Wann erzielt eine Gemeinschaft von Wohnungseigentümern eigenständige Einkünfte? Der BFH hat entschieden, dass eine Wohnungseigentümergemeinschaft durch die Lieferung von Strom bei Betrieb eines Blockheizkraftwerks selbst gewerblich tätig sein kann. Dabei liegt eine Mitunternehmerschaft vor, für die ein Feststellungsverfahren durchzuführen ist. Eine GbR muss hierfür nicht begründet werden.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob eine Wohnungseigentümergemeinschaft eigenständig gewerbliche Einkünfte erzielen kann oder ob diese dazu zunächst eine GbR begründen muss.
Den Mitgliedern der Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) gehörte neben einigen Reihenhäusern auch ein Blockheizkraftwerk (BHKW). Die X-GmbH war Verwalter der Wohnanlage. Die WEG lieferte den im BHKW erzeugten Strom teilweise gegen Vergütung an die M-GmbH. Einer der Wohnungseigentümer legte gegen den Feststellungsbescheid der WEG Einspruch ein, weil er andere Besteuerungsgrundlagen für zutreffend hielt.
Nach erfolglosen Einspruchsverfahren rief der Wohnungseigentümer das Finanzgericht (FG) an, das die Klage wegen fehlender Klagebefugnis des Wohnungseigentümers als unzulässig und zudem als unbegründet abwies.
WEG als eigenständige Mitunternehmerschaft
Die WEG kann als Rechtssubjekt i.S.d. WoEigG ein Gemeinschaftsverhältnis sein, das einem Gesellschaftsverhältnis wirtschaftlich vergleichbar ist und den Wohnungseigentümern (Mitgliedern) nach dem gesetzlichen Regelstatut eine Mitunternehmerstellung einräumt. Dazu bedarf es keiner gesonderten Begründung einer GbR durch die WEG.
Zwar ist die WEG teilrechtsfähig, aber diese Teilrechtsfähigkeit führt nicht dazu, dass die WEG ein eigenes steuerpflichtiges Gebilde ist. Auch wenn sie ein „Verband sui generis“ ist, der sich von der GbR in wesentlichen Punkten unterscheidet und Elemente verschiedener Verbandstypen vereinigt, sich mithin zivilrechtlich keinem bestehenden Typus einer Personengesellschaft oder juristischen Person zuordnen lässt, unterfällt die WEG keinem der Körperschaftsteuersubjekte.
Vielmehr sind die Mitglieder einer WEG, die gemeinschaftlich unternehmerisch tätig werden, nach dem gesetzlichen Regelstatut als Mitunternehmer anzusehen. Sie entfalten kumulativ Mitunternehmerinitiative und tragen Mitunternehmerrisiko.
Die Mitunternehmerinitiative folgert der BFH aus der Befugnis der WEG zur Verwaltung des gemeinsamen Objekts. Das Mitunternehmerrisiko leitet der BFH aus der Beteiligung am gemeinsamen Gewinn sowie der quotalen Außenhaftung der einzelnen Mitglieder mit dem eigenen Vermögen ab.
Feststellungsverfahren für die WEG
Die Rechtsfähigkeit einer WEG ist nicht umfassend, sondern auf die Teilbereiche des Rechtslebens beschränkt, bei denen die Wohnungseigentümer im Rahmen der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums als Gemeinschaft am Rechtsverkehr teilnehmen.
Nach Maßgabe dieses zivilrechtlichen Vorverständnisses ist das Feststellungsverfahren jedenfalls dann für die am Rechtsverkehr teilnehmende WEG durchzuführen, wenn sie innerhalb ihres im WoEigG vorgegebenen Verbandszwecks tätig wird. Denn eine unternehmerische Tätigkeit innerhalb des Verbandszwecks schließt es ohne anderslautende Vereinbarungen der Wohnungseigentümer aus, dass die Mitglieder einer derartigen Gemeinschaft in der Rechtsform einer daneben bestehenden Gesellschaft tätig geworden sind.
Auch die Erzeugung und Vermarktung von Strom durch eine WEG kann innerhalb ihres Verbandszwecks liegen. Denn es ist der WEG mit Blick auf den weiten Verwaltungsbegriff nicht von vornherein verwehrt, durch den Betrieb eines BHKW als Stromerzeugerin gewerblich tätig zu sein.
Dies gilt nach Ansicht des BFH jedenfalls dann, wenn, wie im Besprechungsfall, das BHKW vornehmlich der Erzeugung von Wärme für das Wohnungseigentum dient und der zusätzlich erzeugte Strom ein zwangsläufig entstehendes Nebenprodukt ist.
Für eine Mitunternehmerschaft ist grundsätzlich ein Feststellungsverfahren durchzuführen, es sei denn, es ist ausnahmsweise wegen geringer Bedeutung entbehrlich. Ein Fall von geringer Bedeutung liegt vor, wenn leicht überschaubare Verhältnisse zu beurteilen sind. Ein solcher Fall ist aber schon deshalb nicht gegeben, weil der klagende Wohnungsmiteigentümer von vornherein bestritten hat, dass das Finanzamt (FA) das Feststellungsverfahren für das zutreffende Gewinnermittlungssubjekt durchgeführt hat.
Gleichwohl hob der BFH die Vorentscheidung auf, weil die Höhe der vom FA und FG als Betriebsausgaben berücksichtigten Vorsteuern aus der Lieferung des BHKW unrichtig war. Dies muss das FG nun korrigieren.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung geklärt, dass eine WEG steuerlich eine Mitunternehmerschaft sein kann und nicht der Körperschaftsteuer unterfällt. Das Ergebnis leitet der BFH nachvollziehbar aus der Teilrechtsfähigkeit der WEG ab. Alle WEG sollten daher klären, ob auch für ihre Einkünfte eine einheitliche und gesonderte Feststellung der Besteuerungsgrundlagen vorzunehmen ist, und dann gegebenenfalls entsprechende Steuererklärungen abgeben.
BFH, Urt. v. 20.09.2018 - IV R 6/16
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht