Wann sind Kosten für Studium und Ausbildung absetzbar? Aufwendungen für die Erstausbildung sind ab dem Veranlagungszeitraum 2004 außerhalb eines Dienstverhältnisses nicht mehr als Werbungskosten abziehbar. Das hat der BFH im Fall eines Bachelorstudiums entschieden. Aufwendungen für ein anschließendes Masterstudium können demgegenüber als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht werden.
Mit dem Urteil vom 12.02.2020 (VI R 17/20) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass Kosten, die im Rahmen eines Erststudiums entstehen, ab dem Jahr 2004 nicht mehr als Werbungskosten abgezogen werden können. Damit folgt der BFH der Auffassung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG).
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin hat Aufwendungen, welche ihr im Rahmen ihres Erststudiums entstanden sind, als Werbungskosten geltend gemacht. Da sie in dem jeweiligen Jahr keine hohen Einkünfte erzielte, entstand durch den Abzug der Werbungskosten ein Verlustvortrag. Diesen wollte die Klägerin in die folgenden Veranlagungszeiträume vortragen und mit zukünftigen positiven Einnahmen verrechnen.
Der BFH war grundsätzlich der Auffassung, dass der Abzug als Werbungskosten möglich ist, und wollte der Klägerin folgen. Diesem stand jedoch der im Jahr 2004 eingeführte § 9 Abs. 6 EStG entgegen. Damit wurde ein Abzugsverbot für die Aufwendungen im Rahmen eines Erststudiums eingeführt.
Der BFH legte daher diese Frage dem BVerfG vor, welches jedoch durch § 9 Abs. 6 EStG keinen Verstoß des Leistungsfähigkeitsprinzips gem. Art. 3 Abs. 1 GG gegeben sah. Der BFH folgte daher der Auffassung des BVerfG und gab der Revision des Finanzamts statt.
Aufwendungen im Rahmen des Erststudiums als Sonderausgaben
Grundsätzlich stellen Aufwendungen, die im Rahmen eines Erststudiums entstehen, Werbungskosten gem. § 9 EStG für den jeweiligen Steuerpflichtigen dar und können, wenn sie in einer entsprechenden Höhe anfallen, auch als Verlustvortrag in die folgenden Zeiträume vorgetragen werden.
Seit der Einführung des § 9 Abs. 6 EStG können jedoch Aufwendungen, welche im Rahmen eines Studiums oder einer Berufsausbildung nur als Werbungskosten abgezogen werden, wenn der jeweilige Steuerpflichtige bereits vorher ein Erststudium abgeschlossen hat.
Das BVerfG sah hierin keinen Verstoß gegen das Leistungsfähigkeitsprinzip gem. Art. 3 Abs. 1 GG und erkannte die Vorschrift als verfassungsgemäß an.
Der BFH ist nun in seinem Urteil der Auffassung des BVerfG gefolgt und hat den Abzug der Aufwendungen als Werbungskosten im Rahmen des Erststudiums abgelehnt. Ein Abzug ist somit nur als Sonderausgabe gem. § 10 EStG möglich, was auch einen Verlustvortrag gem. § 10d EStG in die folgenden Veranlagungszeiträume ausschließt.
Dies gilt jedoch ausdrücklich nicht für Kosten, welche der Klägerin im Masterstudium entstanden sind. Da durch den Abschluss des Bachelorstudiums vorher eine Erstausbildung abgeschlossen wurde, sind diese Aufwendungen als Werbungskosten abziehbar.
Praxishinweis
Der BFH ist, wie zu erwarten war, der Auffassung des BVerfG gefolgt. Nach der Entscheidung des BVerfG haben einige Kläger ihre Klage zurückgezogen und sind so einem Urteil zuvorgekommen. Dies betraf u.a. auch die Pilotenausbildung, die ebenfalls vor Antritt eines Dienstverhältnisses abgeschlossen wird.
Steuerpflichtige sollten jedoch beachten, dass Kosten für ein Masterstudium als vorweggenommene Werbungskosten geltend gemacht und auch in zukünftige Veranlagungszeiträume vorgetragen werden können.
BFH, Urt. v. 12.02.2020 - VI R 17/20
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)