Wann sind Kosten eines Insolvenzverfahrens absetzbar? Der BFH hat klargestellt: Aufwendungen, die ausschließlich durch ein (Regel-)Insolvenzverfahren verursacht wurden, sind nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften abziehbar, weil sie der privaten Vermögenssphäre zuzuordnen sind. Im Streitfall hatte die Insolvenzverwalterin vermietete Immobilien verkauft.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 13.08.2024 (IX R 29/23) entschieden, dass Kosten für ein Insolvenzverfahren privat veranlasst sind und somit nicht als Werbungskosten zu einer Einkunftsart abgezogen werden können.
Dies gilt auch, wenn ein Grundstück im Rahmen des Insolvenzverfahrens zur Tilgung von Steuerverbindlichkeiten veräußert wird.
Sachlage im Streitfall
Über das Vermögen der Klägerin wurde aufgrund von Fremdinsolvenzanträgen - u.a. des Finanzamts (FA) - ein Insolvenzverfahren eröffnet.
Nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens verkaufte die Insolvenzverwalterin zwei vermietete Mehrfamilienhäuser. Die Mehrfamilienhäuser wurden innerhalb von zehn Jahren nach der Anschaffung veräußert, weswegen die Veräußerung zu steuerpflichtigen Einkünften führte.
Nach Beendigung des Insolvenzverfahrens beantragte die Klägerin den Abzug von Kosten des Insolvenzverfahrens als Werbungskosten bei den Einkünften aus privaten Veräußerungsgeschäften. Diese Kosten umfassten Gerichtskosten, Verwaltungskosten, Verwertungskosten und verschiedene Beratungskosten.
Die Klägerin argumentierte, dass die Insolvenzverwalterin für sie als Schuldnerin gehandelt habe, daher bestehe ein Veranlassungszusammenhang zwischen der Verwertung der Vermietungsobjekte und den Kosten des Insolvenzverfahrens.
Das FA lehnte den Antrag ab, anschließender Einspruch und Klage waren erfolglos. Der BFH sah die Revision der Klägerin jedoch als begründet an und hob das Urteil des Finanzgerichts (FG) auf, da die notwendigen Feststellungen durch das FG nachzuholen sind.
Verhältnis der Werbungskosten zu den sonstigen Einkünften
Zu den sonstigen Einkünften i.S.d. § 22 Nr. 2 EStG zählen auch Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften gem. § 23 EStG. Hierzu gehören auch Einkünfte aus der Veräußerung von Grundstücken und grundstückgleichen Rechten, bei denen der Zeitraum zwischen Anschaffung und Veräußerung nicht mehr als zehn Jahre beträgt.
Der Gewinn bzw. Verlust ermittelt sich aus der Differenz zwischen Veräußerungspreis und Anschaffungskosten sowie etwaigen Werbungskosten.
Aufwendungen können in diesem Zusammenhang als Werbungskosten abgezogen werden, wenn zwischen den Aufwendungen und den Einkünften ein wirtschaftlicher Veranlassungszusammenhang besteht und die Einkünfte zur Einkunftserzielungsabsicht getätigt wurden.
Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall
Der BFH folgt bzgl. der Kosten für das Insolvenzverfahren grundsätzlich der Auffassung des FG. Die entsprechenden Kosten sind objektiv durch das Insolvenzverfahren veranlasst und dienen dem Interesse der Insolvenzgläubiger an der gemeinschaftlichen Befriedigung der Verbindlichkeiten.
Ähnliches geht bereits aus einer früheren Entscheidung des BFH zu Kosten eines Verbraucherinsolvenzverfahrens hervor. Entsprechende Kosten sind dem Privatbereich des Steuerpflichtigen zuzuordnen und können daher nicht als Werbungskosten abgezogen werden.
Der BFH verneinte daher den Abzug, da diese Kosten die wirtschaftliche Stellung des Gläubigers betreffen und somit privat veranlasst sind.
Dies gilt jedoch nicht für Aufwendungen, die zwar durch das Insolvenzverfahren veranlasst sind, aber auch angefallen wären, wenn der Steuerpflichtige das Wirtschaftsgut außerhalb eines Insolvenzverfahrens veräußert hätte, und in einem solchen Fall als Werbungskosten abziehbar gewesen wären.
Insoweit hat das FG jedoch keine ausreichenden Feststellungen getroffen, um eine abschließende Einordnung der Kosten als Werbungskosten und nicht veranlasste Aufwendungen zu treffen, weswegen der BFH die Sache an das FG zurückverwies.
Ein Abzug der Kosten für das Insolvenzverfahren als außergewöhnliche Belastungen i.S.d. § 33 EStG schloss der BFH ebenfalls aus, da diese nicht als unüblich anzusehen sind.
Praxishinweis
Der BFH verwehrt somit nicht generell den Abzug der im Rahmen eines Insolvenzverfahrens entstandenen Kosten. Die Aufteilung auf abziehbare Kosten, die ohnehin bei der Veräußerung eines Wirtschaftsguts entstanden wären, und Kosten des reinen Insolvenzverfahrens dürfte jedoch hohen Aufwand verursachen.
Betroffene Steuerpflichtige sollten daher bereits im Rahmen des Insolvenzverfahrens eine genaue Dokumentation zur Aufteilung der Kosten vornehmen, damit diese als Werbungskosten berücksichtigt werden können.
BFH, Urt. v. 13.08.2024 - IX R 29/23