Der BFH hat die Voraussetzungen einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) geklärt, wenn eine Immobilie im Ausland einer dortigen Kapitalgesellschaft gehört. Nach dem BFH gilt: Die bloße Möglichkeit eines Kapitalgesellschafters, eine Wohnimmobilie auch privat nutzen zu können, begründet allein noch keine vGA - anders liegt der Fall bei einer unentgeltlichen oder verbilligten Nutzungszuwendung.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 01.10.2024 (VIII R 4/21) entschieden, dass die bloße tatsächliche Möglichkeit des Gesellschafters einer Kapitalgesellschaft, die im Eigentum der Gesellschaft stehende Immobilie auch nutzen zu können, noch nicht zu einer vGA führt.
Eine solche ist erst anzunehmen, wenn die Gesellschaft ihrem Gesellschafter die Immobilie auch tatsächlich zur Nutzung überlassen hat.
Sachlage im Streitfall
Das Ehepaar K lebte vor seinem Umzug nach Deutschland in Spanien und nutzte dort eine Immobilie, die teils in ihrem Eigentum stand und teils zwei spanischen Kapitalgesellschaften (B S.L. und C S.L.) gehörte.
An diesen Gesellschaften waren die Eheleute jeweils zu gleichen Teilen beteiligt. Nach dem Umzug nach Deutschland wurden die Mietzahlungen an die Gesellschaften eingestellt, während die Immobilie nach den Angaben der K nur für gelegentliche Besuche zwecks Verkaufsvorbereitung und -überwachung genutzt wurde.
Das Finanzamt stellte jedoch eine vGA in Höhe einer marktüblichen Miete (42.000 € jährlich) als Einkünfte aus Kapitalvermögen fest. Die K trugen vor, dass keine private Nutzung im Sinne einer vGA vorläge und die Annahme einer solchen gegen die Kapitalverkehrsfreiheit verstoße.
Nach spanischem Recht sei zudem eine kurzfristige Vermietung verboten, so dass eine kurzfristige Überlassung an die K gar nicht möglich gewesen sei. Auch die spanische Finanzverwaltung nahm keine entsprechenden Korrekturen bei den Kapitalgesellschaften vor.
Nach erfolglosem Verfahren beim Finanzgericht (FG) sah der BFH die Revision der K als begründet an und hob das Urteil des FG auf.
Vorliegen einer verdeckten Gewinnausschüttung
Neben regulären Gewinnausschüttungen führen auch vGA nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG zu Einkünften aus Kapitalvermögen. Dafür bedarf es weder der Absicht, den Gewinn verdeckt auszuschütten, noch des Bewusstseins, dass der Gewinn verdeckt ausgeschüttet wird.
Ein Vermögensvorteil liegt beim Gesellschafter vor, wenn dieser über ein bestimmtes, messbares Gut in Geld oder Geldwert verfügen kann. Eine Nutzungsvereinbarung ist für das Vorliegen einer vGA nicht erforderlich.
Der Vorteil liegt in diesem Fall im Ausbleiben einer angemessenen Entgeltzahlung an die Gesellschaft für die Nutzung des Wirtschaftsguts.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Nach der ständigen Rechtsprechung des BFH führt jedoch die bloße Möglichkeit, auf ein betriebliches Wirtschaftsgut einer Kapitalgesellschaft zugreifen zu können, um dieses auch privat zu nutzen, für sich genommen beim Gesellschafter noch nicht zu einer vGA.
Der BFH widerspricht daher der Annahme des FG, dass die Zeiträume, in denen die Immobilie keinem anderen zur Nutzung überlassen wurde, zu einem Vorteil der Gesellschafter führten. Mangels Zuflusses eines Vorteils kann somit keine vGA vorliegen.
Der BFH verwies die Sache jedoch an das FG zurück, damit dieses prüfen kann, in welchen Zeiträumen die Kläger tatsächlich die Wohnung genutzt haben, da nur in dieser Zeit ein tatsächlicher Vorteil den Klägern zufließt und eine vGA angenommen werden kann.
Praxishinweis
Der BFH äußerte sich abgesehen von der Frage des Vorliegens einer vGA auch zu deren Bewertung. Er differenziert hier zwischen einer dauerhaften und einer nur tageweisen Nutzung.
Bei einer dauerhaften Nutzung ermittelt sich die Höhe des Nutzungsvorteils anhand der Miete einschließlich einer angemessenen Kapitalverzinsung und zzgl. eines angemessenen Gewinnaufschlags. Bei lediglich tageweiser Nutzung ist dagegen der gemeine Wert der Nutzung der Immobilie für die Berechnung anzusetzen.
BFH, Urt. v. 01.10.2024 - VIII R 4/21