Stellt ein Entgelt, das Arbeitgeber für Werbung auf den Privatfahrzeugen ihrer Mitarbeiter zahlen, Arbeitslohn dar? Nach dem BFH ist das zu bejahen, wenn dem „Werbemietvertrag“, der mit dem Arbeitnehmer abgeschlossen wurde, kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt. Liegt in diesen Fällen Arbeitlohn vor, scheidet eine überwiegend eigenbetriebliche Veranlassung der Zahlung regelmäßig aus.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in seiner aktuellen Entscheidung vom 21.06.2022 (VI R 20/20) dazu Stellung genommen, wie die Werbung des Arbeitnehmers für seinen Arbeitgeber auf dem Kennzeichenhalter eines Pkw einkommensteuerlich zu behandeln ist.
Sachverhalt im Besprechungsfall
Die Arbeitgeberin K schloss mit einer Vielzahl ihrer Mitarbeiter einen Mietvertrag über Werbefläche ab, der die Mitarbeiter dazu verpflichtete, von K zur Verfügung gestellte, mit einem Werbeschriftzug versehene Kennzeichenhalter an ihren privaten Pkw anzubringen.
Im Gegenzug erhielten die Mitarbeiter eine jährliche Vergütung. Die Vergütung wurde an die Mitarbeiter gesondert vom Arbeitslohn gezahlt.
Das zuständige Finanzamt beurteilte die Vergütungen als Arbeitslohn und nahm die K in Haftung. Einspruch und Klage der K blieben erfolglos, auch der BFH folgte dem.
Entscheidung im Besprechungsfall
Zu den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit gehören alle Bezüge und Vorteile, die „für“ eine Beschäftigung gewährt werden.
Diese Bezüge oder Vorteile gelten dann als für eine Beschäftigung gewährt, wenn sie durch das individuelle Dienstverhältnis veranlasst sind, ohne dass ihnen eine Gegenleistung für eine konkrete (einzelne) Dienstleistung des Arbeitnehmers zugrunde liegen muss.
An dieser Veranlassung fehlt es nach Gerichtsauffassung, wenn eine Zuwendung wegen anderer Rechtsbeziehungen oder wegen sonstiger, nicht auf dem Dienstverhältnis beruhender Beziehungen zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber gewährt wird, also andere Erwerbsgrundlagen als die Nutzung der eigenen Arbeitskraft des Arbeitnehmers der ausschlaggebende Grund sind.
Dies ist nach dem wirtschaftlichen Gehalt des zu beurteilenden Lebenssachverhalts und nicht nach seiner äußeren Erscheinungsform zu entscheiden.
Deshalb steht auch der Abschluss eines neben dem Arbeitsvertrag bestehenden Rechtsverhältnisses zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer der Behandlung eines Vorteils als Arbeitslohn nicht zwingend entgegen, während umgekehrt allein aus der Vereinbarung eines Vorteils im Arbeitsvertrag nicht automatisch auf das Vorliegen von Arbeitslohn geschlossen werden kann.
Vor diesem Hintergrund nimmt der BFH im Besprechungsfall eine entsprechende Veranlassung im Anstellungsverhältnis an. Dem gesondert abgeschlossenen „Mietvertrag Werbefläche“ kommt für den BFH unter Berücksichtigung der am Markt befindlichen Angebote schon aufgrund seiner Ausgestaltung kein eigener wirtschaftlicher Gehalt zu.
Der Werbeeffekt ist demgegenüber nicht, wie im wirtschaftlichen Geschäftsverkehr üblich, ausschlaggebendes Kriterium für die Bemessung des Entgelts gewesen.
Ferner ist die Veranlassung der Zahlungen durch das Arbeitsverhältnis dadurch begründet, dass Verträge ausschließlich mit Mitarbeitern abgeschlossen worden sind und die Laufzeit der geschlossenen Verträge an das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses geknüpft war.
Darauf, ob die Gewährung der Zahlungen aus ganz überwiegend eigenbetrieblichem Interesse des Arbeitgebers erfolgt ist, kommt es hier nicht an. Die gezahlten Beträge sind als Gegenleistung für das Zurverfügungstellen der Arbeitskraft geleistet worden. In einem solchen Fall stellt sich die Frage der überwiegend eigenbetrieblichen Veranlassung einer Zuwendung regelmäßig nicht.
Praxishinweis
Der BFH hat mit dieser Entscheidung klargestellt, dass ein Entgelt für Werbung des Arbeitgebers auf dem Kennzeichenhalter des privaten Pkw des Arbeitnehmers durch das Arbeitsverhältnis veranlasst und damit Arbeitslohn ist, wenn dem mit dem Arbeitnehmer abgeschlossenen „Werbemietvertrag“ kein eigenständiger wirtschaftlicher Gehalt zukommt.
Ist das für die Werbung gezahlte Entgelt als Arbeitslohn zu beurteilen, so scheidet eine überwiegend eigenbetriebliche Veranlassung der Zahlung regelmäßig aus.
BFH, Beschl. v. 21.06.2022 - VI R 20/20