Welche Folgen haben Änderungen laufender Lebensversicherungen? Der BFH hat entschieden, dass nachträgliche Änderungen von Verträgen - etwa bei der Laufzeit - ertragsteuerlich zu einem neuen Vertrag führen können. Soweit von einem neuen Vertrag ausgegangen wird, kann eine Steuerfreiheit von Zinserträgen ausscheiden. Wird ein späterer Fälligkeitszeitpunkt vereinbart, verschiebt sich der Zinszufluss.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 27.06.2016 entschieden, dass Zinsen aus einer Lebensversicherung auch nach Änderung des Vertrags mit Festlegung eines späteren Fälligkeitszeitpunkts erst bei Fälligkeit beim Steuerpflichtigen zufließen. Darüber hinaus führte der BFH aus, dass Änderungen von wesentlichen Vertragsbestandteilen ertragsteuerlich zur Annahme eines neuen Vertrags führen.
Aktueller Fall
Im konkreten Fall schlossen die Steuerpflichtigen eine Bankdarlehentilgungsversicherung bei einer Lebensversicherung ab. Nach einer Außenprüfung wurde der Vertrag mit dem Ziel angepasst, einen steuerfreien Lebensversicherungsvertrag zu erhalten. Das zuständige Finanzamt setzte für die Laufzeit bis zum Änderungsvertrag zunächst laufende Erträge fest, welche im Rahmen des Einspruchsverfahrens wieder aufgehoben wurden. Mit Ablauf des geänderten Lebensversicherungsvertrags setzte das Finanzamt gemäß der Zinsbescheinigung der Lebensversicherung Zinserträge fest. Nach erfolglosem Einspruch und anschließender Klage bestätigte das Hessische Finanzgericht die Sichtweise des Finanzamts. Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück.
Altverträge sind steuerfrei
Das BMF hatte bereits im Jahr 2005 klargestellt, dass Auszahlungen aus einer laufenden Kapitallebensversicherung steuerfrei sein können, wenn diese bis zum 31.12.2004 (Altvertrag) abgeschlossen wurde. Unter der Voraussetzung, dass mindestens ein Beitrag vor dem 01.04.2005 eingezahlt wurde, ist die Einmalkapitalauszahlung am Laufzeitende unter den Voraussetzungen des § 20 Abs. 1 Nr. 6 EStG 2004 einkommensteuerfrei:
- Die Vertragsdauer hat mindestens zwölf Jahre betragen (auch bei Rückkauf).
- In mindestens fünf aufeinanderfolgenden Jahren sind Beiträge gezahlt worden.
- Der Todesfallschutz umfasst mindestens 60 % der Beitragssumme (nicht bei Rentenversicherungen).
- Die Police wurde nicht steuerschädlich zur Absicherung eines Darlehens eingesetzt (§ 10 Abs. 2 Satz 2 EStG 2004).
Bei gravierenden Änderungen liegt ein Neuvertrag vor
Der BFH ist der Auffassung, dass aus ertragsteuerlicher Sicht ein neuer Vertrag vorliegt, wenn Laufzeit, Versicherungssumme, Versicherungsprämie und Prämienzahlungsdauer eines Lebensversicherungsvertrags vor Ablauf der Versicherungslaufzeit geändert werden. Dies gilt jedoch nicht, wenn eine Vertragsänderung von vornherein vertraglich vereinbart war oder einem Vertragspartner bereits im ursprünglichen Vertrag eine Option auf eine Änderung der Vertragsbestandteile eingeräumt worden ist.
Eine spätere Änderung des Vertrags vor Fälligkeit der vertragsgemäß geschuldeten Versicherungsleistung unter Vereinbarung eines späteren einheitlichen Fälligkeitszeitpunkts führt beim Steuerpflichtigen erst bei Zahlungspflicht des Versicherungsunternehmens zu Zinseinahmen.
Dabei erfolgt der Zufluss der Zinsen erst mit der veranlassten Auszahlung und dem tatsächlichen Eingang der Zahlung beim Versicherungsnehmer.
Ferner kann auch in einer Schuldumwandlung oder Novation eine Verfügung des Gläubigers gesehen werden. Dabei muss jedoch im Einzelfall gewürdigt werden, ob der Steuerpflichtige tatsächlich die wirtschaftliche Verfügungsmacht erlangt hat oder ob die Schuldumwandlung im überwiegenden Interesse des Gläubigers stand.
Praxishinweis
Der BFH hat mit diesem Urteil entschieden, dass auch eine Änderung von Lebensversicherungsverträgen nicht sofort zum Zufluss von Kapitalerträgen führt, sondern sowohl gleichermaßen für Alt- und Neuvertrag der Fälligkeitstermin der Neuvereinbarung für den Zeitpunkt des Zuflusses gilt. Steuerpflichtige sollten jedoch beachten, dass dann bei einem Neuvertrag die zwölfjährige Frist für die Steuerfreiheit von Altverträgen wieder neu anläuft. Ebenfalls sollten die weiteren Anforderungen des BMF-Schreibens eingehalten werden.
BFH, Urt. v. 27.09.2016 - VIII R 66/13
BMF-Schreiben v. 22.12.2005 - IV C 1 - S 2252 - 343/05, BStBl 2006 I 92
Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper