Besteht das Wahlrecht, einen gemischt genutzten Gegenstand beim Vorsteuerabzug ggf. in vollem Umfang dem Unternehmen zuzuordnen, auch für sonstige Leistungen wie Vermietungsumsätze? Im Fall eines nur teilweise unternehmerisch genutzten Gebäudes, stellte der BFH klar: Das Zuordnungswahlrecht gilt nur für die Herstellung und Anschaffung von Gegenständen - nicht für den Bezug sonstiger Leistungen.
Der BFH hat entschieden, dass das beim Vorsteuerabzug bestehende Wahlrecht, einen nur teilweise unternehmerisch genutzten Gegenstand in vollem Umfang seinem Unternehmen zuzuordnen nicht für Vermietungsleistungen gilt. Solche sonstigen Leistungen müssen entsprechend der Verwendung aufgeteilt werden. Im Streitfall hatte eine Ehefrau eine bebaute Immobilie zunächst teilweise an ihren Ehemann für dessen Unternehmen vermietet, das restliche Gebäude diente als Familienwohnung.
Die Ehefrau machte den vollen Vorsteuerabzug aus den Herstellungskosten des Gebäudes geltend. Später vermietete die Ehefrau dann das gesamte Gebäude umsatzsteuerpflichtig an ihren Ehemann. Die Nutzungsanteile änderten sich nicht. In ihrer Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr erklärte die Ehefrau entsprechende steuerpflichtige Vermietungsumsätze. Der Ehemann ordnete das Nutzungsrecht an dem Gebäude insgesamt seinem Unternehmen zu und machte den vollen Vorsteuerabzug aus der Anmietung geltend. Das Finanzamt, das Finanzgericht und der BFH lehnten den vollständigen Vorsteuerabzug des Ehemannes ab und gingen von einer teilweisen Vorsteuerberichtigung nach § 15a UStG aus.
Grundsätzlich: Anwendung des § 15a UStG bei Grundbesitz
Sofern sich bei einer Immobilie die maßgebenden Verhältnisse innerhalb von zehn Jahren seit dem Zeitpunkt der erstmaligen Verwendung für den ursprünglichen Vorsteuerabzug ändern, ist für jedes Kalenderjahr der Änderung anteilig der Abzug der Vorsteuerbeträge, die auf die Anschaffungs- oder Herstellungskosten entfielen, vorzunehmen. Ebenso war unstreitig, dass die Ehefrau dazu berechtigt war, das Gebäude im Zeitpunkt der Errichtung insgesamt ihrem Unternehmen zuzuordnen und die auf das gesamte Gebäude – einschließlich des nichtunternehmerisch genutzten Teils – entfallenden Vorsteuerbeträge abzuziehen.
Änderung der Verhältnisse durch die Vermietung
Allerdings haben sich durch die Vermietung des gesamten Gebäudes an den Ehemann die Verhältnisse (§ 15a Abs. 1 UStG) erneut geändert. Obwohl die Ehefrau ab diesem Zeitpunkt das gesamte Gebäude für Vermietungsumsätze nutzte, konnte sie dennoch lediglich für den vom Ehemann unternehmerisch genutzten Teil wirksam zur Steuerpflicht optieren. Hinsichtlich des restlichen Anteils des Gebäudes – der Familienwohnung – liegen nach Ansicht des BFH die Voraussetzungen für eine Option nicht vor: Der Ehemann als Leistungsempfänger konnte die bezogene Mietleistung insoweit nicht seinem Unternehmen zuordnen. Dieser Teil des Umsatzes wurde daher nicht an einen anderen Unternehmer für dessen Unternehmen ausgeführt. Da die Vermietungsumsätze der privat genutzten Wohnung steuerfrei sind, führen diese zum anteiligen Ausschluss des Vorsteuerabzugs.
Zuordnungswahlrecht nur für Gegenstände und Investitionsgüter
Die Berechtigung des Unternehmers zum Vorsteuerabzug besteht nur, soweit die Gegenstände und Dienstleistungen für die Zwecke seiner besteuerten Umsätze verwendet werden. Beabsichtigt der Unternehmer bei Bezug einer Leistung, diese teilweise für Zwecke seiner wirtschaftlichen Tätigkeit und teilweise für Zwecke einer nichtwirtschaftlichen Tätigkeit zu verwenden, ist ein Vorsteuerabzug grundsätzlich nur im Umfang der beabsichtigten Verwendung für seine wirtschaftliche Tätigkeit berechtigt.
Lediglich für Gegenstände und Investitionsgüter gilt eine Ausnahme: Der Unternehmer kann einen nur teilweise unternehmerisch genutzten Gegenstand in vollem Umfang seinem Unternehmen zuordnen. Dieses Zuordnungswahlrecht gilt aber nur für die Herstellung und Anschaffung von Gegenständen. Der Bezug von sonstigen Leistungen – im vorliegenden Fall Vermietungsleistungen – kann nicht insgesamt dem Unternehmen zugeordnet werden. Diese müssen entsprechend der (beabsichtigten) Verwendung aufgeteilt werden.
Dies leitet der BFH daraus ab, dass das Zuordnungswahlrecht bei Gegenständen und Investitionsgütern wegen der Neutralität der Mehrwertsteuer verhindern soll, dass bei einer zunächst teilweise privaten, später aber unternehmerischen Nutzung eines Gegenstands eine Mehrwertsteuerbelastung auf dem Erwerb bzw. der Errichtung des Gegenstands verbleibt. Diese Gefahr sieht der BFH bei Dienstleistungen nicht, weil bei diesen die Vorsteuer jeden Monat neu in Rechnung gestellt wird und zeitnah mit der Änderung der Verhältnisse hinsichtlich der Abzugsberechtigung angepasst werden kann. Da die Vermietungsleistung der Ehefrau eindeutig weder Gegenstand noch Investitionsgut ist, sondern es sich klar um eine Dienstleistung handelt, bestätigte der BFH die von der Finanzverwaltung vorgenommene Vorsteuerkorrektur zu Lasten der Ehefrau.
Praxishinweis
Durch dieses Urteil herrscht Klarheit darüber, dass das Zuordnungswahlrecht bei gemischt genutzten Leistungen nicht für Dienstleistungen gilt, sondern nur für Gegenstände und Investitionsgüter. Die Begründung des BFH überzeugt: Bei Dienstleistungen entsteht im Gegensatz zur Anschaffung oder Herstellung von Gegenständen oder Investitionsgütern typischerweise kein geballtes Vorsteueraufkommen. Das Vorsteueraufkommen ist vielmehr gleichmäßig über den Zeitraum des Leistungsbezugs verteilt. Das Risiko der Belastung mit einer im weiteren Verlauf nicht abziehbaren Vorsteuer besteht daher grundsätzlich nicht.
BFH, Urt. v. 14.10.2015 - V R 10/14
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz