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Personengesellschaften: Was zählt zum Sonderbetriebsvermögen?

Der BFH hat seine Rechtsprechung zum Sonderbetriebsvermögen konkretisiert. Demnach ist die Beteiligung eines Kommanditisten an einer Komplementär-GmbH nur dann dem Sonderbetriebsvermögen II zuzurechnen, wenn sie mindestens 10 % beträgt und der Kommanditist Einfluss auf die Geschäftsführung hat. Dies ist auch dann der Fall, wenn die Gewinnbeteiligung der Komplementär-GmbH außergewöhnlich hoch ist.

Der BFH hat sich mit der Frage befasst, ob die Beteiligung an der Komplementär-GmbH, die ein Kommanditist hielt, zu dessen Sonderbetriebsvermögen zählt. Im Streitfall war der Kommanditist mit 5 % an einer GmbH & Co. KG und mit 5 % an deren Komplementär-GmbH beteiligt. Die Tätigkeit der GmbH, die nicht am Vermögen der KG beteiligt war, bestand ausschließlich in der Geschäftsführung der KG, so dass die GmbH keinen eigenen Geschäftsbetrieb unterhielt.

Am Gewinn der KG sind deren Komplementär-GmbH mit 99 % und die beiden Kommanditisten insgesamt mit 1 % entsprechend dem Verhältnis ihrer Kommanditanteile (der klagende Kommanditist davon wiederum zu 5 %) beteiligt. Bei der Veräußerung des Geschäftsanteils an der GmbH und des Kommanditanteils behandelte das Finanzamt den GmbH-Anteil als Sonderbetriebsvermögen II und ermittelte aus diesem Grund auch für den GmbH-Anteil einen entsprechenden Veräußerungsgewinn. Der BFH hielt diese Vorgehensweise für unzutreffend.

Einstufung als Sonderbetriebsvermögen

Der BFH bestätigt die bisherigen Grundsätze, dass zum notwendigen Betriebsvermögen einer gewerblich tätigen Personengesellschaft nach § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 i.V.m. § 4 Abs. 1 EStG neben den Wirtschaftsgütern, die im Gesamthandseigentum der Mitunternehmer stehen, auch diejenigen Wirtschaftsgüter zählen, die einem Mitunternehmer gehören, wenn sie geeignet und dazu bestimmt sind, dem Betrieb der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen I) oder der Beteiligung des Gesellschafters an der Personengesellschaft (Sonderbetriebsvermögen II) zu dienen. Vor diesem Hintergrund ist notwendiges Sonderbetriebsvermögen II anzunehmen, wenn die Wirtschaftsgüter, die dem Mitunternehmer gehören, eingesetzt werden, um seine Beteiligung an der Personengesellschaft zu begründen oder zu stärken. Ein solches Wirtschaftsgut kann auch die Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft sein.

Stärkung der Kommanditbeteiligung durch den GmbH-Anteil

Im Streitfall diente die Beteiligung an der GmbH offensichtlich nicht der Begründung der Stellung als Mitunternehmer, so dass der BFH untersuchte, ob eine Stärkung dieser Stellung durch den GmbH-Anteil erfolgte. Davon geht der BFH im Streitfall jedoch nicht aus. Denn eine Beteiligung des Kommanditisten an der Komplementär-GmbH, die zur Geschäftsführung berufen ist, kann grundsätzlich nur dann Sonderbetriebsvermögen II sein, wenn der Kommanditist wegen der Höhe seiner Beteiligung in der Lage ist, über diese Beteiligung die Geschäftsführung der KG zu beeinflussen.

Nach Ansicht des BFH ist dies bei einer Minderheitsbeteiligung des Kommanditisten an der geschäftsführungsbefugten Komplementär-GmbH von weniger als 10 % nicht der Fall und die Beteiligung damit nicht dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen, wenn in den Angelegenheiten der Gesellschaft die Beschlussfassung mit der Mehrheit der abgegebenen Stimmen erfolgt, was den gesetzlich normierten Regelfall darstellt (§ 47 Abs. 1 GmbHG). Daran ändert sich auch nichts, wenn die Gewinnbeteiligung der Komplementär-GmbH in der KG außergewöhnlich hoch ist.

Im Gegensatz dazu geht der BFH davon aus, dass eine Minderheitsbeteiligung stets Sonderbetriebsvermögen II darstellt, wenn eine Beschlussfassung in der GmbH der Mitwirkung des Minderheitsgesellschafters bedarf. Dies ist der Fall, wenn nach dem Gesellschaftsvertrag der GmbH eine Mehrheit der Stimmen, die nur unter Berücksichtigung der Stimmen des Minderheitsgesellschafters möglich ist, oder Einstimmigkeit erforderlich ist.

In diesem Zusammenhang hat der BFH offen gelassen, ob Geschäftsanteile dem Sonderbetriebsvermögen II zuzuordnen sind, wenn ein Minderheitsgesellschafter mindestens 10 % hält und ihm die besonderen Minderheitenrechte gem. § 50 Abs. 1, § 61 Abs. 2 S. 2, § 66 Abs. 2 GmbHG zustehen, oder ob dies (erst) bei einem Gesellschafter mit mehr als 25 % der Geschäftsanteile zu bejahen ist, der mithin über eine Sperrminorität i.S.d. § 53 Abs. 2 GmbHG verfügt.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung nach seiner eigenen Darstellung zwar die bisherigen Grundsätze angewandt, im Ergebnis aber seine Rechtsprechung geändert: Bisher zählten die GmbH-Anteile eines Kommanditisten an der Komplementär-GmbH stets zum Sonderbetriebsvermögen. Künftig ist auf die Höhe der Beteiligung und die Möglichkeit der Mitwirkung an der Entscheidungsfindung in der GmbH abzustellen. Der BFH hat damit die bisherigen Grundsätze präzisiert, so dass sich die Mitunternehmer und die Berater darauf einstellen können. Aus diesem Grund ist die Entscheidung des BFH zu begrüßen.

BFH, Urt. v. 16.04.2015 - IV R 1/12

Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz


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