Wann liegt eine Betriebsaufspaltung vor? Der BFH hat geklärt, welche Voraussetzungen für die personelle Verflechtung zwischen Gesellschaften gegeben sein müssen. Demnach ist die sog. Personengruppentheorie, nach der sich die Annahme eines einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillens richtet, auch in den Fällen anwendbar, in denen bereits eine Person allein ein oder beide Unternehmen beherrscht.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit seiner Entscheidung vom 19.09.2024 (IV R 5/20) die Grundsätze zur Betriebsaufspaltung weiter konkretisiert.
Sachverhalt im Besprechungsfall
An dem Produktionsunternehmen W-GmbH & Co. KG (W-KG) waren neben der Komplementär-GmbH (W-GmbH) als Kommanditisten A und die G-GmbH jeweils hälftig beteiligt. Alleingesellschafter und Geschäftsführer der W-GmbH war A. Die Gesellschafterbeschlüsse in der W-KG wurden grundsätzlich mehrheitlich gefasst.
In der G-GmbH war A ebenfalls Geschäftsführer. Später wurde die G-GmbH atypisch still gegründet, indem sich die Gesellschafter A, B, C und D an der G-GmbH beteiligten. Die W-KG übertrug ihr Betriebsgrundstück auf die I-Mitunternehmerschaft, die ihr das Betriebsgrundstück verpachtete.
Als Gesellschafter war A neben seinen Kindern B, C und D mehrheitlich beteiligt. Auch hier wurden die Gesellschafterbeschlüsse mehrheitlich gefasst. A war geschäftsführend tätig.
Mit dem Finanzamt entstand Streit darüber, ob zwischen der W-KG und der I-Mitunternehmerschaft eine Betriebsaufspaltung vorliegt und wie der Verkauf der Anteile an der G-GmbH steuerlich zu würdigen ist.
Die Klage vor dem Finanzgericht (FG) blieb erfolglos. Der BFH sah die Revision der Kläger hingegen als begründet an.
Entscheidung im Besprechungsfall
Der BFH geht wie das FG von einer Betriebsaufspaltung zwischen der Besitzgesellschaft (I-Mitunternehmerschaft) und der Betriebsgesellschaft (W-KG) aus. Die sachliche Verflechtung ist aufgrund des überlassenen Betriebsgrundstücks gegeben.
In diesem Zusammenhang ist allein maßgeblich, dass die Besitzgesellschaft das zivilrechtlich im Gesamthandseigentum stehende Betriebsgrundstück als wesentliche Betriebsgrundlage an die Betriebsgesellschaft vermietet.
Zudem bildeten A, B, C und D eine Personengruppe, die sowohl in der Besitzgesellschaft als auch unmittelbar bzw. mittelbar über ihre Beteiligung an der G-GmbH in der Betriebsgesellschaft über die Mehrheit der Stimmen verfügte.
Die Personengruppe konnte in beiden Gesellschaften einen einheitlichen geschäftlichen Betätigungswillen durchsetzen. Der Umstand, dass A allein die Besitzgesellschaft und (möglicherweise) auch die Betriebsgesellschaft beherrschen konnte, ändert daran nichts.
Die Betriebsaufspaltung hatte sodann zur Folge, dass (auch) die Anteile von A und seinen Kindern an der G-GmbH als Betriebsvermögen der I-Mitunternehmerschaft anzusehen waren, und zwar als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II bei der Besitzgesellschaft, da auch eine mittelbare Beherrschung der Betriebsgesellschaft ausreicht.
Mit der Begründung der atypisch stillen Gesellschaft wären die G-Anteile grundsätzlich auch deren Sonderbetriebsvermögen II geworden, vorausgesetzt, die G-GmbH wäre nicht noch einer anderen Geschäftstätigkeit von nicht ganz untergeordneter Bedeutung nachgegangen.
Die Erfassung des Veräußerungsgewinns der Anteile an der G-GmbH bei der atypisch stillen Gesellschaft kommt gleichwohl nicht in Betracht. Für die Zuordnungsentscheidung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen sind zwar zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen. Vorrangig ist dabei allerdings die zeitliche Abfolge.
Die Anteile sind somit nicht aus dem Betriebsvermögen der Besitzgesellschaft entnommen worden. Daher gab der BFH der Klage statt.
Praxishinweis
Der BFH hat seine Grundsätze zur Betriebsaufspaltung wie folgt konkretisiert: Die sogenannte Personengruppentheorie gilt auch in den Fällen, in denen bereits eine Person allein ein Unternehmen oder beide Unternehmen beherrscht.
Für die Zuordnungsentscheidung zwischen verschiedenen Sonderbetriebsvermögen sind zwar zeitliche und qualitative Kriterien heranzuziehen, vorrangig ist dabei allerdings die zeitliche Abfolge. Nur wenn die Voraussetzungen für die Behandlung als Sonderbetriebsvermögen gleichzeitig entstanden sind, folgt die Zuordnung qualitativen Kriterien.
BFH, Urt. v. 19.09.2024 - IV R 5/20