Welche Regeln gelten bei der Teilung einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) für die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer? Ist die Gegenleistung oder der Grundbesitzwert ausschlaggebend? Der BFH hat entschieden, dass nach Beginn der Auseinandersetzung kein Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage vorliegt und sich die Grunderwerbsteuer am Wert der Gegenleistung orientiert.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22.05.2019 entschieden, dass, wenn bei Beginn der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR der Erwerb aller Anteile an einer beteiligten Gesellschafter-GbR, welcher bereits Wohnungs- oder Teileigentum im Rahmen der Auseinandersetzung der grundbesitzenden GbR zugewiesen war, und zudem der Erwerber Wohnungs- oder Teileigentum erhält, ein grunderwerbsteuerbarer Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG vorliegt.
Ferner hat der BFH entschieden, dass sich in einem solchen Fall die Grunderwerbsteuer gem. § 8 Abs. 1 GrEStG nach dem Wert der Gegenleistung für den Erwerb der Anteile bemisst.
Sachlage im Streitfall
Der Steuerpflichtige war Gesellschafter einer GbR 1, die Eigentümerin eines mit einem Mehrfamilienhaus bebauten Grundstücks war. Weitere Gesellschafter der GbR 1 waren u.a. die GmbH 1 und die GmbH 2.
Im Rahmen der Auseinandersetzung zwischen dem Steuerpflichtigen und den beiden GmbHs wurde dem Steuerpflichtigen ein Miteigentumsanteil an einer Wohnung zugewiesen, an welchem die GmbH 1 und die GmbH 2 beteiligt waren. Für die Anteile zahlte der Steuerpflichtige ein entsprechendes Entgelt. Das zuständige Finanzamt setzte auf Basis des gezahlten Entgelts, also der Gegenleistung, die Grunderwerbsteuer fest.
Der Steuerpflichtige war jedoch der Auffassung, dass sich die Grunderwerbsteuer nicht nach dem Wert der Gegenleistung bemesse, sondern gem. § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 GrEStG nach den Grundbesitzwerten, da es sich bei dem Erwerb um einen Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage handle. Das Finanzgericht München bestätigte ebenso wie der später angerufene BFH die Sichtweise der Finanzverwaltung.
Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer
Grundsätzlich unterliegt der Grunderwerbsteuer gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG ein Kaufvertrag oder ein anderes Rechtsgeschäft, welches den Anspruch auf Übereignung begründet und sich auf ein inländisches Grundstück bezieht.
Bei der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR zum Zweck der Bildung von Wohnungs- oder Teileigentum unterliegt der Erwerb des Wohnungs- oder Teileigentums der Grunderwerbsteuer.
Dabei erhalten die Gesellschafter im Rahmen der Auseinandersetzung eine von den gesetzlichen Regelungen über die Auseinandersetzung abweichende Vereinbarung statt der Anteile am Liquidationserlös der GbR über das aufgeteilte Grundstück. Dieser Vorgang ist der grunderwerbsteuerrechtlich relevante steuerbare Erwerbsvorgang.
Allerdings kann dieser Vorgang gem. § 6 Abs. 2 oder § 7 Abs. 2 GrEStG von der Steuer befreit sein, soweit das den Gesellschaftern übertragene Wohnungs- oder Teileigentum rechnerisch deren Anteil am Gesamthandsvermögen entspricht und sofern die Gesellschafter mehr als fünf Jahre an der grundbesitzenden GbR beteiligt waren.
Erwirbt jedoch nach dem Beginn der Auseinandersetzung einer grundbesitzenden GbR ein Gesellschafter bzw. Miteigentümer oder ein Dritter alle Anteile an einer beteiligten Gesellschafter-GbR und erhält der Erwerber aufgrund einer geänderten oder neuen Teilungserklärung das der Gesellschafter-GbR zugewiesene Wohnungs- oder Teileigentum, ist ein grunderwerbsteuerbarer Rechtsvorgang nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gegeben.
Bemessungsgrundlage ist bei einem steuerpflichtigen Erwerb von Wohnungs- oder Teileigentum aufgrund eines geänderten oder neuen Auseinandersetzungs- und Teilungsvertrags der Wert der Gegenleistung für den Anteilserwerb.
Dabei hat der BFH klargestellt, dass eine Anwendung von § 8 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 Alt. 3 GrEStG ausscheide, da die Gesellschafterstellung eines Gesellschafters der grundbesitzenden GbR nicht vom GrEStG berührt oder verändert werde.
Praxishinweis
Der BFH hat mit diesem Urteil entschieden, dass nach Beginn der Auseinandersetzung kein Erwerbsvorgang auf gesellschaftsvertraglicher Grundlage vorliegt und sich die Grunderwerbsteuer dementsprechend am Wert der Gegenleistung orientiert. Steuerpflichtige sollten diese Rechtsprechung bei geplanten Umstrukturierungen bzw. Auseinandersetzungen berücksichtigen.
BFH, Urt. v. 22.05.2019 - II R 20/17
Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper