Franz Pfluegl © fotolia.de

Immobilien: Wann liegt bei Verkäufen ein Gestaltungsmissbrauch vor?

Wann liegt bei Grundstücksverkäufen unter nahe stehenden Personen ein Gestaltungsmissbrauch vor? Der BFH hat bei einem Verkauf unter Ehepartnern entschieden, dass dies der Fall sein kann, wenn ein gewerblicher Grundstückshandel vermieden werden soll. Wenn die zwischengeschaltete Person selbst durch die Erschließung eine Wertsteigerung herbeiführt, greift die abweichende Zurechnung aber nicht.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung seine Rechtsprechung weiter konkretisiert, inwiefern die Zwischenschaltung eines Ehegatten beim Erwerb einer Immobilie einen Gestaltungsmissbrauch darstellt und zur Zurechnung dieser Immobilie an den anderen Ehegatten führen kann.

Sachverhalt im Besprechungsfall

Die Kläger, Eheleute E und F, betreiben in Form einer GbR einen landwirtschaftlichen Betrieb; an diesen überlässt der Kläger E einige Grundstücke zur Nutzung. Für zwei dieser Grundstücke hatte die zuständige Gemeinde einen Bebauungsplan erlassen.

Weil E einen gewerblichen Grundstückshandel befürchtet, verkauft E die Grundstücke an die F, welche nunmehr die Grundstücke baureif machen und parzelliert weiterverkaufen soll.

Der Kaufpreis wurde zwar sofort fällig gestellt, allerdings derart gestundet, dass er erst ab dem Verkauf des sechsten Bauplatzes in Höhe des jeweils erzielten Erlöses ratierlich zu erbringen war. Eine Verzinsung oder Sicherheitenstellung war nicht vereinbart. Anschließend schloss die Klägerin mit der Gemeinde B einen Erschließungsvertrag ab.

Die Erschließung wurde durch ein Ingenieur- und Architekturbüro koordiniert. Zur Finanzierung der Erschließungskosten nahm F zwei Darlehen auf, deren Rückzahlung durch eine Grundschuld auf Grundstücken gesichert wurde, welche E gehörten. Nach Abschluss der Erschließungsarbeiten veräußerte F in den folgenden Jahren sukzessive die parzellierten Baugrundstücke.

Die Kaufpreiszahlungen an E nahm F entsprechend den vertraglichen Vereinbarungen auf. Für die Streitjahre erklärten die Kläger Einkünfte aus ihrem Gewerbebetrieb „Baulandvermarktung“. Nach einer Außenprüfung erkannte das Finanzamt (FA) den Grundstückskaufvertrag steuerrechtlich nicht an, da die Vereinbarungen einem Fremdvergleich nicht standhielten.

Die Einkünfte aus der Baulandvermarktung rechnete das FA dem Kläger zu, denn die Klägerin sei nach dem Gesamtplan beider Ehegatten nur zum Zweck der Inanspruchnahme des Wahlrechts auf Bildung einer Reinvestitionsrücklage „zwischengeschaltet“ worden. Darin sah das FA einen Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten (gem. § 42 AO). Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte dem teilweise nicht.

Zurechnung von Einkünften

Die persönliche Zurechnung von Einkünften richtet sich danach, welche Person sie „erzielt“ hat. Dies ist diejenige Person, welche die Leistung bewirkt, durch die der Tatbestand der Einkünfteerzielung gem. §§ 13 ff. EStG verwirklicht wird. Einkünfte sind steuerrechtlich nicht zwangsläufig derjenigen Person zuzurechnen, die im Außenverhältnis die jeweiligen Rechtsgeschäfte abschließt, an welche die Besteuerung anknüpft.

Entscheidend ist vielmehr, auf wessen Rechnung und Gefahr die Tatbestandsverwirklichung erfolgt. Wird eine Einkunftsquelle auf einen anderen Rechtsträger übertragen, kann dies dazu führen, dass die Einkünfte trotz zivilrechtlicher Wirksamkeit der Übertragung unter bestimmten Voraussetzungen weiterhin dem übertragenden Steuerpflichtigen zuzurechnen sind.

Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten nach § 42 AO

Dies ist insbesondere der Fall, wenn sich die Übertragung als Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten gem. § 42 AO erweist. Bei einer Zwischenschaltung Dritter in Grundstücksaktivitäten eines Steuerpflichtigen sind Fallgruppen entwickelt worden, in denen ein Missbrauch rechtlicher Gestaltungsmöglichkeiten nahe liegt.

Sämtliche Fallgruppen sind dadurch gekennzeichnet, dass durch eine wirtschaftlich sinnlose Zwischenschaltung steuerpflichtige Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel vermieden werden. Das heißt, dass die Gewinne aus der Wertschöpfung des Grundbesitzes in der nicht steuerbaren Vermögenssphäre des Steuerpflichtigen vereinnahmt werden sollen.

Wird eine nahestehende natürliche Person in die Grundstücksaktivitäten des Steuerpflichtigen einbezogen, sollen für den Fall, dass für die Gestaltung keine außersteuerlichen Gründe erkennbar sind, die Veräußerungen durch diese nahestehende Person dem Steuerpflichtigen gem. § 42 AO zugerechnet werden können, wenn aufgrund einer Würdigung des Gesamtbilds der Verhältnisse der Steuerpflichtige „das Geschehen beherrscht und steuert“ bzw. die Zwischenschaltung wirtschaftlich sinnlos ist.

Entscheidung im Besprechungsfall

Nach Ansicht des BFH hat das FG unberücksichtigt gelassen, dass der Wertschöpfungsprozess zum Zeitpunkt der Übertragung der Grundstücke auf die Klägerin noch nicht abgeschlossen war. Erst durch deren Erschließung entwickelten sich die Grundstücke vom Rohbauland zu baureifem Land.

Daher wurde der Klägerin somit keine bereits fertig ausgehandelte, sondern erst eine von ihr selbst umzusetzende Erwerbschance übertragen. Ob die Gewinne aus der Baulandvermarktung steuerlich trotz zivilrechtlich wirksamer Übertragung der Grundstücke dem Kläger zuzurechnen sind, muss daher in einem zweiten Rechtsgang erneut entschieden werden.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung bezüglich der – vermeintlichen – Zwischenschaltung einer Person als Missbrauch von Gestaltungsmöglichkeiten für weitere Klarheit gesorgt: Die Zwischenschaltung kann einen Missbrauch von rechtlichen Gestaltungsmöglichkeiten begründen. Dies gilt jedoch nicht, wenn die zwischengeschaltete Person selbst durch eine Erschließung die Wertsteigerung der Grundstücke herbeiführt.

BFH, Urt. v. 10.07.2019 - X R 21-22/17; X R 21/17; X R 22/17

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA Handels- und Gesellschaftsrecht