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Körperschaftsteuer -

Organschaft: Grenzüberschreitende Verlustverrechnung?

Wann können Verluste einer ausländischen Tochtergesellschaft bei einer inländischen Muttergesellschaft verrechnet werden? Nach dem BFH muss für die grenzüberschreitende Verlustverrechnung die Organschaft vorher faktisch „gelebt“ worden sein, indem die Muttergesellschaft die Verluste nach nationalen Vorgaben tatsächlich getragen hat. Hintergrund war eine deutsch-französische Unternehmensverbindung.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner Entscheidung vom 09.08.2023 (I R 26/19) seine Grundsätze für die grenzüberschreitende Verlustverrechnung konkretisiert.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die deutsche K-GmbH (K) war alleinige Gesellschafterin einer französischen S.à.r.l. (A), die seit Jahren und auch im Streitjahr Verluste erzielte. 

Im Streitjahr wurde die Auflösung der A ohne Liquidation durch Übertragung ihres Vermögens als Ganzes auf die K im Wege eines Umwandlungsvorgangs nach französischem Recht beschlossen und entsprechend die A im französischen Handelsregister gelöscht. 

Die K hatte A bis zur tatsächlichen Einstellung des aktiven Geschäftsbetriebs mit Waren beliefert, ohne für die damit im Zusammenhang stehenden Forderungen Beitreibungsmaßnahmen zu ergreifen, obwohl A keine Zahlungen leistete. 

Allerdings nahm K Wertberichtigungen auf die Forderungen vor und belieferte die A weiterhin. 

Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob eine Verlustverrechnung möglich ist. Das Finanzgericht wies die Klage ab. Die Revision der Klägerin hatte auch vor dem BFH keinen Erfolg.

Entscheidung im Besprechungsfall

Die Berücksichtigung der Verluste einer Tochtergesellschaft auf der Ebene der Muttergesellschaft setzt ein zwischen beiden Unternehmen bestehendes Organschaftsverhältnis voraus. 

Dafür ist u.a. eine wirksame Verpflichtung zur Gewinnabführung an ein anderes Unternehmen und eine Vereinbarung über eine Verlustübernahme entsprechend den Vorschriften des § 302 AktG Voraussetzung. Zwischen K und A wurde jedoch keine Vereinbarung über eine Ergebnisabführung abgeschlossen. 

Nach Ansicht des BFH ist dies aber eine Mindestvoraussetzung für die Verlustverrechnung. Die gegenteilige Ansicht würde zu einer voraussetzungslosen Abzugsfähigkeit „finaler Verluste über die Grenze“ führen. 

Der Abzug wäre dann selbst bei einer nur „nachträglichen“ Entscheidung für eine Organschaftsbesteuerung mit Verlustverrechnung im Anschluss an die Beendigung der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft möglich, wofür es aber nach nationalem Recht keine Grundlage gibt und was auch aus unionsrechtlichen Gründen nicht geboten ist.

Der BFH hält es aus den genannten Gründen für ausgeschlossen, dass Unternehmen eines grenzüberschreitenden Verbunds unter Berufung auf die unionsrechtlichen Grundfreiheiten nachträglich einzelne für sie vorteilhafte Elemente der Organschaftsbesteuerung (hier: Verlustverrechnung) für sich in Anspruch nehmen können, ohne dass sie im relevanten Zeitraum zumindest den Willen bekundet haben, eine Organschaft bilden zu wollen, und ohne dass sie zumindest versucht haben, die für die steuerliche Anerkennung der Organschaft im Inlandsfall erforderlichen Voraussetzungen tatsächlich zu schaffen. 

Eine Vorlage an den EuGH hält der BFH für nicht erforderlich, weil es zu keiner Verlustverrechnung gekommen ist.

Praxishinweis

Der BFH hat seine Grundsätze zur grenzüberschreitenden Verlustverrechnung folgendermaßen konkretisiert: 

Eine grenzüberschreitende Verrechnung von Verlusten einer ausländischen Tochtergesellschaft bei der inländischen Muttergesellschaft setzt voraus, dass die „Organschaft“ zuvor dergestalt faktisch „gelebt“ wurde, dass die von der Tochtergesellschaft erwirtschafteten Verluste von der Muttergesellschaft nach den Vorgaben der anzuwendenden nationalen Regelungen tatsächlich getragen worden sind.

BFH, Urt. v. 09.08.2023 - I R 26/19

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