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Einkommensteuer -

Freiberufler: Tarifbegünstigung bei Verkauf einer Einzelpraxis

Der BFH hat die Voraussetzungen für eine tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis näher bestimmt. Entscheidend ist demnach, dass die wesentlichen Vermögensgrundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen übertragen werden. Der Veräußerer muss hierfür seine freiberufliche Tätigkeit im bisherigen örtlichen Wirkungskreis zumindest für eine gewisse Zeit einstellen.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 21.08.2018 entschieden, dass eine tarifbegünstigte Veräußerung einer freiberuflichen Einzelpraxis nur dann vorliegt, wenn der Steuerpflichtige die wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich und definitiv auf einen anderen überträgt.

Hierzu muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Das Kriterium „definitiv“ lässt sich bei der Übertragung des Mandantenstamms erst nach einem gewissen Zeitablauf abschließend beurteilen.

Sachlage im Streitfall

Im aktuellen Fall veräußerte ein Steuerberater seine Einzelpraxis an eine in der Nähe liegende ansässige Steuerberatungsgesellschaft. Im Kaufvertrag vereinbarte der Steuerberater den Verkauf des mobilen Praxisinventars sowie des gesamten Mandantenstamms.

Zusätzlich verpflichtete er sich, an der Mandatsüberleitung mitzuwirken und neue Mandate zu akquirieren. Ferner gingen zum Zeitpunkt der Veräußerung sämtliche Lieferungs- und Leistungsverträge sowie die Rechte und Pflichten gegenüber den Arbeitnehmern auf den Käufer über.

Zeitgleich begann der Verkäufer eine befristete freiberufliche Tätigkeit für den Erwerber. Diese hatte einen Umfang von 32 Wochenstunden. Dafür erhielt er ein monatliches Pauschalhonorar sowie eine Umsatzbeteiligung an Neuakquisitionen.

Im Rahmen der Einkommensteuererklärungen machte er für den Veräußerungsgewinn die Tarifbegünstigung nach § 34 EStG geltend. Das Finanzamt kam jedoch zu dem Ergebnis, dass der Gewinn aus der Veräußerung der Steuerberatungskanzlei als nicht begünstigter, laufender Gewinn zu erfassen sei, da der Steuerberater zwar seine Tätigkeit aufgegeben hatte, jedoch nach ca. 22 Monaten und unter Mitnahme des überwiegenden Teils seiner Mandanten eine Beratungstätigkeit im Rahmen einer Einzelpraxis wieder aufgenommen hatte.

Dass dies zum Zeitpunkt der Veräußerung nicht vorhersehbar gewesen sei, führe zu keinem anderen Ergebnis. Der daraufhin eingelegte Einspruch und die Klage vor dem Finanzgericht Köln (FG) blieben ohne Erfolg. Der in Revision angerufene BFH bestätigte das Urteil des FG und wies die Klage als unbegründet zurück.

Steuerbegünstige Veräußerung einer Einzelpraxis

Grundsätzlich sind auch die Gewinne aus der Praxisveräußerung als Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit steuerpflichtig. Für solche Veräußerungsgewinne sieht jedoch § 34 Abs. 2 Nr. 1 i.V.m. Abs. 1 EStG eine Tarifbegünstigung vor.

Nach ständiger Rechtsprechung des BFH setzt die Veräußerung einer Praxis voraus, dass der Steuerpflichtige die für die Ausübung der selbständigen Tätigkeit wesentlichen vermögensmäßigen Grundlagen entgeltlich auf einen anderen überträgt. Hierzu gehören insbesondere die immateriellen Wirtschaftsgüter der Praxis.

Darüber hinaus muss der Veräußerer seine freiberufliche Tätigkeit in dem bisherigen örtlichen Wirkungskreis wenigstens für eine gewisse Zeit einstellen. Dabei hängt die Beurteilung von den Umständen des Einzelfalls ab.

Solche Umstände können sein:

  • Dauer der Einstellung der freiberuflichen Tätigkeit,
  • die räumliche Entfernung einer wieder aufgenommenen Berufstätigkeit zur veräußerten Praxis,
  • die Vergleichbarkeit einer wieder aufgenommenen Betätigung,
  • die Art und Struktur der Mandate,
  • eine zwischenzeitliche Tätigkeit des Veräußerers als Arbeitnehmer oder freier Mitarbeiter sowie
  • die Nutzungsdauer des erworbenen Praxiswerts.

Arbeitet der Veräußerer als Arbeitnehmer oder als freier Mitarbeiter im Auftrag und für Rechnung des Erwerbers, ist dies grundsätzlich unschädlich. Auch unschädlich ist, wenn der Steuerpflichtige seine bisherige freiberufliche Tätigkeit in einem geringen Umfang fortführt.

Nimmt der Veräußerer dagegen eine freiberufliche Tätigkeit nach einer gewissen Zeit wieder auf, kann dies auch dann noch schädlich sein. Dabei ist es unerheblich, ob die Wiederaufnahme der Tätigkeit zum Zeitpunkt der Übertragung der Praxis geplant war. Maßgebend ist allein, ob es objektiv zu einer definitiven Übertragung der wesentlichen Praxisgrundlagen gekommen ist.

Praxishinweis

Der BFH hat mit diesem Urteil entschieden, dass die Anwendung der Tarifbegünstigung im Rahmen einer Praxisveräußerung dann nicht möglich ist, wenn die Tätigkeit in derselben Stadt mit einem Teil der früheren Mitarbeiter wiederaufgenommen wird und die Tätigkeit sowie die Art und Struktur der Mandate gleich geblieben sind. Steuerpflichtige, die die Tarifbegünstigung in Anspruch nehmen wollen, sollten somit mit der Wiederaufnahme einer Tätigkeit warten, bis die Übertragung definitiv vollendet ist.

BFH, Urt. v. 21.08.2018 - VIII R 2/15

Quelle: Steuerberater und Dipl.-Volkswirt Volker Küpper