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Verfahrensrecht -

Gemeinnützige Vereine: Steuerprivileg bei politischer Betätigung?

Wann verfolgen Vereine nach § 52 AO gemeinnützige Zwecke, die zur steuerlichen Privilegierung führen? Im Fall eines Vereins, der Corona-Maßnahmen kritisiert hatte, hat der BFH klargestellt: Zwar dürfen Vereine gewisse politische Zielsetzungen verfolgen, die allgemeinpolitische Betätigung darf aber nicht über den jeweiligen satzungsmäßigen Zweck und die erforderliche Verwirklichung hinausgehen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Beschluss vom 18.08.2021 (V B 25/21 (AdV)) entschieden, dass es für die Erfüllung der Voraussetzungen des § 52 Abs. 2 AO unschädlich ist, wenn die Tätigkeit des Vereins mit einer gewissen politischen Zielsetzung verbunden ist. Diese darf jedoch nicht über das hinausgehen, was zur Verfolgung des satzungsgemäßen Zwecks erforderlich ist.

Sachlage im Streitfall

Der Kläger ist ein gemeinnütziger Verein, der nach seiner Satzung auf die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und der Gesundheitspflege gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 AO sowie des demokratischen Staatswesens gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 24 AO ausgerichtet ist.

Das Finanzamt (FA) ermittelte auf der Internetseite des Vereins jedoch, dass dort Dokumente eingestellt worden waren, die die Effektivität diverser Coronamaßnahmen, wie z.B. das Tragen von Masken, bezweifelten.

Zudem veröffentlichte der Verein ein Dokument, das eine Forderung an die Bundesregierung und die Landesregierungen zur Aufhebung diverser Coronamaßnahmen stellte. Und schließlich war zeitweise auf der Homepage ein Dokument mit dem Hinweis auf das Widerstandsrecht gem. Art. 20 Abs. 4 GG sowie mit der Forderung nach einem Untersuchungsausschuss abrufbar.

Das FA erließ daraufhin einen Körperschaftsteuervorauszahlungsbescheid, durch den es die Gemeinnützigkeit des Vereins versagte und darauf hinwies, dass der Verein keine Zuwendungsbestätigungen für steuerliche Zwecke mehr ausstellen durfte.

Der Verein legte gegen diesen Bescheid Einspruch ein und beantragte zugleich die Aussetzung der Vollziehung (AdV) des Bescheids.

Das FA lehnte jedoch den AdV-Antrag ab. Auch der beim Finanzgericht gestellte Antrag auf AdV blieb ohne Erfolg. Der BFH sah die Beschwerde des Klägers ebenfalls als unbegründet an - denn an einer Stelle war der Kläger sehr wohl über das Ziel der Gemeinnützigkeit hinausgeschossen.

Erfüllung der Voraussetzungen für die Gemeinnützigkeit eines Vereins

Eine Körperschaft verfolgt gem. § 52 Abs. 1 Satz 1 AO gemeinnützige Zwecke, wenn ihre Tätigkeit darauf ausgerichtet ist, die Allgemeinheit auf materiellem, geistigem oder sittlichem Gebiet selbstlos zu fördern.

Dazu gehören gem. § 52 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 und Nr. 24 AO u.a. auch die Förderung des öffentlichen Gesundheitswesens und die allgemeine Förderung des demokratischen Staatswesens.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH wird jedoch die ausschließliche Verfolgung eines politischen Zwecks durch eine Körperschaft nicht begünstigt. Davon zu unterscheiden ist wiederum die Einflussnahme zur politischen Willensbildung sowie die kritische und öffentliche Information, um ein nach § 52 Abs. 2 AO begünstigtes Anliegen zu verfolgen.

Nach Auffassung des BFH hat der Kläger im Streitfall mit dem Hinweis auf das Widerstandsrecht gem. Art. 20 Abs. 4 GG und der Forderung gegenüber der Bundesregierung sowie den Landesregierungen, die „gegen alle Fakten und Vernunft“ verhängten Coronamaßnahmen aufzuheben, die Grenzen der politischen Betätigung im Rahmen der Gemeinnützigkeit überschritten.

Daher war im Streitfall die Aufhebung der Gemeinnützigkeit durch das FA zu Recht erfolgt.

Praxishinweis

Eine gemeinnützige Tätigkeit kann nach der Auffassung des BFH auch eine politische Betätigung umfassen, soweit diese noch auf die Verwirklichung der steuerbegünstigten satzungsmäßigen Ziele ausgerichtet ist. Im Streitfall wurden diese Grenzen jedoch klar überschritten.

Vereine sollten sich aber nicht davon abhalten lassen, auch Informationskampagnen o.Ä. zur Verfolgung ihrer satzungsmäßigen Zwecke zu starten. Dies fällt nach der Rechtsprechung des BFH auch weiterhin unter die steuerbegünstigte Tätigkeit.

BFH, Beschl. v. 18.08.2021 - V B 25/21 (AdV)

Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater, M.A. und Diplom-Finanzwirt (FH)

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