Welche Grundsätze gelten bei Produktionsverlagerungen ins Ausland für die sog. Einkünftekorrektur? Nach dem BFH tritt § 1 AStG hinter anderen Einkünftekorrekturvorschriften zurück und ist nur soweit einschlägig, als die andere Norm geringfügigere Berichtigungen vorsieht. Dabei ging der BFH auf den Fremdvergleich ein, aus dem sich die Verrechnungspreise zwischen verbundenen Unternehmen ergeben.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 09.08.2023 (I R 54/19) seine Grundsätze zur Korrektur von Einkünften bei Funktionsverlagerungen ins Ausland weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die A-GmbH (A) entwickelt, produziert und vertreibt Produkte auf dem Gebiet der Trenn- und Zerspantechnik.
Der Gesellschafter-Geschäftsführer der A gründete als Alleingesellschafter in der Föderation von Bosnien und Herzegowina die C-D.o.o. (C), eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Geschäftsführer er wurde.
C ist ausschließlich auf dem Gebiet der Trenn-, Schleif- und Zerspantechnik (Drehen/Fräsen) tätig und stellt auch Fertig- und Halbfertigprodukte her.
Die A belieferte C mit dem zur Produktion benötigten Material und erhielt als Gegenleistung ihre Einstandspreise ohne Verrechnung von Gewinnzuschlägen. Die C verkaufte die Produkte anschließend an die A.
Die Verrechnungspreise für die von der A gekauften Produkte wurden anhand einer „Deckungsbeitragsrechnung“ ermittelt. Neben den Umsätzen mit der A erbrachte C auch Leistungen an P, einen früheren Kunden der A. Einen eigenen Vertrieb hatte C in den Streitjahren jedoch nicht.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob die zwischen der A und der C vereinbarten Preise marktüblich sind. Das Finanzgericht (FG) gab der Klage lediglich teilweise statt. Der BFH folgte diesen Ansichten nicht und hob die Entscheidung des FG daher auf.
Entscheidung im Besprechungsfall
Der BFH geht wie das FG wegen der Höhe der von der A bezahlten Preise für den Erwerb der von C bearbeiteten Produkte anhand eines Fremdvergleichs von einer verdeckten Gewinnausschüttung (vGA) aus.
Der Anwendungsbereich einer vGA ist nach Ansicht des BFH nicht deswegen ausgeschlossen, dass auch der Tatbestand der Einkünftekorrekturvorschrift des § 1 Abs. 1 AStG einschlägig ist.
Denn § 1 Abs. 1 AStG tritt gegenüber anderen Einkünftekorrekturvorschriften (hier: § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG) grundsätzlich zurück und kommt nur dann (subsidiär) zur Anwendung, wenn die andere Norm Berichtigungen nur in einem geringeren Umfang zulässt.
Das FG hat mit der Kostenaufschlagsmethode einen Fremdvergleich vorgenommen und einen Gewinnaufschlag von 17 % für angemessen gehalten. Da die Höhe des Gewinnaufschlags für den BFH nicht nachvollziehbar war, hob er das Urteil jedoch auf und verwies es zur erneuten Entscheidung an das FG zurück.
In diesem Zusammenhang weist der BFH darauf hin, dass das FG die gewählte Methode für die Ermittlung der vGA überprüfen muss und zu ermitteln hat, ob ein fremder Dritter ein Entgelt für die Übertragung der Kundenbeziehung zu P verlangt hat, da auch darin eine vGA liegen kann.
Bezüglich der Materiallieferungen der A geht der BFH wie das FG von einer vGA i.H.v. 5 % aus. Weil die Klägerin das Material an C zu ihren Einkaufspreisen verkauft hat, verlangt der Fremdvergleich, dass eine Marge auf den Wert der eingekauften Materialien anzusetzen ist.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung seine Grundsätze für die Anwendung des § 1 AStG zu anderen Korrekturvorschriften wie folgt konkretisiert:
§ 1 Abs. 1 AStG tritt gegenüber anderen Einkünftekorrekturvorschriften grundsätzlich zurück und kommt nur dann und insoweit zur Anwendung, als die andere Norm in geringerem Umfang Einkünftekorrekturen anordnet.
Eine Gesamtbetrachtung einzelner Geschäftsvorfälle ist möglich, wenn eine Trennung der Vorgänge dem wirtschaftlichen Gehalt des Geschehens nicht gerecht würde. Der Einbezug von Plankosten ist am ehesten geeignet, der bei der Ermittlung von Verrechnungspreisen anzuwendenden sogenannten ex-ante-Betrachtung Rechnung zu tragen.
Zur Berücksichtigung von Standortvorteilen ist zunächst der Umfang der Standortvorteile zu bestimmen und anhand der jeweiligen Funktionen, Risiken, eingesetzten Wirtschaftsgüter und realistisch verfügbaren Handlungsalternativen eine Aufteilung vorzunehmen.
BFH, Urt. v. 09.08.2023 - I R 54/19