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Grunderwerbsteuer -

Greift die Grunderwerbsteuer bei Widerruf einer Schenkung?

Der BFH hat die Grundsätze zur Grunderwerbsteuerpflicht konkretisiert. Demnach gilt: Auch ein Widerruf kann ein steuerpflichtiges Rechtsgeschäft sein, wenn das Recht zum Widerruf in einem schuldrechtlichen Geschäft angelegt ist. Im Streitfall waren innerhalb einer Familie Gesellschaftsanteile verschenkt worden - wobei der Vertrag die Möglichkeit eines Widerrufs und der Rückübertragung vorsah.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 04.03.2020 (II R 2/17) seine Grundsätze im Zusammenhang mit der Grunderwerbsteuerpflicht eines Schenkungswiderrufs konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

An der A-GmbH & Co. KG war sowohl D zu 10% sowie seine beiden Söhne B und C zu jeweils 45 % beteiligt. Die A-GmbH & Co. KG war wiederum zu 25 % und D zu 75% als Kommanditist an der E-GmbH & Co. KG beteiligt. Die Kommanditbeteiligung an der A GmbH & Co. KG hatte D seinen Söhnen unter Vorbehalt eines lebenslangen Nießbrauchs der Anteile geschenkt.

In dem jeweiligen Schenkungsvertrag behielt sich D u.a. das Recht vor, die Schenkung jederzeit, ohne Angabe von Gründen, zu widerrufen und die Rückübertragung des jeweiligen Kommanditanteils an sich zu verlangen. Dieses Widerrufsrecht übte D aus und verlangte die Rückübertragung der Anteile. Dazu trat der jeweilige Sohn seinen Kommanditanteil an den D ab.

Anschließend veräußerte D 94,9 % der Kommanditbeteiligung an der A-GmbH & Co. KG an die F. Zudem veräußerte die A-GmbH & Co. KG 19,9 % ihrer Kommanditanteile an der E-GmbH & Co. KG an die F.

Nach einer Außenprüfung beurteilte das Finanzamt den ausgeübten Widerruf der Schenkung von Kommanditanteilen und die damit verbundene Vereinigung der Anteile an der A-GmbH & Co. KG als grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang in Bezug auf die grundbesitzende E-GmbH & Co. KG. Einspruch und Klage blieben erfolglos. Der BFH folgte dieser Auffassung.

Widerruf der Schenkung als grunderwerbsteuerpflichtiges Geschäft

Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG knüpft die Steuerpflicht an das Rechtsgeschäft und nicht an die tatsächliche Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand. Unter Rechtsgeschäft in diesem Sinne sind solche zu verstehen, die in einem schuldrechtlichen Geschäft angelegt sind.

Auch ein Widerruf kann dabei erfasst sein, wenn das Recht zum Widerruf in einem schuldrechtlichen Geschäft -z.B. einer vertraglichen Vereinbarung- angelegt ist. Der Widerruf als Gestaltungsgeschäft begründet zwar selbst kein Schuldverhältnis, ändert aber den Inhalt eines bereits bestehenden Schuldverhältnisses.

Das Recht zum Widerruf war vorliegend bereits im Schenkungsvertrag vereinbart und wurde im Schenkungswiderruf- und Übertragungsvertrag ausgeübt. Die Ausübung des im ursprünglichen Schenkungsvertrag vorbehaltenen Widerrufs der Schenkung der Kommanditanteile an der A-GmbH & Co. KG durch den D führte zur Rückübertragung der geschenkten Anteile an der A-GmbH & Co. KG in Höhe von insgesamt 90 %.

Aufgrund der Beteiligung der A-GmbH & Co. KG von 25 % an der grundbesitzenden E-GmbH & Co. KG waren D mit dem Widerruf der Schenkung mittelbar Anteile von 22,5 % (= 90 % von 25 %) an der E-GmbH & Co. KG zuzurechnen. Daneben war D bereits vor dem Widerruf der Schenkung selbst zu 77,5 % an der grundbesitzenden E-GmbH & Co. KG beteiligt, und zwar unmittelbar in Höhe von 75 % und mittelbar über seine Beteiligung von 10 % an der A-GmbH & Co. KG- in Höhe von 2,5 % (= 10 % von 25 %).

Die Steuerbarkeit wird nach Auffassung des BFH auch nicht dadurch ausgeschlossen, dass D für die Dauer des vorbehaltenen Nießbrauchs an den Kommanditanteilen der A-GmbH & Co. KG unwiderruflich bevollmächtigt war, die Stimm- und Verwaltungsrechte für diese Anteile auszuüben und die Anteile seiner Söhne D vor dem Widerruf der Schenkungen noch nicht zugerechnet wurden.

Die unwiderrufliche Bevollmächtigung zur Ausübung der Stimm- und Verwaltungsrechte für diese Anteile reicht für eine grunderwerbsteuerrechtliche Zurechnung nicht aus.

Steuerbarkeit nach § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG

Entgegen der Auffassung des Klägers scheidet eine Steuerbarkeit gem. § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG ebenfalls nicht deshalb aus, weil alle Anteile an der A-GmbH & Co. KG bereits im Jahr 2003 gem. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG a.F. in seiner Hand vereinigt gewesen wären. Seine Söhne waren keine abhängigen Personen i.S.d. § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG a.F.

Denn nach dieser Vorschrift gelten als abhängige Gesellschaften u.a. auch natürliche Personen, soweit sie einzeln oder zusammengeschlossen in einem Unternehmen so eingegliedert sind, dass sie den Weisungen des Unternehmers in Bezug auf die Anteile verpflichtet sind zu folgen.

Eine solche Verpflichtung zur Herausgabe der Anteile liegt in der Regel vor, wenn zivilrechtlich zwischen dem Unternehmer und der natürlichen Person ein unentgeltlicher Auftrag (gem. § 662 BGB) oder ein entgeltlicher Geschäftsbesorgungsvertrag (gem. § 675 BGB) besteht.

Sollte hingegen keine Verpflichtung zur Herausgabe der Anteile bestehen, so liegt keine Weisungsgebundenheit der natürlichen Person vor. Vor diesem Hintergrund gelten B und C jedenfalls nicht als abhängige Personen.

Solange D die Schenkungen nicht widerrufen hatte, bestand kein Herausgabeanspruch in Bezug auf die Kommanditanteile gegenüber den Söhnen. Die bloße Möglichkeit, die Schenkung zu widerrufen und die Abtretung der Kommanditanteile an sich zu verlangen, begründete keinen Herausgabeanspruch.

Ebenso wenig genügt für eine Weisungsgebundenheit, dass D sich den lebenslangen Nießbrauch an den Kommanditanteilen vorbehalten hatte und von B sowie C für die Dauer des Nießbrauchs unwiderruflich bevollmächtigt war, die Stimm- und Verwaltungsrechte auszuüben. Eine solche unwiderrufliche Bevollmächtigung begründet keinen Herausgabeanspruch in Bezug auf die Kommanditanteile.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung für Klarheit gesorgt:

  • Gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG knüpft die Steuerpflicht an ein Rechtsgeschäft und nicht an die tatsächliche Vereinigung der Gesellschaftsanteile in einer Hand an.
  • Ein Widerruf kann ein solches Rechtsgeschäft darstellen, wenn das Recht zum Widerruf in einem schuldrechtlichen Geschäft angelegt ist.

Die Ausführungen des BFH zur Regelung des § 1 Abs. 4 Nr. 2 Buchst. a GrEStG a. F. wirken zwar auch klarstellend, dürften aber allenfalls für Altfälle von Bedeutung sein, da diese Vorschrift inzwischen nicht mehr gilt.

BFH, Urt. v. 04.03.2020 - II R 2/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht