Wann liegt als Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung „personelle Verflechtung“ vor? Welche Folgen haben personenidentische Beteiligungen? Nach dem BFH kann eine personelle Verflechtung entstehen, wenn Personen, die das Besitzunternehmen beherrschen, auch im Betriebsunternehmen ihren Willen durchsetzen können. Im Streitfall war das Selbstkontrahierungsverbot vertraglich nicht ausgeschlossen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 28.05.2020 (IV R 4/17) entschieden, dass es bei einer Betriebsaufspaltung ausreicht, wenn nicht gegen den Willen der Mehrheitsgesellschafter der GmbH die Verträge mit der Besitz-GbR aufgekündigt werden können.
Sachlage im Streitfall
Die Steuerpflichtige ist eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), deren Gesellschafterbestand sich aus drei Gesellschaftern zu je 33 % und einem weiteren Gesellschafter mit einem Anteil von 1 % zusammensetzt.
Die GbR vermietet ein in ihrem Besitz stehendes Grundstück an eine GmbH, welche zu gleichen Teilen von den drei Mehrheitsgesellschaftern besessen wird. Das Grundstück dient unstrittig als wesentliche Betriebsgrundlage der GmbH. Das Selbstkontrahierungsverbot gem. § 181 BGB wurde im Gesellschaftsvertrag der GbR nicht ausgeschlossen.
Die Einkünfte der GbR für das Streitjahr wurden vom Finanzamt (FA) abweichend von der Feststellungserklärung als Einkünfte aus Gewerbebetrieb gem. § 15 EStG qualifiziert. Hiergegen legte die GbR Einspruch und nach dem erfolglosen Einspruchsverfahren auch Klage ein.
Das Finanzgericht (FG) gab der Klage statt. Die Mehrheitsgesellschafter der GbR könnten aufgrund eines Verstoßes gegen das Selbstkontrahierungsverbot nicht von derselben Gruppe von Gesellschaftern beherrscht werden, wie die GmbH. Der BFH hob das Urteil des FG auf und gab der Revision statt.
Personelle Verflechtung bei einer Betriebsaufspaltung
Gemäß H 15.7 EStH ist die Voraussetzung einer Betriebsaufspaltung, dass sowohl eine personelle als auch eine sachliche Verflechtung vorliegt. Die personelle Verflechtung ist gegeben, wenn sowohl im Besitz- als auch im Betriebsunternehmen ein einheitlicher Geschäfts- und Betätigungswille durchgesetzt werden kann.
In der Regel beherrschen Gesellschafter beide Unternehmen, wenn diese die Mehrheit der Anteile von über 50 % an den Unternehmen besitzen (Personengruppentheorie). Weichen jedoch die Stimmrechte von den Mehrheitsverhältnissen ab oder gilt in einer GbR das Einstimmigkeitsgebot, werden diese Gesellschaften nicht von den Mehrheitsgesellschaftern beherrscht.
Im Streitfall war die personelle Verflechtung strittig, da die Mehrheitsgesellschafter der GbR zwar auch die GmbH beherrschten, das Selbstkontrahierungsverbot gem. § 181 BGB jedoch nicht im Gesellschaftsvertrag ausgeschlossen war. Somit hätten die Mehrheitsgesellschafter mit der GmbH keine Geschäfte abschließen dürfen.
Der BFH verneinte, dass dies der Betriebsaufspaltung entgegenstehen würde, da der Minderheitsgesellschafter der GbR von der laufenden Geschäftsführung ausgeschlossen war.
Zudem konnte der Pachtvertrag mit der GmbH nicht gegen den Willen der drei Mehrheitsgesellschafter gekündigt werden. Die personelle Verflechtung liegt somit aufgrund des einheitlichen Geschäfts- und Betätigungswillens vor. Die Einkünfte der GbR sind daher als gewerbliche Einkünfte zu qualifizieren.
Praxishinweis
Steuerpflichtige und Steuerberater sollten bestehende Mietverhältnisse in ähnlichen Konstellationen überprüfen und bei Bedarf entsprechende Klauseln hinzufügen, um einer Umqualifizierung durch das FA in späteren Jahren zu entgehen. Dies kann zu einer Entstehung von Gewerbesteuer und auch zu einer späteren Realisierung von stillen Reserven führen, was eine erhebliche steuerliche Mehrbelastung der Gesellschafter bedeutet.
BFH, Urt. v. 28.05.2020 - IV R 4/17
Quelle: Christian Kappelmann, Steuerberater und Diplom-Finanzwirt (FH)