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Einkommensteuer -

Arbeiten im Ausland: Wer ist „Grenzgänger“?

Wer in Deutschland wohnt und im Ausland arbeitet, kann unter die sog. Grenzgängerregelung fallen. Hiervon hängt ab, wo die Einkünfte besteuert werden. Aber bis zu welcher Entfernung zwischen Arbeitsstätte und Wohnort gelten Arbeitnehmer als Grenzgänger? Das Finanzgericht München hat entschieden, dass keine Grenzgängereigenschaft vorliegt, wenn eine tägliche Heimfahrt nicht zumutbar ist.

Mit Urteil vom 12.09.2018 hat das Finanzgericht München (FG) entschieden, dass eine Besteuerung als Grenzgänger ausscheidet, wenn eine tägliche Heimfahrt nicht zugemutet werden kann.

Demnach ist die Zumutbarkeit zu verneinen, wenn die Straßenentfernung zur Arbeitsstätte mehr als 110 km beträgt oder wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zum Wohnort benötigte Zeit eines Hin- und Rückwegs mit dem i.d.R. genutzten Transportmittel drei Stunden übersteigt. Kann eine tägliche Heimfahrt nicht zugemutet werden, liegt keine Grenzgängereigenschaft vor.

Sachlage im Streitfall

Im aktuellen Fall arbeitete ein in Deutschland wohnender Arzt nach der Aufgabe seiner eigenen Arztpraxis in der Schweiz als Honorararzt. In der Gewinnermittlung für seine Tätigkeit als Praxisvertreter an Sonn- und Feiertagen erklärte er einen Gewinn und gab zudem Einkünfte aus einer Vertretungstätigkeit in einem Krankenhaus in der Schweiz an.

Diese Tätigkeiten dauerten zusammenhängend mehrere Tage oder auch einige Wochen. Zusätzlich wies der Arzt in seiner Steuererklärung darauf hin, dass die Versteuerung in der Schweiz erfolgt ist, und reichte eine entsprechende Bestätigung beim Finanzamt (FA) ein.

Das FA setzte seine Einkünfte, welche er mit der Vertretungstätigkeit einnahm, als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit fest und behandelte diese nach der sogenannten „Grenzgängerregelung“.

Im Rahmen des Einspruchs erläuterte der Arzt, dass er kein Grenzgänger ist, da eine tägliche Heimfahrt nicht möglich gewesen ist. Grund dafür ist zum einen die Entfernung von mehr als 200 km vom Tätigkeitsort zum Wohnort und zum anderen der 24-Stunden-Dienst während der befristeten Arbeitseinsätze.

Auch hat der Arbeitgeber die Quellensteuer in Abzug gebracht, und das Besteuerungsrecht liegt somit bei der Schweiz.

Das zuständige FA wies den Einspruch zurück und führte zur Begründung aus, dass bei einem mehrtägigen Arbeitseinsatz die „regelmäßige Rückkehr nach Arbeitsende“ i.S.d. Art. 15a DBA-Schweiz nicht ausgeschlossen ist, wenn sich die Arbeitsausübung aus betrieblichen Gründen über mehrere Tage erstreckt.

In diesen Fällen sind als Nichtrückkehrtage nur diejenigen Tage zu zählen, an denen der Arbeitnehmer im Anschluss an die mehrtägige Tätigkeit nicht an seinen Wohnort zurückkehrt.

Grenzgängerregelung mit der Schweiz

Grundsätzlich unterliegen nach Art. 15 Abs. 1 i.V.m. Art. 24 Abs. 1 Nr. 1d DBA Schweiz Arbeitseinkünfte eines in Deutschland ansässigen Arbeitnehmers, dessen Arbeitsort in der Schweiz liegt, einer Besteuerung in der Schweiz. Deutschland stellt diese Einkünfte frei. Dies gilt auch bei einem vorübergehenden Aufenthalt in der Schweiz, wenn eine Kostentragung durch einen dort ansässigen Arbeitgeber erfolgt.

Eine Ausnahme von diesem Grundsatz gilt ausschließlich für Grenzgänger. Gehälter, Löhne und ähnliche Vergütungen von Grenzgängern können in dem Staat, besteuert werden, in welchem sie ansässig sind. Ein Grenzgänger ist nach dem DBA Schweiz jede in einem Vertragsstaat ansässige Person, welche in einem anderen Vertragsstaat ihren Arbeitsort hat und von dort regelmäßig an ihren Wohnsitz zurückkehrt.

Die Grenzgängereigenschaft entfällt jedoch dann, wenn die dort tätige Person nicht während des gesamten Kalenderjahres an mehr als 60 Arbeitstagen aufgrund ihrer Arbeitsausübung nach Arbeitsende an ihren Wohnsitz zurückkehrt. Als Arbeitstage gelten die vereinbarten Arbeitstage und bei einer befristeten Beschäftigung ist die 60-Tage-Grenze entsprechend zu kürzen.

Ob eine Rückreise für die dort tätige Person zugemutet werden kann, so dass die Voraussetzungen eines Grenzgängers erfüllt werden, ergibt sich aus einer Verständigungsvereinbarung mit der Schweiz.

Demnach ist die Zumutbarkeit zu verneinen, wenn die Straßenentfernung mehr als 110 km beträgt oder wenn die für die Wegstrecke von der Arbeitsstätte zum Wohnort benötigte Zeit für Hin- und Rückweg mit dem i.d.R. benutzten Transportmittel drei Stunden übersteigt.

Praxishinweis

Das FG wendet die Regelungen zur Grenzgängerbesteuerung konsequent an und stellt deutlich heraus, dass Voraussetzung für eine Grenzgängereigenschaft die zumutbaren Weg- und Zeitgrenzen sind, welche auch nicht aufgrund berufsbedingter längerer Arbeitszeiten geändert werden. Beträgt die Straßenentfernung mehr als 110 km oder werden für den Hin- und Rückweg mehr als drei Stunden benötigt, scheidet eine Besteuerung als Grenzgänger aus.

Steuerpflichtige sollten beachten, dass die ausländischen Einkünfte jedoch stets in ihrer Steuererklärung anzugeben sind und dem Progressionsvorbehalt nach § 32b Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 EStG unterliegen.

FG München, Urt. v. 12.09.2018 - 15 K 1010/18

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper