Bei der steuerlichen Bewertung von Vorratsvermögen können insbesondere Kaufleute gemäß § 6 Absatz 1 Nummer 2a EStG die sog. Lifo-Methode („last in - first out“) nutzen. Zu diesem seit längerem anerkannten vereinfachten Bewertungsverfahren hat das BMF jetzt ein Schreiben veröffentlicht. Die Verwaltungsvorgaben erläutern die Anwendbarkeit dieser Methode für die verschiedenen Waren und Erzeugnisse.
Bei einer Einzelbewertung müssen für alle Gegenstände die jeweiligen historischen Anschaffungspreise ermittelt werden. Das wäre etwa bei Vermischung von Flüssigvorräten wie etwa von Treibstoffen nur mit einem unvertretbaren Aufwand möglich. Deshalb ist in gewissen Fällen die Lifo-Methode („last in-first out“) anzuwenden: Für die angeschafften oder hergestellten Vermögensgegenstände wird hier unterstellt, dass die zuletzt angeschafften oder hergestellten „neuen“ Wirtschaftsgüter zuerst verkauft werden. Für die zum Jahresende jeweils vorhandenen Waren wird vermutet, dass dies hauptsächlich ältere Bestände sind.
Warum hat sich das BMF so lange Zeit gelassen?
Diese handelsrechtliche Vereinfachungsregelung fügte der steuerliche Gesetzgeber bereits 1988 in den „neuen“ § 6 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a EStG ein (Steuerreformgesetz 1990 vom 25.07.1988, BGBl 1988 I 1093) und hat dadurch die Lifo-Methode erstmals gesetzlich zugelassen. Hiermit sollten steuerlich verbindliche Mindestwerte eingesetzt werden, um dadurch die bilanzielle Unterbewertung und damit verbundene Scheingewinne zu vermeiden.
Aber erst 25 Jahre nach der Einführung dieser steuergesetzlichen Vereinfachungsregelung geht das BMF näher darauf ein und erläutert die einzelnen Voraussetzungen des § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG. Damit wird diese Vergünstigung nun auch steuerrechtlich dichter abgesichert.
Wirtschaftsgüter des Vorratsvermögens
Nur für Roh-, Hilfs- und Betriebsstoffe, unfertige Erzeugnisse, fertige Erzeugnisse und Waren gem. § 266 Abs. 2 Buchst. B I HGB darf die Lifo-Methode angewendet werden.
Grundsätze ordnungsmäßiger Buchführung
Ferner muss die tatsächliche Anwendung der Lifo-Methode den handelsrechtlichen Grundsätzen ordnungsmäßiger Buchführung (GoB) entsprechen. Dies ist z.B. dann gegeben, wenn die am Schluss des Wirtschaftsjahres vorhandenen Wirtschaftsgüter mengenmäßig vollständig erfasst sind und dies - gemessen an betriebsindividuellen Verhältnissen - wirklich zu einer Vereinfachung bei der Bewertung des Vorratsvermögens führt.
Deshalb gibt es beispielsweise keine Lifo-Methode bei leicht verderblichen Waren wie z.B. Früchten, da sonst unterstellt werden müsste, dass zum Bewertungsstichtag nur noch altes Obst vorhanden wäre. Nur wenn die Haltbarkeit der verderblichen Vorräte mindestens ein Jahr beträgt bzw. durch Be- und Verarbeitung auf diese Zeitspanne verlängert werden kann, kann auch bei diesen Waren die Lifo-Methode zur Anwendung kommen.
Bewertung muss nach den Lifo-Regeln erfolgen
Es können also nur gleichartige Wirtschaftsgüter zu einer Bewertungsgruppe zusammengefasst werden. Wirtschaftsgüter sind dann gleichartig, wenn es sich um eine gleiche oder funktionsgleiche Warengattung handelt. Wenn erhebliche Qualitätsunterschiede vorliegen ist dies z.B. nicht gegeben. Bemerkenswerterweise lässt das BMF die Lifo-Methode sogar bei der Bewertung der Materialbestandteile unfertiger oder fertiger Erzeugnisse zu.
Die Lifo-Methode muss nicht mit der tatsächlichen Verbrauchs- oder Veräußerungsfolge übereinstimmen, wie sie in besonderen ordnungsrechtlichen Vorschriften (z.B. im Lebensmittelrecht) oder Zertifizierungs-Verfahren vorgegeben werden.
Handelsware
Die Lifo-Methode ist aber dann unzulässig, wenn es z.B. mittels im Betrieb eingesetzter moderner EDV-Lager-Systeme möglich ist, die individuellen (historischen) Anschaffungskosten der Handelsware zu ermitteln. Die pauschale Bewertungserfassung bleibt jedoch zulässig, wenn die eingesetzten elektronischen Systeme speziell für diese historische Bewertung nur mit weiterem Aufwand oder zusätzlichen Programmierungs- oder Implementierungsschritten bei der elektronischen Datenverarbeitung angepasst werden müssen.
Ver- oder bearbeitete Erzeugnisse
Die Lifo-Methode darf auch für ver- oder bearbeitete Erzeugnisse eingesetzt werden, wenn die individuellen betrieblichen Gemeinkosten in die Bewertung mit eingearbeitet werden.
Anwendbarkeit und Wahlrecht bei verschiedenen Abschlüssen
Bei der Lifo-Methode nach § 6 Abs. 1 Nr. 2a EStG handelt es sich um ein eigenständiges Wahlrecht, dass auch unabhängig von der Bewertung im HGB- oder IFRS-Abschluss (International Financial Reporting Standards) ausgeübt werden kann.
Die vorgenannten Regelungen des BMF-Erlasses sind in allen offenen Fällen anwendbar.
Praxishinweis
In der Praxis hat sich gezeigt: je größer die Bewertungsgruppe gewählt wird, desto größer fällt der Vereinfachungs- und Unterbewertungseffekt der Lifo-Methode aus. Der Gesetzgeber baut in fast allen Fällen dem Steuerpflichtigen eine Brücke zur vereinfachten Vorratsbewertung, und zwar auch dann, wenn eine historisch genaue Erfassung der Anschaffungskosten möglich wäre, aber mit weiteren (unvertretbaren) Programmierungs- und Implementierungsschritten verbunden ist. Diese Großzügigkeit ist gerade zu Zeiten der hochstandardisierten EDV-mäßigen Lagerhaltung zwar verwunderlich, aber dennoch bei den jährlichen Abschlussarbeiten äußerst zeit- und kostensparend.
BMF, Schreiben v. 12.05.2015 - IV C 6 - S-2174/07/10001:002
Quelle: Dipl.-Finanzwirt (FH) und RA Horst Schirrmann