Grundsteuerwertfeststellung im Bundesmodell: AdV!

Der BFH hat in zwei Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes zum Bundesmodell entschieden, dass im Einzelfall unter bestimmten Bedingungen die Möglichkeit gegeben sein muss, einen unter dem festgestellten Grundsteuerwert liegenden Wert des Grundstücks nachzuweisen.

Bei summarischer Prüfung sei nicht auszuschließen, dass die Antragsteller aufgrund einzelfallbezogener Besonderheiten den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts ihrer Grundstücke mit der erforderlichen Abweichung zu den festgestellten Grundsteuerwerten führen könnten.

Da deshalb bereits Zweifel an der Höhe der festgestellten Grundsteuerwerte bestanden, musste der BFH leider nicht mehr entscheiden, ob das Bundesmodell grundsätzlichen verfassungsrechtlichen Zweifeln bezüglich der zugrunde liegenden Bewertungsregeln unterliegt.

Entnehmen Sie unserem Beitrag die Einzelheiten der Beschlüsse und weitere Hinweise zum neuen Grundsteuerrecht.

** BFH, Beschluss vom 27.05.2024 - II B 78/23 und II B 79/23 (AdV)

Die Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. des Bewertungsgesetzes i.d.F. des Grundsteuer-Reformgesetzes vom 26.11.2019 (BGBl I 2019, 1794) sind bei der im Aussetzungsverfahren gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann. Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.

Hintergrund

Das BVerfG hatte im April 2018 entschieden, dass das bisherige Bewertungsrecht verfassungswidrig ist und der Gesetzgeber deshalb bis 31.12.2019 ein neues Gesetz erlassen muss. Für die Umsetzung neuer Bewertungsverfahren wurde eine Übergangsfrist bis Ende 2024 eingeräumt.

Den neuen Rechtsrahmen hat der Bund im November 2019 durch eine Änderung des Grundgesetzes (BGBl 2019 I S. 1546) und das neue GrStRefG (BGBl 2019 I S. 1794) geschaffen. Rund 36 Mio. Grundstücke in Deutschland mussten bzw. müssen neu bewertet werden.

Von der Länderöffnungsklausel in Art. 72 Abs. 3 GG, die den Ländern vom Bundesmodell abweichende Bewertungsregeln erlaubt, haben Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, Hessen und Niedersachsen Gebrauch gemacht, alle anderen Länder wenden das Bundesmodell an.

Zum 1.1.2025 werden die neuen Grundsteuerregelungen in Kraft treten. Damit verliert der Einheitswert als Berechnungsgrundlage seine Gültigkeit.

Klagewelle

Von Beginn an wurden verfassungsrechtliche Zweifel an der Grundstücksbewertung durch das Bundesmodell, aber auch durch die Ländermodelle, geltend gemacht.

Baden-Württemberg

Durch Landesgrundsteuergesetz wurde in Baden-Württemberg ein modifiziertes Bodenwertmodell geschaffen, das lediglich die Bodenrichtwerte und nicht die konkrete Bebauung berücksichtigt. Vor allem gegen die Bemessung des Grundsteuerwerts wurden in zwei Musterverfahren zahlreiche verfassungsrechtliche Einwände vorgetragen.

Diese hat das FG Baden-Württemberg mit Urteilen vom 11.06.2024 - 8 K 2368/22 und 8 K 1582/23 allesamt zurückgewiesen und die Revision zugelassen. Nach Auffassung des FG ist es mit dem allgemeinen Gleichheitssatz des Grundgesetzes vereinbar, dass der Landesgesetzgeber die Grundsteuer ausschließlich auf den Grund und Boden ohne Berücksichtigung der aufstehenden Gebäude erhebt.

Der Gesetzgeber habe nach der gefestigten Rechtsprechung des BVerfG bei der Auswahl des Steuergegenstands einen weiten Spielraum. Es sei deshalb zulässig, dass der Landesgesetzgeber nur den Grund und Boden eines Grundstücks mit Grundsteuer belaste und die Gebäude außer Acht lasse. Es ist davon auszugehen, dass die zugelassenen Revisionen eingelegt werden, der Fortgang der Verfahren ist abzuwarten.

Hinweis: Eine Besonderheit im baden-württembergischen Ländermodell stellt die Möglichkeit des Nachweises eines niedrigeren tatsächlichen Werts von Grund und Boden in § 38 Abs. 4 LGrStG BW dar. Auf Antrag können Steuerpflichtige durch ein qualifiziertes Gutachten des zuständigen Gutachterausschusses im Sinne der §§ 192 ff. BauGB oder von Personen, die von einer staatlichen, staatlich anerkannten oder nach DIN EN ISO/IEC 17024 akkreditierten Stelle als Sachverständige oder Gutachter für die Wertermittlung von Grund und Boden bestellt oder zertifiziert worden sind, den Ansatz eines niedrigeren Werts geltend machen. Voraussetzungen dafür ist allerdings, dass dieser Wert um mehr als 30 % von dem regulären Grundsteuerwert abweicht.

 

Bayern

In Bayern wurde ein reines Flächenmodell umgesetzt, welches gänzlich wertunabhängig ist und bei dem die Grundstückslage keine Rolle bei der Berechnung der Grundsteuer spielt.

Das FG Nürnberg lehnte mit Beschluss vom 08.08.2023 - 8 V 300/23 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes ab und bestätigte die Verfassungsmäßigkeit der Ermittlung der Grundsteuer auf der Grundlage eines reinen Flächenmodells nach dem Bayerischen Grundsteuergesetz.

Bei der im AdV-Verfahren gebotenen summarischen Prüfung sei das Bayerische Grundsteuergesetz vor dem Hintergrund des erheblichen Bewertungsspielraums des Gesetzgebers nicht zu beanstanden.

Das Bayerische Flächenmodell diente den Ländermodellen aus Hamburg, Hessen und Niedersachsen als Vorlage. Dort wurde das reine Flächenmodell allerdings derart modifiziert, dass sich auch die Grundstückslage – durch Ergänzung einer lagebedingt ermittelten Komponente – auf die Grundsteuerermittlung auswirkt.

Das Hamburgische Modell stellt hierbei auf die Wohnlage nach dem Wohnlageverzeichnis ab und im Hessischen und Niedersächsischen Modell kommt ein Faktor zur Anwendung, der auf das Verhältnis von Bodenrichtwert zu durchschnittlichem Bodenrichtwert der Gemeinde abstellt. Allen Flächenmodellen ist allerdings gemein, dass der Wert des Gebäudes und des Grundstücks grundsätzlich keine Rolle bei der Bewertung spielen.

Hamburg

Für Hamburg wurde das sog. Wohnlagemodell etabliert. Es handelt sich hierbei um ein Flächenmodell, das mit unterschiedlichen Äquivalenzzahlen für Flächen des Grund und Bodens und Gebäudeflächen arbeitet.

Allerdings wird die Berechnung auf Ebene der Grundsteuermesszahl um einen Wohnlagenfaktor ergänzt, durch den auch die wertbeeinflussende Grundstückslage Eingang in die Berechnung der Grundsteuer findet. Außerdem sind Abschläge von der Steuermesszahl aus sozial- und wohnungspolitischen Gründen vorgesehen, wenn die Gebäudeflächen fast ausschließlich zu Wohnzwecken dienen. Musterklageverfahren in Hamburg sind aktuell nicht bekannt.

Hessen

Das hessische Flächen-Faktor-Verfahren umfasst um einen lagebezogenen Faktor, der die Grundstückslage bei der Berechnung mit einfließen lässt. Dabei dient der Bodenrichtwert als Indikator für eine gute oder schlechtere Lage.

Das mit dem Hessischen Grundsteuergesetz verwirklichte Flächen-Faktor-Verfahren führte dem Vernehmen nach zu einer im Vergleich zu anderen Bundesländern geringen Rechtsbehelfsquote. Ein großer Teil der Einsprüche bezieht sich zwar auf die Verfassungswidrigkeit des Hessischen Grundsteuergesetzes; es ist aber bis heute kein Klageverfahren bekannt, das die Verfassungsmäßigkeit des Hessischen Grundsteuergesetzes grundlegend in Frage stellt.

Niedersachsen

Das niedersächsische Grundsteuergesetz bestimmt ein sog. Flächen-Lage-Modell. Grundlage für die Bewertung der Grundstücke sind die Flächen des Grund und Bodens und des Gebäudes multipliziert mit einer Äquivalenzzahl (bestimmter Zahlenwert je qm Boden und Gebäudefläche) und einem Lage-Faktor (Zu- oder Abschlag für die Lage des Grundstücks) für das jeweilige Grundstück.

Bei dem für die Grundsteuer zuständigen 1. Senat des Niedersächsischen Finanzgerichts ist ein Klageverfahren rechtshängig, das die Frage der Verfassungsmäßigkeit des Niedersächsischen Grundsteuergesetzes zum Gegenstand hat (Az. 1 K 38/24).

Bundesmodell

Auch gegen das Bewertungsmodell des Bundes werden verfassungsrechtliche Bedenken vorgetragen. Beim FG Berlin-Brandenburg sind mittlerweile mindestens vier Klagen (3 K 3026/23, 3 K 3170/22, 3 K 3018/23 und 3 K 3142/23) zur Frage der Verfassungsmäßigkeit der Bewertung zur Feststellung des Grundsteuerwertes zum 1.1.2022 im Bundesmodell anhängig, ebenso in Rheinland-Pfalz (4 K 1189/23, 4 K 1190/23, 4 K 1217/23 und 4 K 1205/23).

Das Sächsische FG hat die Feststellung der Grundsteuerwerte auf den 1.1.2022 und des Grundsteuermessbetrages auf den 1.1.2025 für rechtmäßig erklärt (Sächsisches FG, Urt. v. 24.10.2023 – 2 K 574/23, rkr.).

Anfechtung des richtigen Bescheides

Nach den Regelungen des Bewertungsgesetzes im Bundesmodell wird die Bemessungsgrundlage für die Grundsteuer, die ab dem 1.1.2025 von den Gemeinden erhoben werden wird, ganz wesentlich durch die Feststellung des Grundsteuerwerts auf den 1.1.2022 vorbestimmt.

Diese Feststellung erfolgt durch eigenständige Grundlagenbescheide des Finanzamts, sodass Einwände gegen die Höhe der Bemessungsgrundlage der künftig erhobenen Grundsteuer gegen diese Grundsteuerwertbescheide vorgebracht werden müssen.

Im Grundsteuerwertbescheid wird die Höhe des Grundsteuerwerts festgestellt. In dem Bescheid über den Grundsteuermessbetrag zum 1.1.2025 wird der Grundsteuermessbetrag durch die Multiplikation des Grundsteuerwerts mit der Steuermesszahl festgesetzt.

Erst am Ende der Kette steht der Erlass des Grundsteuerbescheids auf den 1.1.2025 (Hauptveranlagungszeitpunkt). Die Gemeinde multipliziert dabei den Grundsteuermessbetrag mit dem von ihr festgelegten gemeindlichen Hebesatz.

Bei der Anfechtung von Verwaltungsakten ist zu beachten, dass Entscheidungen in einem Grundlagenbescheid nur durch Anfechtung dieses Bescheids, nicht auch durch Anfechtung des Folgebescheids, angegriffen werden können.

Einwendungen, die sich auf die gesonderte Wertfeststellung beziehen, können daher nicht im Rahmen eines Rechtsbehelfs gegen den Grundsteuerbescheid als Folgebescheid geltend gemacht werden.

AdV-Verfahren Bundesmodell

Bereits am 23.11.2023 hatte der 4. Senat des FG Rheinland-Pfalz in zwei Verfahren des einstweiligen Rechtschutzes (Az. 4 V 1295/23 und 4 V 1429/23) zu den Bewertungsregeln des neuen Grundsteuer- und Bewertungsrechts entschieden, dass die Vollziehung der dort angegriffenen Grundsteuerwertbescheide wegen ernstlicher Zweifel an der Rechtmäßigkeit auszusetzen ist.

Neben einfachrechtlichen Bedenken hatte das FG Rheinland-Pfalz grundsätzliche verfassungsrechtliche Bedenken gegen die neuen Bewertungsregeln nach dem Bundesmodell erhoben.

Es bestehen ernstliche Zweifel daran, dass die neuen Bewertungsvorschriften der §§ 218 ff. BewG dem aus Art. 3 Abs. 1 GG abgeleiteten Gebot einer realitäts- und relationsgerechten Grundstücksbewertung entsprechen.

So sei bereits nicht eindeutig, was der genaue Belastungsgrund der Grundsteuer sein soll und wie daher überprüft werden könne, ob die durch das Bewertungssystem erreichten Bewertungsergebnisse „relationsgerecht“ sind, also tatsächlich bestehende Wertunterschiede angemessen abbilden können.

Die große Zahl gesetzlicher Typisierungen und Pauschalierungen in den §§ 243 ff. BewG und eine nahezu vollständige Vernachlässigung aller individuellen Umstände der konkret bewerteten Grundstücke führt zu gleichheitswidrigen Wertverzerrungen für den gesamten Kernbereich der Grundsteuerwertermittlung.

Die gewählte Regelungstechnik bewirkt eine gleichheitswidrige Nivellierung der Grundstücksbewertung mit systematischen Unterbewertungen hochwertiger Immobilien und systematischen Überbewertungen für solche Immobilien, die sich in weniger begehrten Lagen bzw. in schlechterem baulichen Zustand befinden oder deren Ausstattungsmerkmale weniger hochwertig sind.

Die Regelungen führen zudem in erheblichem Umfang zu Wertverschiebungen, sodass insgesamt nicht mehr von einer gleichheitsgerechten Bewertung ausgegangen werden kann.

Insbesondere wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfragen wurde die Beschwerde zum BFH zugelassen. Über diese Beschwerden entschied der BFH nun mit Beschlüssen vom 27.05.2024.

Sachverhalte

II B 78/23: Die Antragstellerin ist Eigentümerin eines 351 qm großen und mit einem 72 qm großen Einfamilienhaus (Baujahr 1880) bebauten Grundstücks. Nach dem Vortrag der Antragstellerin sei das Haus seit Jahrzehnten unrenoviert und u.a. noch mit einer Einfachverglasung der Fenster versehen.

Der Bodenrichtwert für das 351 qm große Grundstück war durch den zuständigen Gutachterausschuss mit 125 € pro Quadratmeter ermittelt worden. Das Finanzamt wandte den gesetzlich normierten Mietwert an und stellte den Grundsteuerwert für die gesamte Immobilie zum Stichtag 1.1.2022 auf 91.600 € fest, den es nach § 250 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1, § 252 Satz 1, § 230 des BewG aus der Summe des kapitalisierten Reinertrags des Grundstücks und des abgezinsten Bodenwerts ermittelte.

II B 79/23: Die Grundsteuerwertfeststellung betraf ein Einfamilienhaus mit einer Wohnfläche von 178 qm, das im Jahr 1977 bezugsfertig errichtet wurde. Der Bodenrichtwert für das 1.053 qm große Grundstück war durch den zuständigen Gutachterausschuss mit 300 € pro Quadratmeter ermittelt worden.

Nach dem Vortrag der Antragsteller könne dieser Bodenwert nur mit einem Abschlag von 30 % angewandt werden, weil ihr Grundstück aufgrund einer Bebauung in zweiter Reihe, der Grundstückserschließung nur durch einen Privatweg und wegen einer besonderen Hanglage nur eingeschränkt nutzbar sei. Das Finanzamt berücksichtigte den Bodenrichtwert gleichwohl ohne Abschlag und stellte den Grundsteuerwert für die gesamte Immobilie zum Stichtag 1.1.2022 auf 318.800 € fest.

BFH-Beschlüsse

Der BFH bestätigte die Entscheidungen des FG Rheinland-Pfalz. Die Vollziehung eines angefochtenen Verwaltungsakts ist ganz oder teilweise auszusetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

Nach Ansicht des BFH bestehen bereits einfachrechtliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide in Bezug auf die Höhe des jeweils festgestellten Grundsteuerwerts. Die Zweifel ergeben sich u.a. daraus, dass dem Steuerpflichtigen bei verfassungskonformer Auslegung der Bewertungsvorschriften die Möglichkeit eingeräumt werden muss, bei einer Verletzung des Übermaßverbots einen niedrigeren gemeinen Wert nachzuweisen.

Verhältnismäßigkeitsgrundsatz

Das Bundesmodell knüpft allein an das Innehaben von Grundbesitz und die damit verbundene (abstrakte) Leistungskraft an, ohne dass es auf die persönlichen Verhältnisse des Steuerpflichtigen, die Ausdruck seiner subjektiven Leistungsfähigkeit sein können, ankommt.

Belastungsgrund ist nach der gesetzgeberischen Vorstellung die durch den Grundbesitz vermittelte Möglichkeit einer ertragbringenden Nutzung, die sich im Sollertrag widerspiegelt und eine objektive Leistungsfähigkeit vermittelt.

Eine dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügende und das daraus folgende Übermaßverbot beachtende Besteuerung ist wegen dieser Belastungsgrundentscheidung des Gesetzgebers daher grundsätzlich nur dann gewährleistet, wenn sich das Gesetz auf der Bewertungsebene am gemeinen Wert als dem maßgeblichen Bewertungsziel orientiert und den Sollertrag mittels einer verkehrswertorientierten Bemessungsgrundlage bestimmt.

Soweit sich im Einzelfall ein Unterschied zwischen dem gemäß §§ 218 ff. BewG ermittelten Wert und dem gemeinen Wert ergibt, ist dies aufgrund der typisierenden und pauschalierenden Wertermittlung des Bewertungsgesetzes, die notwendigerweise mit Ungenauigkeiten verbunden ist, grundsätzlich hinzunehmen.

Übermaßverbot

Verfassungsgemäß ist die typisierende Regelung jedoch nur so lange, wie ein Verstoß gegen das Übermaßverbot im Einzelfall entweder durch verfassungskonforme Auslegung der Vorschrift oder durch eine Billigkeitsmaßnahme abgewendet werden kann.

Das Übermaßverbot kann insbesondere dann verletzt sein, wenn sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist. Nach der bisherigen BFH-Rechtsprechung setzt dies regelmäßig voraus, dass der vom Finanzamt festgestellte Wert den nachgewiesenen niedrigeren gemeinen Wert um 40 % oder mehr übersteigt (vgl. z.B. BFH, Urt. v. 16.11.2022 – II R 39/20, BStBl II 2024, 246, Rz. 27).

Da die Bewertung nach dem Siebenten Abschnitt des Bewertungsgesetzes eine abweichende Wertfeststellung aus Billigkeitsgründen nicht vorsieht (vgl. § 220 Satz 2 BewG), bestehen ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der angefochtenen Bescheide.

Es ist nicht ausgeschlossen, dass zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung im konkreten Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts in verfassungskonformer Auslegung der §§ 218 ff. BewG im Hauptsacheverfahren gelingt.

In beiden Verfahren wurden konkrete Umstände des Einzelfalls vorgetragen, die den erfolgreichen Nachweis eines niedrigeren gemeinen Werts für die gesamte wirtschaftliche Einheit mit der erforderlichen Abweichung zu dem im typisierten Verfahren festgestellten Grundsteuerwert im Hauptsacheverfahren möglich erscheinen lassen.

Weitere verfassungsrechtliche Zweifel?

Da bereits ernstliche Zweifel an der einfach-rechtlichen Rechtmäßigkeit der angefochtenen Feststellungsbescheide bestanden, war vom BFH nicht mehr zu prüfen, ob die AdV auch wegen der vom FG in der Vorinstanz geäußerten weiteren verfassungsrechtlichen Zweifel an der Gültigkeit der dem Bescheid zugrunde liegenden Bewertungsvorschriften zu gewähren ist.

Fazit

Die Bewertungsvorschriften des Bundesmodells sind bei der im Aussetzungsverfahren gebotenen summarischen Prüfung verfassungskonform dahin auszulegen, dass auf der Ebene der Grundsteuerwertfeststellung im Einzelfall der Nachweis eines niedrigeren (gemeinen) Werts erfolgen kann.

Hierfür ist regelmäßig der Nachweis erforderlich, dass der Wert der wirtschaftlichen Einheit den festgestellten Grundsteuerwert derart unterschreitet, dass sich der festgestellte Wert als erheblich über das normale Maß hinausgehend erweist.

Der BFH hat zwar noch nicht abschließend entschieden, ob und in welchem Umfang die Vorschriften verfassungswidrig sind; dies dürfte jedoch in den weiterhin anhängigen Verfahren nachgeholt werden. Eigentümer, die gegen ihren Grundsteuerwertbescheid Einspruch eingelegt haben, können weiterhin das Ruhen ihres Einspruchsverfahrens beantragen.

Kerstin Löbe, Steuerberaterin, Dipl.-Finanzwirtin (FH), Köln/Xanten

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