Welche Regeln gelten bei der Berichtigung eines Steuerbetrags? Was gilt in der Insolvenz? Der BFH hat entschieden: Eine wirksame Berichtigung setzt grundsätzlich voraus, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat. Das gilt auch, wenn strafbewehrte insolvenzrechtliche Vorschriften einer Rückzahlung an den Leistungsempfänger entgegenstehen sollten.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seinem Beschluss vom 05.01.2021 (XI S 20/20 (PKH)) dazu Stellung genommen, ob die bisherigen Grundsätze zur Rückzahlung der Umsatzsteuer gem. §§ 14c und 17 UStG auch bei strafbewehrten Rückzahlungen im Insolvenzverfahren gelten.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Insolvenzschuldnerin (GmbH) erbrachte Bauleistungen für die A, eine als Generalunternehmerin tätige Bauprojektentwicklungsgesellschaft, welche fremde Grundstücke bebaute und ihrerseits bauwerkbezogene Werklieferungen i.S.d. § 13b Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 UStG erbrachte.
A zahlte die von der Insolvenzschuldnerin in Rechnung gestellten Leistungen einschließlich ausgewiesener Umsatzsteuer und machte diese als Vorsteuer geltend. Das Finanzamt (FA) ging davon aus, dass A als Leistungsempfängerin die Umsatzsteuer für die bezogenen Bauleistungen schulde.
Der Insolvenzverwalter beantragte, den geschuldeten Steuerbetrag gem. § 14c Abs. 2 Satz 5 UStG zu erstatten. Er habe die ursprünglich ausgestellten Rechnungen von A zurückgefordert und ihr korrigierte Rechnungen, ohne Umsatzsteuerausweis, übermittelt. Die Berichtigung ist im Streitjahr durchzuführen, da mit der Zahlung der Umsatzsteuer durch A die Gefährdung des Steueraufkommens beseitigt worden sei.
Das FA lehnte den Antrag auf Berichtigung ab. Einspruch und Klage hatten keinen Erfolg. Der Insolvenzverwalter beantragt Prozesskostenhilfe für das Verfahren vor dem BFH, was der BFH ablehnte.
Voraussetzung der Rückzahlung der Umsatzsteuer
Gemäß § 14c Abs. 1 Satz 1 UStG schuldet der Unternehmer, welcher in einer Rechnung für eine Lieferung oder sonstige Leistung einen höheren Steuerbetrag gesondert ausgewiesen hat, als er nach dem Gesetz für diesen Umsatz schuldet (unrichtiger Steuerausweis), auch den Mehrbetrag.
Damit soll einer Gefährdung des Steueraufkommens entgegengewirkt werden, die sich aus dem Recht auf Vorsteuerabzug ergeben kann. Die Insolvenzschuldnerin hatte als Rechnungsausstellerin und Leistende zu Unrecht die Umsatzsteuer in Rechnung gestellt, da die Leistungsempfängerin A Steuerschuldnerin war.
Die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags gem. § 14c Abs. 1 Satz 2 sowie § 17 Abs. 1 UStG erfordert grundsätzlich, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.
Die Rechnungsberichtigung als formaler Akt gegenüber dem Leistungsempfänger allein reicht aber für die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags mit der Folge, dass dieser dem Rechnungsaussteller zu erstatten wäre, nicht aus.
Der Wortlaut gem. § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG setzt nicht voraus, dass der Rechnungsaussteller über die Berichtigung der Rechnung hinaus den berichtigten Steuerbetrag an den Leistungsempfänger zurückzuzahlen hätte. Darüber hinaus sind Rückzahlungsansprüche des Leistungsempfängers gegen den Rechnungsaussteller grundsätzlich auf dem Zivilrechtsweg zu verfolgen.
Da der Leistende den berichtigten Steuerbetrag vom Leistungsempfänger im Regelfall – wie hier vormals die Insolvenzschuldnerin – bereits vereinnahmt hat, würde aber eine Erstattung durch das FA allein aufgrund der Rechnungsberichtigung ohne Rückzahlung der Steuer den Leistenden ungerechtfertigt bereichern.
Dieser – oder im Besprechungsfall seine Insolvenzmasse – würde doppelt begünstigt. Denn einerseits hat er das Entgelt zzgl. Umsatzsteuer regelmäßig bereits vereinnahmt und andererseits könnte er im Fall einer bedingungslosen Erstattung den berichtigten Steuerbetrag vom FA nochmals verlangen.
Dies ginge allein zu Lasten des Leistungsempfängers. Gleichzeitig müsste der Fiskus befürchten, vom Leistungsempfänger auf Erstattung der Umsatzsteuer an ihn in Anspruch genommen zu werden.
Nur die Rückzahlung des berichtigten Steuerbetrags an den Leistungsempfänger führt i.d.R. zu einem gerechten Interessenausgleich im Dreiecksverhältnis zwischen FA, Leistendem sowie Leistungsempfänger und gewährleistet so letztlich auch die Neutralität der Mehrwertsteuer.
Außerdem verhindert eine in diesem Sinne bedingte Berichtigung des Steuerbetrags, dass das FA beispielsweise in Fällen der Insolvenz des Rechnungsausstellers oder nicht erkannter Steuerschuldnerschaft des Leistungsempfängers den Betrag doppelt erstatten oder auf eine Steuer verzichten muss.
Ausnahme bei strafbewehrten insolvenzrechtlichen Vorschriften?
Eine Auslegung des § 14c Abs. 1 Satz 2 UStG, nach der zu berücksichtigen ist, dass die Berichtigung eines unrichtig ausgewiesenen und gezahlten Steuerbetrags nicht einseitig zu Lasten des Leistungsempfängers gehen darf, stimmt mit der (geänderten) Rechtsprechung des BFH zu § 17 UStG überein.
Hiernach mindert sich die Bemessungsgrundlage i.S.d. § 17 Abs. 1 Satz 1 UStG nur insoweit, als das Entgelt tatsächlich zurückgezahlt wird. Dies gilt für die Berichtigung eines Steuerbetrags gem. § 14c Abs. 1 Satz 2 und § 17 Abs. 1 UStG gleichermaßen. Denn auch hier hat der Unternehmer den berichtigten Betrag i.d.R. schon vereinnahmt.
Die Berichtigung des Steuerbetrags durch eine Rechnungskorrektur gegenüber dem Leistungsempfänger allein bewirkt dessen Rückzahlung nicht, so dass der Steuerbetrag dem Unternehmer weiterhin verbleibt. Die Rechnungskorrektur ändert daran nichts.
Dies gilt ebenso für den Fall, dass strafbewehrte insolvenzrechtliche Vorschriften einer Rückzahlung der vereinnahmten Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger entgegenstehen sollten. Durch dieses Ergebnis wird auch keine ungerechtfertigte Bereicherung des Fiskus manifestiert.
Hat ein nach seiner Unternehmenstätigkeit zum Vorsteuerabzug berechtigter Rechnungsempfänger (wie hier A) eine gesetzlich nicht geschuldete, aber gleichwohl in einer (ansonsten ordnungsgemäßen) Rechnung ausgewiesene Umsatzsteuer gezahlt, kann er im Rahmen eines sog. Direktanspruchs eine Rückzahlung von der Finanzverwaltung verlangen, wenn eine Rückforderung vom Rechnungsaussteller insbesondere im Hinblick auf dessen Zahlungsunfähigkeit übermäßig erschwert ist.
Hierüber ist im Billigkeitsverfahren zu entscheiden. Die A könnte demnach einen solchen Anspruch auf Erstattung unmittelbar an das zuständige FA richten. Die aus Sicht des Insolvenzverwalters bestehende Gefahr einer sich manifestierenden ungerechtfertigten Bereicherung des Fiskus ist mithin ausgeschlossen, soweit der Anspruch der A Erfolg hätte. Darüber ist im vorliegenden Rechtsstreit jedoch nicht zu entscheiden, so dass der BFH den Antrag ablehnte.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung zunächst seine bisherigen Grundsätze bestätigt: Die wirksame Berichtigung eines Steuerbetrags gem. § 14c Abs. 1 Satz 2 und § 17 Abs. 1 UStG erfordert grundsätzlich, dass der Unternehmer die vereinnahmte Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger zurückgezahlt hat.
Konkretisiert hat der BFH diesen Grundsatz nun insoweit, als dass Abweichendes auch nicht für den Fall gilt, dass strafbewehrte insolvenzrechtliche Vorschriften einer Rückzahlung der vereinnahmten Umsatzsteuer an den Leistungsempfänger entgegenstehen sollten.
BFH, Beschl. v. 05.01.2021 - XI S 20/20 (PKH)
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht