Was bedeutet es steuerlich, wenn Arbeitnehmer ihrem Arbeitgeber ein Arbeitszimmer oder eine als Homeoffice genutzte Wohnung vermieten? Das BMF übernimmt bei dieser Frage nun die Grundsätze des BFH: Leistungen des Arbeitgebers sind hierbei entweder den Einkünften aus nicht selbständiger Arbeit oder aus Vermietung und Verpachtung (VuV) zuzuordnen. Das vorrangige Interesse ist dabei ausschlaggebend.
Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat in einem aktuellen Schreiben die steuerliche Einordnung von Leistungen des Arbeitgebers für ein Arbeitszimmer bzw. ein Homeoffice an die neuesten Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) angepasst. Demnach ordnet das BMF derartige Leistungen entweder den Einkünften aus Arbeitslohn oder aus Vermietung und Verpachtung (VuV) zu. Entscheidend ist dabei, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung erfolgt.
Einkünfte aus nicht selbständiger Arbeit
Voraussetzung für die Zuordnung zu den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit ist die Veranlassung durch das individuelle Dienstverhältnis des Arbeitnehmers. An dieser Veranlassung fehlt es nach dem Schreiben, wenn der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer Bezüge und Vorteile aufgrund einer anderen Rechtsbeziehung zuwendet, die neben dem Dienstverhältnis gesondert besteht (z.B. ein Mietverhältnis).
Das Schreiben differenziert dabei wie folgt: Dient das Arbeitszimmer oder die als Homeoffice genutzte Wohnung in erster Linie dem Interesse des Arbeitnehmers, ist davon auszugehen, dass die Leistungen des Arbeitgebers Teil der Gegenleistung für die Überlassung der individuellen Arbeitskraft des Arbeitnehmers ist. Die Einnahmen sind dann als Arbeitslohn zu beurteilen, Einkünfte aus VuV liegen nicht vor.
Ein gewichtiges Indiz für Arbeitslohn ist, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb des Arbeitgebers über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und die Nutzung des Arbeitszimmers oder der als Homeoffice genutzten Wohnung vom Arbeitgeber lediglich gestattet oder geduldet wird. In diesem Fall ist grundsätzlich von einem vorrangigen Interesse des Arbeitnehmers an der Nutzung auszugehen.
Ist dies im Einzelfall anders, muss der Arbeitnehmer bzw. der Arbeitgeber das vorrangige Interesse des Arbeitgebers am zusätzlichen Arbeitsplatz nachweisen. Ein etwa gleichgerichtetes Interesse von Arbeitgeber und Arbeitnehmer reicht nicht aus, um den Arbeitslohncharakter zu verneinen.
Einkünfte aus VuV
Damit die Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer bei Letzterem zu den Einkünften aus VuV zugeordnet werden können, ist eine neben dem Dienstverhältnis gesondert bestehende Rechtsbeziehung erforderlich.
Diese setzt wiederum voraus, dass das Arbeitszimmer oder die als Homeoffice genutzte Wohnung vorrangig im betrieblichen Interesse des Arbeitsgebers genutzt wird und dieses Interesse über die Entlohnung des Arbeitnehmers sowie über die Erbringung der jeweiligen Arbeitsleistung hinausgeht.
Für das Vorliegen eines vorrangigen betrieblichen Interesses des Arbeitgebers nennt das BMF in seinem Schreiben folgende beispielhaften Indizien, wobei es nicht ausreicht, dass eine ausdrückliche, schriftliche Vereinbarung über die Bedingungen der Nutzung der überlassenen Räumlichkeiten abgeschlossen wurde:
- Für den Arbeitnehmer ist im Unternehmen kein geeigneter Arbeitsplatz vorhanden; die Versuche des Arbeitgebers, entsprechende Räume von fremden Dritten anzumieten, sind erfolglos geblieben.
- Der Arbeitgeber hat für andere Arbeitnehmer des Betriebs, die über keine für ein Arbeitszimmer geeignete Wohnung verfügen, entsprechende Rechtsbeziehungen mit fremden Dritten begründet, die nicht in einem Dienstverhältnis zu ihm stehen.
Für das Vorliegen eines betrieblichen Interesses kommt es nach dem Schreiben des BMF nicht darauf an,
- ob ein entsprechendes Nutzungsverhältnis zu gleichen Bedingungen auch mit einem fremden Dritten hätte begründet werden können, und
- ob der vereinbarte Mietzins die Höhe der ortsüblichen Marktmiete unterschreitet.
Das BMF stellt zudem klar, dass es sich bei der zweckentfremdeten Vermietung von Wohnraum an den Arbeitgeber zu dessen betrieblichen Zwecken (z.B. Arbeitszimmer, als Homeoffice genutzte Wohnung) um Gewerbeimmobilien handelt, für die durch objektbezogene Überschussprognose eine Einkünfteerzielungsabsicht nachzuweisen ist.
Daraus folgert das BMF in seinem Schreiben, dass trotz Nachweises des vorrangigen betrieblichen Interesses des Arbeitgebers an der Vermietung des Arbeitszimmers oder der als Homeoffice genutzten Wohnung vom Arbeitnehmer an den Arbeitgeber bei fehlender Einkünfteerzielungsabsicht aufgrund einer negativen Überschussprognose ein insgesamt steuerlich unbeachtlicher Vorgang auf der privaten Vermögensebene vorliegt. Eine Zuordnung der Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer als Arbeitslohn scheidet in diesem Fall (auch) aus.
Werbungskostenabzug für Arbeitnehmer
Sind die Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer den Einkünften aus VuV zuzuordnen, stellen alle Aufwendungen, die das Arbeitszimmer oder die als Homeoffice genutzte Wohnung betreffen, in vollem Umfang Werbungskosten bei diesen Einkünften dar.
Die Aufwendungen fallen nicht unter die Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer. Stellen die Leistungen des Arbeitgebers an den Arbeitnehmer hingegen Arbeitslohn dar, kommt diese Abzugsbeschränkung zur Anwendung.
Anwendungsregelung
Dieses Schreiben findet auf alle offenen Fälle Anwendung. Allerdings wird es laut Schreiben nicht beanstandet, wenn für Mietverträge, die vor dem 01.01.2019 abgeschlossen worden sind, bei den Einkünften aus VuV eine Einkünfteerzielungsabsicht nach den bisherigen Grundsätzen typisierend angenommen wird.
Praxishinweis
Es ist zu begrüßen, dass nun das BMF die Grundsätze der neuesten BFH-Entscheidungen übernimmt. Insoweit herrscht vorrangig Rechtssicherheit. Jedoch ist das Abgrenzungskriterium des vorrangigen Interesses an der Nutzung nicht so eindeutig, wie dies auf den ersten Blick erscheint. Auch die dafür im Schreiben beispielhaft genannten Indizien schaffen keine absolute Klarheit.
So ist z.B. nicht eindeutig, ob bereits eine geringfügige Unterschreitung der ortsüblichen Miete als Indiz ausreicht oder insoweit eine bestimmte Wesentlichkeitsgrenze überschritten sein muss. Daher bleibt abzuwarten, wie diese Grundsätze künftig durch die Rechtsprechung oder weitere Schreiben des BMF näher konkretisiert werden.
BMF, Schreiben v. 18.04.2019 - IV C 1 - S 2211/16/10003 :005
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht