Welche Folgen hat ein unrichtiger Ausweis der Umsatzsteuer in Rechnungen? Das BMF geht hierauf in einem aktuellen Schreiben an die Finanzverwaltung ein. Hintergrund dafür ist u.a. ein EuGH-Urteil aus 2022. Nach dem BMF gilt nun: Bei einer Rechnung an einen Endverbraucher entsteht mit einer falsch ausgewiesenen Umsatzsteuer ggf. keine Steuerschuld, weil § 14c UStG nur eingeschränkt anzuwenden ist.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat mit Schreiben vom 27.02.2024 (III C 2 - S 7282/19/10001 :002) Stellung zur Anwendung des § 14c UStG im Fall eines falschen Ausweises der Umsatzsteuer in einer für einen Endverbraucher bestimmten Rechnung genommen.
Das BMF sieht darin die Entstehung einer Steuerschuld nach § 14c Abs. 1 UStG als nicht gegeben an, wenn eine Leistung an den Endverbraucher ausgeführt wird und in der Rechnung zu Unrecht Umsatzsteuer ausgewiesen wurde.
Steuerschuld nach § 14c UStG
Eine Steuerschuld i.S.d. § 14c UStG entsteht, wenn ein Unternehmer in einer Rechnung einen höheren Steuerbetrag ausweist, als er tatsächlich gesetzlich schuldet. Nach § 14c UStG schuldet er auch den darüber hinausgehenden Steuerbetrag.
Dabei sind grundsätzlich zwei Fälle zu unterscheiden. Zum einen schuldet der Unternehmer die Umsatzsteuer (bei einem zu hohen Steuerausweis in einer Rechnung auch den über die gesetzliche Steuer hinausgehenden Betrag) nach § 14c Abs. 1 UStG.
Zum anderen schuldet er die Steuer auch, wenn auf der Rechnung keine Steuer hätte ausgewiesen werden dürfen, z.B. wenn nicht steuerbarer Schadenersatz vorliegt oder die Kleinunternehmerregelung anwendbar gewesen wäre (§ 14c Abs. 2 UStG).
Rechtsprechung zum Steuerausweis in Rechnungen an Endverbraucher
Das BMF verweist in seinem Schreiben zunächst auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) und des Europäischen Gerichtshofs (EuGH).
Der BFH hatte mit Urteil vom 13.12.2018 (V R 4/18) entschieden, dass § 14c Abs. 1 UStG auch bei einer Rechnung an Endverbraucher Anwendung findet. Dem hatte der EuGH jedoch widersprochen.
Nach der Entscheidung des EuGH vom 08.12.2022 (C-378/21) liegt keine Gefährdung des Steueraufkommens vor, wenn die Leistung ausschließlich an Endverbraucher erbracht wird, die nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt sind.
Dementsprechend schuldet der Unternehmer in diesem Fall auch nicht die zu Unrecht ausgewiesene Umsatzsteuer.
Das BMF schließt sich in seinem Schreiben der Auffassung des EuGH an. Die Entscheidung des BFH vom 13.12.2018 zur Anwendung des § 14c Abs. 1 UStG bei Rechnungen an Endverbraucher ist somit nicht mehr anzuwenden. Der Umsatzsteueranwendungserlass wird entsprechend angepasst.
Auswirkungen für den Rechnungsaussteller
Wurde eine Leistung durch einen Unternehmer an einen Endverbraucher tatsächlich ausgeführt und hierüber eine Rechnung mit unrichtigem Steuerausweis ausgestellt, entsteht keine Steuerschuld.
Dies gilt auch, wenn der unrichtige Steuerausweis durch einen Kleinunternehmer erfolgt und hierfür grundsätzlich nach § 14c Abs. 2 Satz 1 UStG die Steuerschuld geschuldet würde.
§ 14c UStG findet jedoch weiterhin insbesondere bei einem unberechtigten Steuerausweis durch einen Unternehmer außerhalb seiner unternehmerischen Tätigkeit, durch einen Nichtunternehmer oder in Fällen ohne eine Leistungserbringung Anwendung.
Rechnungsempfänger als Endverbraucher
Neben den Voraussetzungen für den Rechnungsaussteller ist nach Ansicht des BMF auch eine Prüfung der Verhältnisse des Leistungsempfängers erforderlich. Der EuGH hat seine Entscheidung ausdrücklich unter der Prämisse getroffen, dass keine Gefährdung des Steueraufkommens eintreten kann.
Dies setzt voraus, dass der Rechnungsempfänger Endverbraucher ist und keinen Vorsteuerabzug geltend machen kann. Das BMF schließt daher eine Anwendung der Grundsätze auf Fälle aus, in denen die fragliche Rechnung an einen Unternehmer für dessen unternehmerischen Bereich ausgestellt wurde.
Es kommt hierbei nicht darauf an, ob tatsächlich ein Vorsteuerabzug vorgenommen wurde. Daher entsteht die Steuer nach § 14c UStG auch dann, wenn die Rechnung z.B. an einen Kleinunternehmer, einen pauschalierenden Land- oder Forstwirt oder an einen Unternehmer mit Ausgangsumsätzen, die den Vorsteuerabzug ganz oder teilweise ausschließen, ausgestellt wurde.
In diesen Fällen kann ein Vorsteuerabzug (z.B. aufgrund einer rückwirkenden Option) nicht vollständig ausgeschlossen werden. Daher können die Vereinfachungsgrundsätze aus dem EuGH-Urteil nicht entsprechend angewandt werden.
Der Unternehmer hat vielmehr nachzuweisen, dass seine Leistungen tatsächlich an einen Endverbraucher ausgeführt wurden.
Bei Unternehmern, die sowohl ihre Leistungen an Unternehmer als auch an Endverbraucher erbringen, gilt das BMF-Schreiben nur für den Teil, für den der Unternehmer nachweisen kann, dass die Umsätze tatsächlich gegenüber Endverbrauchern erbracht wurden.
Praxishinweis
Das BMF schafft mit diesem Schreiben eine begrüßenswerte Vereinfachungsregelung, die mangels entsprechenden Ausfallrisikos auch unbedenklich ist. Insbesondere dürfte im Bereich der Gastronomie die Regelung zu einer Entlastung führen, da die Leistungen dort grundsätzlich an Endverbraucher erbracht werden.
Fraglich ist hingegen, wie ein Unternehmer sonst nachweisen soll, dass er seine Leistung tatsächlich an Endverbraucher erbracht hat. Dies dürfte insbesondere in Bereichen schwierig sein, in denen viele Kleinbetragsrechnungen ausgestellt werden.
Um den späteren Nachweis tatsächlich erbringen zu können, kann nur empfohlen werden, über den Anteil der Leistungen, die an Endverbraucher erbracht werden, gesonderte Aufzeichnungen zu führen.
BMF-Schreiben v. 27.02.2024 - III C 2 - S 7282/19/10001 :002