH nun neue Maßstäbe für die steuerliche Berücksichtigung von Aufwendungen des Gesellschafters aus bisher eigenkapitalersetzenden Finanzierungshilfen entwickelt.
Mangels einer abweichenden Definition im Einkommensteuergesetz ist der handelsrechtliche Begriff der Anschaffungskosten allerdings auch für die Beurteilung nach § 17 Abs. 2 EStG zugrunde zu legen. Danach können den nachträglichen Anschaffungskosten grundsätzlich nur solche Aufwendungen des Gesellschafters zugeordnet werden, die nach handels- und bilanzsteuerrechtlichen Grundsätzen zu einer offenen oder verdeckten Einlage in das Kapital der Gesellschaft führen.
Die Kapitalrücklage ist dabei Bestandteil des Eigenkapitals der Gesellschaft; sie steht allein der Gesellschaft (und nicht dem Gesellschafter) zu. Daher ist es steuerrechtlich auch nicht von Bedeutung, wie die Gesellschaft den vom Gesellschafter eingezahlten Betrag verwendet.
Bedeutung für den vorliegenden Fall
Für den vorliegenden Fall bedeutet dies, dass bei der Ermittlung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb die Einzahlung in die Kapitalrücklage der GmbH zu berücksichtigen ist. Diese erhöhte die Anschaffungskosten auf die Beteiligung des betroffenen Gesellschafters.
Einer Berücksichtigung der Einzahlung in die Kapitalrücklage als nachträgliche Anschaffungskosten steht nach Ansicht des BFH auch nicht der Umstand entgegen, dass die der Kapitalrücklage zugeführten Mittel von der GmbH dazu verwendet wurden, eigene (betriebliche) Verbindlichkeiten abzulösen. Insbesondere spielt es keine Rolle, mit welchem Wert ein Rückgriffsanspruch des Gesellschafters gegen die GmbH zu bewerten gewesen wäre, wenn die Gläubiger in die von ihm gegebenen Sicherheiten vollstreckt oder ihn im Rahmen seiner Bürgschaftsverpflichtung in Anspruch genommen hätten.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass auch bei veränderten gesellschaftsrechtlichen Regelungen im GmbHG Einzahlungen in die Kapitalrücklage nach wie vor nachträgliche Anschaffungskosten für den Gesellschafter bedeuten. Im Ergebnis hat sich also nichts geändert, nur die Begründung ist eine andere. Ob dies in Teilbereichen möglicherweise zu anderen Ergebnissen führt, bleibt abzuwarten. Vorerst sollten Unternehmer und deren Berater aber bei Einzahlungen in die Kapitalrücklage berücksichtigen, dass diese nachträgliche Anschaffungskosten des Gesellschafters sind und bei der Gesellschaft im steuerlichen Einlagenkonto angesetzt werden müssen.
BFH, Urt. v. 20.07.2018 - IX R 5/15
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht