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Einkommensteuer -

Immobilien: Wann liegt ein gewerblicher Grundstückshandel vor?

Inwieweit können Baumaßnahmen vor einem Immobilienverkauf dazu führen, dass das Finanzamt von einem gewerblichen Grundstückshandel ausgeht? Nach dem BFH gilt: Auch bei einer langjährig privat vermieteten Immobilie können umfangreiche Bau- und Erweiterungsmaßnahmen bei einer bevorstehenden Veräußerung dazu führen, dass das Grundstück dem gewerblichen Betriebsvermögen zugeordnet wird.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung vom 15.01.2020 (X R 18/18, X R 19/18) dazu Stellung genommen, ob ein Anbau beim gewerblichen Grundstückshandel berücksichtigt werden kann.

Sachverhalt im Besprechungsfall

X gab seinen Betrieb auf und überführte die Betriebsgrundstücke ins Privatvermögen. Zudem errichtete er durch eine Umgestaltung und Erweiterung der vorhandenen ursprünglich betrieblichen Gebäudesubstanz eine Senioren- und Pflegeresidenz. Betreiberin dieser Residenz war eine GmbH.

X vermietete die Immobilie an die GmbH und erzielte hieraus Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung. Später erweiterte X dieses Gebäude auf dem vermieteten Grundstück. Dadurch verdoppelte sich die Anzahl der Heim- und Pflegeplätze. Die Herstellungskosten wurden weitgehend fremdfinanziert. Zeitgleich hatte X die X-KG als alleiniger Kommanditist gegründet und verpflichtete sich zur Einbringung jener Immobilie.

Im Gegenzug hatte die X-KG neben der Gewährung von Gesellschaftsrechten die im Zusammenhang mit dem Grundstück stehenden Verbindlichkeiten zu übernehmen. Später vereinbarten X und die X-KG den Übergang von Besitz, Nutzen und Lasten des Grundstücks. Zudem gründete X mit seiner Ehefrau A die Y-KG, deren Kommanditanteile die Eheleute zu je 50 % hielten.

In diese KG brachten sie als Pflichteinlage gegen Gewährung von Gesellschaftsrechten ein unbebautes, seinerzeit noch unerschlossenes Grundstück aus ihrem Privatvermögen in die Y-KG ein. Diese hatten sich mit einem städtebaulichen Vertrag gegenüber der Gemeinde zur Erschließung jenes Grundstücks sowie eines weiteren zeitnah hinzuerworbenen benachbarten Grundstücks verpflichtet.

Im Anschluss hieran parzellierte die Y-KG die Grundstücke in mehrere Einheiten, mit deren Verkauf sie im Folgejahr begann und davon elf Baugrundstücke verkaufte. Die Eheleute X erklärten die Erträge aus der Vermietung des Objekts als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung.

Einen etwaigen Gewinn aus der Einbringung des Grundstücks in die X-KG erklärten sie nicht. Das Finanzamt (FA) ging hingegen von einem gewerblichen Grundstückshandel des X aus. Einspruch und Klage blieben erfolglos, der BFH folgte dem nicht und hob die Entscheidung auf.

Voraussetzungen des gewerblichen Grundstückshandels

Bei Grundstücksaktivitäten eines Steuerpflichtigen wird die Grenze von der privaten Vermögensverwaltung hin zu einer gewerblichen Tätigkeit überschritten, wenn die sogenannte Dreiobjektgrenze überschritten ist, d.h., dass ein gewerblicher Grundstückshandel im Regelfall vorliegt, sofern innerhalb eines engen zeitlichen Zusammenhangs zwischen Anschaffung bzw. Bebauung und Verkauf – i.d.R. fünf Jahre – mehr als drei Objekte veräußert werden.

Allerdings haben sowohl die Zahl der Objekte als auch der zeitliche Abstand zwischen der Anschaffung, etwaiger Bebauungen und dem Verkauf nur eine indizielle Bedeutung. Veräußert der Steuerpflichtige weniger als vier Objekte, können besondere Umstände auf eine dennoch vorliegende gewerbliche Betätigung schließen lassen.

Eines Rückgriffs auf die Dreiobjektgrenze bedarf es nicht, wenn aufgrund objektiver Umstände feststeht, dass die Tätigkeiten mit unbedingter Veräußerungsabsicht ausgeübt worden sind. Ferner kann selbst ein zeitlich bereits weit zurückliegender Grundstückserwerb die Zuordnung zu einem gewerblichen Grundstückshandel nicht ausschließen, wenn ein hierauf befindliches Gebäude abgerissen und durch eine in Veräußerungsabsicht erfolgte Neubebauung ersetzt wird.

Ebenso wenig kann generell davon ausgegangen werden, dass Grundstücke, die der Steuerpflichtige länger als zehn Jahre im Eigentum hat, keine tauglichen Objekte eines gewerblichen Grundstückshandels mehr sind.
Deswegen ist auch ein Grundstück, das bereits langjährig im Eigentum des Steuerpflichtigen steht und seit längerer Zeit im Rahmen privater Vermögensverwaltung genutzt wird, nicht von vornherein ungeeignet, Teil eines gewerblichen Grundstückshandels zu sein.

Vielmehr kann ein solches Grundstück Gegenstand des gewerblichen Umlaufvermögens werden, wenn der Steuerpflichtige selbst nach langfristiger Vermietung im Hinblick auf eine Veräußerung Baumaßnahmen ergreift, die derart umfassend sind, dass hierdurch das bereits bestehende Wirtschaftsgut „Gebäude“ nicht nur erweitert oder über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessert wird, sondern ein neues Wirtschaftsgut „Gebäude“ hergestellt wird.

Dies gilt unabhängig davon, ob durch die Maßnahmen ein selbständiges – neben den Altbau tretendes – neues Gebäude, ein selbständiger Gebäudeteil oder ein einheitliches neues Gebäude unter Einbeziehung der Altbausubstanz entsteht. Im Hinblick auf die in jedem Fall notwendige erforderliche umfassende Substanzvermehrung ist es insoweit nicht erforderlich, dass dem Objekt eine andere Marktgängigkeit verliehen wird.

Anwendung im Besprechungsfall

Vor diesem Hintergrund genügen dem BFH die bisherigen Feststellungen nicht, um von einem gewerblichen Grundstückshandel auszugehen. Zwar hat X das gesamte Grundstück durch Einbringung in das Gesamthandsvermögen der gewerblich geprägten X-KG veräußert.

Als Gegenleistung hat ihm die Gesellschaft – neben der Übernahme von Verbindlichkeiten – Gesellschaftsrechte gewährt, bei welchen es sich um ein tauschähnliches und damit entgeltliches Rechtsgeschäft handelte.

Allerdings fehlt es an ausreichenden tatsächlichen Feststellungen, inwiefern das Grundstück überhaupt tauglicher Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels sein konnte. In diesem Punkt fehlen dem BFH Feststellungen dazu, dass X die Immobilie bereits seit über 20 Jahren im Rahmen privater Vermögensverwaltung vermietet hatte, so dass es nach Maßgabe der dargelegten Grundsätze einer besonderen Rechtfertigung – der Schaffung eines neuen Wirtschaftsguts – bedarf, um die Grundstücksaktivitäten als gewerblich zu qualifizieren.

Die Feststellung, durch den Erweiterungsbau seien die Heim- und Pflegeplätze verdoppelt worden, genügt für sich genommen nicht, um abschließend entscheiden zu können, ob die Baumaßnahmen zur Errichtung eines neuen Wirtschaftsguts geführt haben. Dies stellt für den BFH einen Rechtsfehler dar, der zur Aufhebung der Urteile führt.

Weitere Hinweise des BFH

Für die ausstehende Feststellung, ob durch die erweiternde Bebauung ein neues Wirtschaftsgut hergestellt wurde, dürften sowohl die im Baugenehmigungsverfahren eingereichten Unterlagen als auch insbesondere das bereits vorliegende Marktwertgutachten eines Sachverständigen heranzuziehen sein.

Sollte sich dabei ergeben, dass durch die Baumaßnahmen kein neues Wirtschaftsgut geschaffen, sondern das bereits bestehende Gebäude lediglich erweitert oder über dessen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessert wurde, scheidet nach Ansicht des BFH ein gewerblicher Grundstückshandel wegen der langjährigen privaten Vermögensverwaltung der Immobilie von vornherein aus.

Dagegen schließt der BFH einen gewerblichen Grundstückshandel nicht aus, wenn zum einen durch die Baumaßnahmen ein neues selbständiges Gebäude („Erweiterungsbau“) errichtet worden wäre. Dies beurteilt sich ebenfalls nach bautechnischen Kriterien und setzt eine eigene statische Standfestigkeit voraus.

In diesem Fall wären zumindest der Erweiterungsbau und der hierauf entfallende anteilige Grund und Boden taugliche Objekte eines gewerblichen Grundstückshandels. Zum anderen könnte die Immobilie einem gewerblichen Grundstückshandel zugeordnet werden, wenn dem neu errichteten Erweiterungsbau zwar eine bautechnische Selbständigkeit fehlte, aber durch eine Verschachtelung mit der Altbausubstanz ein einheitliches neues Gebäude entstanden wäre.

Voraussetzung hierfür wäre, dass die Neubauteile dem Gesamtgebäude mit Blick auf die Größen- und Wertverhältnisse das Gepräge verliehen. Dies ist der Fall bei einer Flächenvergrößerung von gut 150 %.

Sollte X durch die Erweiterungsbaumaßnahmen kein neues selbständiges Gebäude, sondern ein neues einheitliches Gebäude hergestellt haben, wäre zu berücksichtigen, dass auch die Altgebäude sowie der hierauf entfallende Grund und Boden taugliche Objekte eines gewerblichen Grundstückshandels wären. Falls das Grundstück ganz oder zumindest teilweise tauglicher Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels war, sind auch die übrigen Merkmale einer gewerblichen Betätigung gegeben.

Praxishinweis

Der BFH hat mit dieser Entscheidung die bisher geltenden Grundsätze für den gewerblichen Grundstückshandel noch einmal bestätigt. Er ordnet ein bebautes Grundstück, das durch den Steuerpflichtigen langjährig im Rahmen privater Vermögensverwaltung genutzt wird, als geeigneten Gegenstand eines gewerblichen Grundstückshandels ein, wenn der Steuerpflichtige im Hinblick auf eine Veräußerung Baumaßnahmen ergreift, die so umfassend sind, dass hierdurch das bereits bestehende Gebäude nicht nur erweitert oder über seinen ursprünglichen Zustand hinausgehend wesentlich verbessert wird, sondern ein neues Gebäude hergestellt wird.

BFH, Urt. v. 15.01.2020 - X R 18/18, X R 19/18

Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht