Felix Jork © fotolia.de

Einkommensteuer -

Barumsätze: Was gilt als Kasse und wann darf geschätzt werden?

Der BFH hat entschieden, dass Geldspeicher von Geldeinwurfautomaten als Kassen gelten und kassensturzfähig sein müssen. Hinzuschätzungen, die einen (Un-)Sicherheitszuschlag beinhalten, müssen ausreichend begründet werden und anerkannten Grundsätzen entsprechen. Der BFH äußerte sich zudem dazu, welche steuerliche Bedeutung die Übertragung eines Firmennamens bei einer Betriebsveräußerung hat.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 20.03.2017 entschieden, dass für Geldeinwurfautomaten dieselben Grundsätze zur ordnungsgemäßen Kassenführung gelten wie bei „offenen Kassen“. Dies erfordert insbesondere eine Zählung der Geldbestände im Zeitpunkt der erstmaligen Entleerung, so dass die Kassensturzfähigkeit und somit eine Kontrolle über eine tatsächliche Auszählung gewährleistet ist. Eine nachträgliche Zählung reicht nicht aus, da so kein wirksamer Manipulationsschutz besteht.

Darüber hinaus gab der BFH vor, dass eine Hinzuschätzung durch das Finanzamt aufgrund formeller Buchführungsmängel anhand anerkannter Schätzungsgrundlagen oder allgemeiner Erfahrungssätze erfolgen muss, welche plausibel und nachvollziehbar sein müssen. Drittens stellte der BFH fest, dass eine eingeführte Bezeichnung für einen Betrieb eine wesentliche Betriebsgrundlage darstellt und es nicht ausreichend ist, diese durch einen Franchisevertrag zur Nutzung zu überlassen, um die steuerlichen Begünstigungen für eine Betriebsveräußerung im Ganzen zu erlangen.

Sachlage im Streitfall

Im aktuellen Fall betrieb der Kläger mehrere Läden unter einer einheitlichen Firmierung. Einen dieser Läden, in dem neben der Verkaufsfläche in einem zweiten Teil Automaten betrieben wurden, verkaufte der Kläger unter zeitgleicher Vereinbarung eines Franchisevertrags, der u.a. die Nutzung des Namens vorsah. Bei einer Außenprüfung wurde die Veräußerung als laufender Gewinn festgestellt, da nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen veräußert worden seien.

Darüber hinaus beanstandete das Finanzamt die mangelnde Kassensturzfähigkeit der Geldspeicher in den Automaten und sah darin eine nicht ordnungsgemäße Kassenführung. Es nahm daher Hinzuschätzungen auf die Einnahmen aus den Automaten i.H.v. 10 % vor. Nach erfolglosem Einspruch und Klage vor dem Finanzgericht (FG) bestätigte der BFH die Sichtweise des Finanzamts dahingehend, dass keine begünstigte Betriebsveräußerung im Ganzen vorlag und auch die Kassenführung nicht ordnungsgemäß war.

Allerdings war die Hinzuschätzung für den BFH nicht hinreichend plausibel sowie nachvollziehbar und sie konnte nicht im Hinblick auf die Angemessenheit überprüft werden, so dass das Urteil aufgehoben und zur anderweitigen Verhandlung an das FG zurückverwiesen wurde.

Betriebsveräußerung im Ganzen

Grundsätzlich kann ein Veräußerungsgewinn nach § 16 Abs. 1 i.V.m. § 34 Abs. 2 Nr. 1 EStG wie auch ein Aufgabegewinn nach § 16 Abs. 3 EStG steuerlich begünstigt sein, wodurch der Gewinn nicht der Gewerbesteuer unterliegt und einkommensteuerlich ein Freibetrag oder eine Tarifbegünstigung in Anspruch genommen werden kann. Voraussetzung ist, dass alle stillen Reserven aus den wesentlichen Betriebsgrundlagen in einem einheitlichen Vorgang aufgelöst werden.

Nach der sogenannten funktional-quantitativen Betrachtungsweise sind über die funktional wesentlichen Wirtschaftsgüter hinaus auch solche Wirtschaftsgüter mit einzubeziehen, in denen erhebliche stille Reserven gebunden sind. Im vorliegenden Fall ist die Bezeichnung des Ladens aus Sicht des BFH eine solche wesentliche Betriebsgrundlage, da die Weiterführung des Betriebs unter dem gleichen Namen eine wichtige Grundlage für das Auftreten am Markt sei.

Geldeinwurfautomat gleich offene Kasse

Per Gesetz sind Kasseneinnahmen ebenso wie Kassenausgaben täglich festzuhalten. Dabei sind Einnahmen wie Ausgaben zu Kontrollzwecken nicht zwangsläufig durch schriftliche Aufzeichnungen festzuhalten, sondern können auch durch jede andere Maßnahme festgehalten werden, die die Daten abrufbereit bereitstellt und konserviert. Dafür reicht grundsätzlich auch die geordnete Ablage von Belegen.

Bei einer offenen Ladenkasse sind Bareinnahmen in einem Kassenbericht festzuhalten, wobei kein zusätzliches Zählprotokoll geführt werden muss. Der Kassenbericht muss es einem Buchsachverständigen zumindest am Beginn und am Ende des Geschäftstags ermöglichen, den durch Kassensturz festgestellten Istbestand anhand der Aufzeichnungen zu überprüfen. Sollte eine solche Überprüfung nicht möglich sein, so liegt eine formell nicht ordnungsgemäße Buchführung vor.

Werden die Kasseneinnahmen in einem verschlossenen Behältnis aufbewahrt, so ist eine tägliche Auszählung nicht erforderlich. Die Auszählung ist jedoch im Augenblick der Entleerung zu dokumentieren und die Kassensturzfähigkeit ist sicherzustellen. Nicht ausreichend ist eine Rückrechnung anhand von Bankgutschriften oder verausgabten Beträgen, da diese nicht vor Manipulationen schützt.

Eine formell nicht ordnungsgemäße Buchführung eröffnet dem Finanzamt eine Schätzungsbefugnis. Eine entsprechende Schätzung muss auf anerkannten Schätzungsgrundsätzen, allgemeinen Erfahrungsätzen oder Denkgesetzen beruhen sowie schlüssig und vernünftig sein. Ein Sicherheitszuschlag soll als eine griffweise Schätzung in einem vernünftigen Verhältnis zu den erklärten oder nicht erklärten Einnahmen stehen.

Praxishinweis

Der BFH hat mit seinem Urteil klargestellt, dass für die privilegierte Betriebsveräußerung im Ganzen auch die Übertragung des Firmennamens als wesentliche Betriebsgrundlage erforderlich ist. Steuerpflichtige sollten darauf achten, auch bei Geldeinwurfautomaten die Kassensturzfähigkeit sicherzustellen, da eine Rückrechnung nicht ausreichend ist. Bei der Entleerung eines Automaten muss der Kassenbestand bestandsfest dokumentiert werden, um eine formell nicht zu beanstandende Buchführung vorzulegen. In der Praxis greifen die Finanzämter zurzeit vermehrt solche Kassenprüfungsfälle auf. Wird jedoch eine Hinzuschätzung vorgenommen, so sollte diese auf Plausibilität und Nachvollziehbarkeit überprüft werden.

BFH, Urt. v. 20.03.2017 - X R 11/16

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper