Tauschähnlicher Umsatz oder unentgeltliche Wertabgabe? Diese Frage kann sich für die Bemessungsgrundlage der Umsatzsteuer bei privater Nutzung von Firmenwagen durch Gesellschafter-Geschäftsführer stellen. Nach einem aktuellen BFH-Urteil muss die steuerliche Unterscheidung im Einzelfall geprüft werden. Zur Vereinfachung kann eine Schätzung vorgenommen bzw. die 1%-Regelung angewendet werden.
Der BFH hatte in seinem Urteil vom 05.06.2014 über einen Fall zu entscheiden, bei dem eine Montage-GmbH ihrem Gesellschafter-Geschäftsführer arbeitsvertraglich die private Nutzung eines Mittelklasse-Pkw eingeräumt hatte. Die GmbH versteuerte hierfür einen geldwerten Vorteil.
Nach einer Betriebsprüfung der GmbH erhöhte das Finanzamt diesen Sachbezug nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG um den Vorteil, den der Geschäftsführer für kostenlose Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte hatte. Gegen diese Erhöhung ging der Kläger mit Einspruch und Klage vor.
Er war der Auffassung, dass er als Leiter einer Montagegruppe Anspruch auf einen Kleintransporter habe. Das Finanzgericht war der Meinung, es komme bei der privaten Pkw-Nutzung nicht auf die Nutzung eines bestimmten Kfz-Typs an. Entscheidend sei vielmehr die Nutzung von Betriebsfahrzeugen für die Heimfahrten.
Ist die private Nutzung als Entgelt zu bewerten?
Der BFH gab dem Geschäftsführer recht und hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Das Finanzgericht habe nicht ohne weitere Feststellungen davon ausgehen können, dass die Nutzung als Entgelt für Arbeitsleistungen des Klägers umsatzsteuerpflichtig sei, denn die Nutzung könne eventuell auch auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhen. Zumindest könne ein Teil dieser Arbeitsleistung Entgelt für die Nutzungsüberlassung sein. Die Nutzungsüberlassung ist dann der eigentliche Umsatz.
Wie sind Sachzuwendungen zu qualifizieren?
Sachzuwendungen des Arbeitgebers an Arbeitnehmer sind Umsatz nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG, wenn diese Leistungen auf eine vereinbarte oder übliche Arbeitsleistung des Arbeitnehmers abzielen, die vom Barlohn nicht abgegolten werden.
Finanztechnisch wird dies tauschähnlicher Umsatz (§ 3 Abs. 12 S. 2 UStG) genannt und jede Leistung hat ihre Gegenleistung (Entgelt). Ein Teil der Arbeitsleistung des Gesellschafter-Geschäftsführers ist also Entgelt für eine sonstige Leistung (= Nutzungsüberlassung des Pkw).
Die Arbeitsleistung ist jedoch nicht immer ein Entgelt für die Überlassung des Pkw, selbst wenn sie auf einem Dienstverhältnis beruht. Das Fehlen einer direkten Barlohnzahlung kann auch nicht in jedem Fall durch die Nutzungsüberlassung wieder als Sachzuwendung dem Arbeitnehmer zugerechnet werden, weil der Sachbezug noch weitere Voraussetzungen hat.
Nach § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG wird die unentgeltliche Nutzung eines Unternehmensgegenstands einer sonstigen Leistung (als Entgelt) gleichgestellt, wenn die auf dem Gegenstand ruhende Vorsteuer vom Unternehmen ganz oder teilweise abgezogen wurde.
Diese Entscheidung bestätigt die bisherige Rechtsprechung, wonach eine umsatzsteuerpflichtige Wertabgabe dann vorliegt, wenn der Gesellschafter-Geschäftsführer einen Firmenwagen nutzen darf, ohne hierfür eine Gegenleistung zu erbringen.
Abgrenzung: Lohnsteuerpflichtiger Sachbezug und umsatzsteuerpflichtige Wertabgabe
Ein Anhaltspunkt für künftige Abgrenzungen, ob lohnsteuerpflichtiger Sachbezug oder umsatzsteuerpflichtige Wertabgabe als gesellschaftsrechtliche Leistung vorliegt, kann der Wert des tatsächlich überlassenen Pkw sein. Wurde beispielsweise arbeitsvertraglich ein Mittelklasse-Wagen vereinbart, aber eine höhere Autoklasse tatsächlich genutzt, ist der höhere Wert eine auf dem Gesellschaftsverhältnis beruhende Leistung.
Wenn der Pkw-Überlassung als Entgelt eine anteilige Arbeitsleistung entgegensteht, liegt ein tauschähnlicher Umsatz vor mit den entsprechenden Bemessungsgrundlagen nach § 10 Abs. 4 S. 2 UStG. Der Wert der Leistung ist die Bemessungsgrundlage für den Wert der Gegenleistung. Der Wert der Pkw-Nutzung kann dabei anhand der Kosten bzw. Ausgaben für diesen Pkw geschätzt werden.
Ist die Pkw-Überlassung jedoch als unentgeltliche Wertabgabe i.S.d. § 3 Abs. 9a Nr. 1 UStG anzusehen, sind als Bemessungsgrundlage die Kosten anzusetzen. Diese Ausgaben müssen zum vollen oder teilweisen Vorsteuerabzug berechtigt haben.
In beiden Fällen kann aus Vereinfachungsgründen die Bemessungsgrundlage nach lohn- oder ertragssteuerrechtlichen Werten geschätzt werden.
Praxishinweis
Der BFH gibt den Steuerberatern wertvolle Handreichungen. In diesem Urteil verweist er auf das Schreiben des BMF vom 05.06.2014 und lässt eine weitere Vereinfachung zu: Bei den Nutzungsfällen kann die sog. 1-%-Regelung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG angewendet werden, die für den insoweit nicht zu versteuernden Wert der nicht mit Vorsteuer belasteten Kosten - wie AfA , Versicherungen, Kfz-Steuer - einen Abzug von 20 % zugelassen. Diese modifizierte 1-%-Regelung hat den Vorteil, dass der konkrete Umfang der Nutzung (mit oder ohne Heimfahrten) nicht mehr zu ermitteln wäre.
BFH, Urt. v. 05.06.2014 - XI R 2/12
BMF-Schreiben v. 05.06.2014 - IV D 2-S 7300/07/10002:01, BStBl 2014 I, 896
Quelle: Rechtsanwalt und Dipl.-Finanzwirt Horst Schirrmann