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Einkommensteuer -

Photovoltaik: Investitionsabzugsbetrag und neue Steuerbefreiung

Welche Folgen hat die seit 2022 geltende Steuerbefreiung für Solaranlagen nach § 3 Nr. 72 EStG? Der BFH hat ernstliche Zweifel angemeldet, ob ein im Jahr 2021 abgezogener Investitionsabzugsbetrag (IAB) für eine 2022 tatsächlich erworbene Photovoltaikanlage allein wegen der Einführung der Steuerbefreiung rückgängig zu machen ist. Im Streitfall gewährte der BFH die Aussetzung der Vollziehung (AdV).

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Beschluss vom 15.10.2024 (III B 24/24) zum Ausdruck gebracht, dass ernstliche Zweifel daran bestehen, ob ein ursprünglich für die Anschaffung einer Photovoltaikanlage gebildeter IAB aufgrund der Einführung der Steuerbefreiung für Photovoltaikanlagen in § 3 Nr. 72 EStG rückgängig zu machen ist. 

Daher ist in entsprechenden Fällen die Aussetzung der Vollziehung (AdV) zu gewähren.

Sachlage im Streitfall

Der Antragsteller hat im Rahmen des Einspruchsverfahrens gegen seinen Einkommensteuerbescheid für das Jahr 2021 AdV beantragt. 

Streitpunkt ist, ob die Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 72 EStG, die seit dem 01.01.2022 in Kraft ist, Auswirkungen auf einen 2021 abgezogenen IAB für eine Photovoltaikanlage hat. 

Im ursprünglichen Einkommensteuerbescheid 2021 wurde der IAB für eine geplante Photovoltaikanlage abgezogen. Die Anlage wurde im November 2022 auch tatsächlich angeschafft. 

Das Finanzamt (FA) änderte jedoch im November 2023 den Steuerbescheid, da laut BMF-Schreiben vom Juli 2023 IABs, die vor dem 01.01.2022 in Anspruch genommen wurden, rückgängig zu machen sind, wenn sie für steuerbegünstigte Photovoltaikanlagen verwendet wurden.

Die Steuerfreiheit der Photovoltaikanlage im Jahr 2022 macht nach Ansicht des Finanzgerichts (FG) eine Gewinnermittlung überflüssig, so dass keine gewinnerhöhende Hinzurechnung des IAB stattfinden kann. Insoweit bestanden keine Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Steuerbescheids. 

Auch verfassungsrechtliche Bedenken bestanden laut dem FG nicht. Der BFH sah die Beschwerde hingegen als zulässig und begründet an und gewährte die AdV.

Rückgängigmachung von Investitionsabzugsbeträgen

Im Weg eines IAB können für Wirtschaftsgüter, die in zukünftigen Wirtschaftsjahren angeschafft werden sollen, bis zu 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten steuermindernd geltend gemacht werden. 

Ein in Anspruch genommener IAB ist rückgängig zu machen, soweit er nicht bis zum Ende des dritten auf das Wirtschaftsjahr des jeweiligen Abzugs folgenden Wirtschaftsjahrs nach § 7g Abs. 2 Satz 1 EStG hinzugerechnet wurde. 

Der IAB ist dann in dem Jahr rückgängig zu machen, in dem er ursprünglich abgezogen wurde und die Einkünfte gemindert hat.

Anwendung der Grundsätze auf den Streitfall

Nach dem mit Wirkung zum 01.01.2022 eingeführten § 3 Nr. 72 EStG sind die Einnahmen und Entnahmen im Zusammenhang mit dem Betrieb näher bestimmter Photovoltaikanlagen steuerfrei. 

Die vom Antragsteller im Jahr 2022 erworbene Anlage erfüllte im vorliegenden Fall unstreitig die Voraussetzungen für die Steuerbefreiung. Es ist somit zweifelhaft, ob aufgrund der ab dem Jahr 2022 anzuwendenden Steuerbefreiung eine gewinnerhöhende Hinzurechnung des Abzugsbetrags bei Anschaffung überhaupt möglich ist. 

Im Normalfall würde der planmäßige Erwerb zu einer gewinnerhöhenden Hinzurechnung gem. § 7g Abs. 2 EStG im Jahr der Anschaffung führen. Diese wurde laut dem Antragsteller auch tatsächlich vorgenommen, blieb aufgrund der Steuerbefreiung jedoch ohne Auswirkungen. 

Der BFH kommt in diesem Zusammenhang zu der Auffassung, dass ernstliche Zweifel an der Zulässigkeit der Rückgängigmachung des IAB bestehen. 

Es fehlt insoweit an einer eindeutigen gesetzlichen Regelung in § 3 Nr. 72 und § 7g EStG, wie aufgrund der eingeführten Steuerbefreiung mit noch nicht abgezogenen IAB zu verfahren ist. 

In der Steuerliteratur besteht ebenfalls keine eindeutige Auffassung, wie mit entsprechenden IAB umzugehen ist. Der BFH bejahte daher, dass ernstliche Zweifel an der Auffassung des FA bestehen, und gewährte somit die AdV.

Praxishinweis

Das Zusammenspiel zwischen der mit Wirkung zum 01.01.2022 eingeführten Steuerbefreiung in § 3 Nr. 72 EStG für Einkünfte aus bestimmten Photovoltaikanlagen und für entsprechende Anlagen geltend gemachte IAB ist noch nicht geklärt. 

Die Entscheidung des BFH in diesem AdV-Verfahren führt zwar zu keinem eindeutigen Ergebnis, zeigt jedoch, dass an der derzeit von der Finanzverwaltung vertretenen Auffassung ernstliche Zweifel bestehen. 

Betroffene Steuerpflichtige sollten sich daher gegen etwaige Entscheidungen des FA wehren und gegen entsprechende Änderungsbescheide Einspruch einlegen.

BFH, Beschl. v. 15.10.2024 - III B 24/24

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