Wann sind Versicherungsleistungen - etwa die Auszahlungen einer Gebäudefeuerversicherung - als Einnahmen anzurechnen, wenn zuvor Absetzungen für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) geltend gemacht wurden? Im Fall einer Feuerversicherung mit einer Neuwertklausel hat der BFH entschieden, dass solche Leistungen als (nachträgliche) Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung behandelt werden können.
2007 wurde ein Steuerpflichtiger zusammen mit seiner Ehefrau mit Einkünften aus Vermietung und Verpachtung zur Einkommensteuer veranlagt. Diese steuerpflichtigen Einnahmen bezog der Ehemann auch aus einem 60%igen Vorbehaltsnießbrauch, den er 2003 bei einer vorweggenommenen Erbregelung für ein vormals in seinem Alleineigentum befindliches vermietetes Gebäude behielt.
Dieser Anteil an der Immobilie wurde dabei auf die Ehefrau und die vier Kinder übertragen. Das Gebäude wurde 2006 durch einen Brand völlig vernichtet. Der Nießbrauchinhaber nahm daraufhin in Höhe des restlichen Gebäudebuchwerts eine Absetzung für außergewöhnliche Abnutzung (AfaA) mit 343.000 € in Anspruch. Das Finanzamt erkannte die Abschreibung in voller Höhe an.
Die Neuwert-Feuerversicherung zahlte 2007 für die Gebäudeherstellungskosten 1,2 Mio. €, für die Instandsetzung des Gebäudes (einschließlich Aufräumkosten) 61.000 € und für Mietausfall 168.000 €, wovon bis Juli 2007 600.000 € ausgezahlt wurden. Der Ehemann verstarb im Juli 2007 und wurde von seiner Ehefrau und seinen vier Kindern beerbt. Nach seinem Tod waren die Witwe zu 36 % und die Kinder zu insgesamt 64 % Miteigentümer des Grundstücks.
In der Einkommensteuererklärung 2007 behandelte die Witwe die Versicherungsleistungen nur in Höhe der Entschädigung für den Mietausfall als Einnahme. Darüber hinaus erhöhte das Finanzamt dem mitveranlagten Verstorbenen die Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung um die Versicherungsentschädigung für erlittene Kosten (=Werbungskosten), also dem in 2006 geltend gemachten Abschreibungsbetrag.
Argumentation des BFH
Nach Auffassung des BFH gehören die Entschädigungszahlungen einer Feuerversicherung bei einem im Privatvermögen gehaltenen vermieteten Grundstück grundsätzlich nicht zu den Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung, denn sie sind nicht für die Nutzungsüberlassung, sondern für den Schaden auf der Vermögensebene geleistet worden. Es sind jedoch dann Einnahmen anzunehmen, wenn die Leistungen der Versicherung den Zweck haben, Werbungskosten (etwa AfaA) zu ersetzen.
Zurechnung von Einnahmen
Einnahmen sind gem. § 8 Abs. 1 EStG dann dem Steuerpflichtigen zuzurechnen, wenn sie ihm im Rahmen einer Einkunftsart des § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 bis 7 EStG zufließen. Zu den Einkünften aus Vermietung und Verpachtung gehören nicht nur die für die Überlassung eines Gegenstands gezahlten Miet- oder Pachtzinsen, sondern alle sonstigen Einnahmen, die in einem objektiven wirtschaftlichen oder tatsächlichen Zusammenhang mit der Einkunftsart stehen. Für eine Mitveranlassung ist in diesen Zusammenhang ausreichend, dass das auslösende Moment des erhaltenen Vorteils in signifikantem Ausmaß der Erwerbssphäre der Vermietung und Verpachtung zuzuordnen ist.
Laut Meinung des BFH sind daher Leistungen einer Gebäudefeuerversicherung für Schäden an vermieteten Immobilien steuerlich als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung wirksam. Dies gilt für Zahlungen, die einen entstandenen Sachschaden durch Brand ausgleichen sollen, der bereits als AfaA steuerlich wirksam geworden ist. Der durch den Brand entstandene und als AfaA steuerlich berücksichtigte Aufwand wird bei wirtschaftlicher Betrachtung durch die Leistungen der Versicherung neutralisiert. Die Neutralisierung ist bei demjenigen zu erfassen, bei dem sie sich zuvor steuerlich ausgewirkt hat.
Der BFH weist in diesem konkreten Fall noch auf Folgendes hin:
- Der Anspruch auf die Versicherungsleistungen steht im Zweifel nach § 43 Abs. 3 VVG dem Versicherungsnehmer zu. Hierbei ist zu bedenken, dass der Ehemann vor seinem Tod ja noch zu 40 % Miteigentümer des Gebäudes war und die Versicherungsleistungen entweder an ihn als Miteigentümer oder als 60%igen Vorbehaltsnießbraucher gegangen sein könnten.
- Aufgrund dieser Miteigentums- und Nießbrauchsverquickung ist dem Ehemann nur ein Anteil der Versicherungsleistungen zuzurechnen.
- Keinesfalls können die Versicherungsleistungen der Ehefrau zugerechnet werden, weil nicht sie, sondern der Ehemann die Sonder-AfA in 2006 geltend gemacht hatte. Auch die im Rahmen der Zusammenveranlagung erfolgte Auswirkung bei beiden Eheleuten führt zu keiner Zurechnung von Ausgaben und Einnahmen. Die Ermittlung der Einkünfte und ihre persönliche Zurechnung gehen der Zusammenveranlagung voraus.
Praxishinweis
Leistungen der Gebäudefeuerversicherung sind als Einnahmen zu erfassen. Dabei dürfen die Steuerpflichtigen bzw. deren Berater die genaue persönliche Zurechnung nicht deshalb außer Acht lassen, weil bei einer Zusammenveranlagung der Eheleute sowieso die Einkünfte zusammengefasst werden. Die Versicherungsleistungen sind steuerlich vielmehr demjenigen persönlich zuzurechnen, bei dem sie sich zuvor als Aufwand steuerlich ausgewirkt haben.
BFH, Urt. v. 02.12.2014 - IX R 1/14
Quelle: RA und Dipl.-Finanzwirt (FH) Horst Schirrmann