Nach den jüngsten Unwetterschäden sollen die Bayrischen Finanzbehörden den dortigen Hochwasseropfern steuerlich unter die Arme greifen. Ein aktuelles Schreiben sieht für Privatpersonen und Unternehmen ein Reihe von Hilfsmaßnahmen vor: etwa Stundungen bzw. Anpassungen bei Steuer- und Vorauszahlungen, vereinfachte Spendennachweise und Sonderabschreibungen bei unterschiedlichen Einkunftsarten.
Seit Anfang Mai gab es u.a. in vielen Teilen Bayerns, insbesondere Niederbayerns und Mittelfrankens, zahlreiche Unwetter mit schweren Regenfällen, die zu Hochwasser führten. Durch die Hochwasser wurden viele Privatpersonen und Unternehmen geschädigt. Um die wirtschaftliche Last der Schäden etwas zu mildern, hat die Bayrische Finanzverwaltung nun ein aktuelles Schreiben herausgeben, in dem die steuerliche Behandlung von Aufwendungen für die Schadensbeseitigung sowie für Spenden näher dargestellt werden. Insgesamt kommt die Finanzverwaltung den Steuerpflichtigen sehr weitgehend entgegen.
Im Einzelnen geht das Schreiben auf folgende wesentliche Punkte ein:
Stundungs- und Vollstreckungsmaßnahmen sowie Anpassung der Vorauszahlungen
Zeitlich begrenzt bis zum 30.09.2016 können von Personen in den betroffenen Regionen unter Darlegung der individuellen Verhältnisse Anträge auf Stundung der bis zu diesem Zeitpunkt bereits fälligen oder fällig werdenden Steuern sowie Anträge auf Anpassung der Vorauszahlungen auf die Einkommensteuer oder Körperschaftsteuer gestellt werden. Die Finanzverwaltung hat dabei ausdrücklich geregelt, dass diese Anträge nicht nur deshalb abgelehnt werden dürfen, weil die Hochwasserschäden nicht im Einzelnen betragsmäßig nachgewiesen werden könnten. Die Stundungen können regelmäßig unverzinslich gewährt werden. Diese Erleichterungen gelten grundsätzlich auch für Steuern, die nach dem 30.09.2016 fällig werden, die Anträge sind dann aber gesondert zu begründen. Vollstreckungsmaßnahmen sollen bis Ende September unterbleiben und Säumniszuschläge, die im Zeitraum Ende Mai bis September 2016 verwirkt werden, sollen erlassen werden.
Nachweis für Spenden
Um Spenden nachzuweisen, die bis zum 30.09.2016 zur Linderung der Katastrophenfolgen gezahlt werden, genügt der Bareinzahlungsbeleg oder die Buchungsbestätigung (z.B. Kontoauszug oder Lastschrifteinzugsbeleg) eines Kreditinstituts oder der PC-Ausdruck bei Online-Banking – unabhängig von der Höhe der Zuwendung.
Verlust von Buchführungsunterlagen
Falls unmittelbar durch das Naturereignis Buchführungsunterlagen und sonstige Aufzeichnungen vernichtet worden oder verlorengegangen sind, sollen allein aus dem Verlust steuerlich keine nachteiligen Folgerungen gezogen werden. Schätzungen sollen dann wohl unterbleiben.
Vergünstigungen bei der Einkommen-, Körperschaft- und Lohnsteuer
Das Schreiben unterscheidet nach den Gewinn- und Überschusseinkunftsarten. Bei den Gewinneinkunftsarten – also den Einkünften aus Gewerbebetrieb, selbständiger Arbeit sowie Land- und Forstwirtschaft – werden Sonderabschreibungen und die Bildung von Rücklagen gewährt. Auf Antrag können für den Wiederaufbau von Betriebsgebäuden im Wirtschaftsjahr der Fertigstellung und in den beiden folgenden Wirtschaftsjahren von den Herstellungs- oder Wiederherstellungskosten Sonderabschreibungen bis zu insgesamt 30 % vorgenommen werden. Für bewegliche Wirtschaftsgüter erhöhen sich die Sonderabschreibungen auf bis zu insgesamt 50 %. Die Finanzverwaltung verweist insoweit auf die Regelungen des § 7a EStG. Voraussetzung ist jeweils, dass mit der Ersatzbeschaffung vor dem 01.01.2020 begonnen wird.
Zudem kann für die Ersatzbeschaffung unbeweglicher und beweglicher Anlagegüter auf Antrag in besonders begründeten Ausnahmefällen in Wirtschaftsjahren vor dem Wirtschaftsjahr der Ersatzherstellung bzw. Ersatzbeschaffung eine Rücklage gebildet werden. Solche Ausnahmefälle können bei außergewöhnlich hohen Teilherstellungskosten oder Anzahlungen vorliegen. Auch wenn die Zulassung von Sonderabschreibungen nicht ausreicht, um die Finanzierung der Maßnahmen zur Beseitigung der Schäden zu sichern, sind Rücklagen zulässig.
Die Rücklage darf zusammen bei Betriebsgebäuden 30 % bzw. bei beweglichen Wirtschaftsgütern 50 % der Anschaffungs- oder Herstellungskosten der Ersatzwirtschaftsgüter nicht übersteigen. Die Rücklage ist gewinnerhöhend aufzulösen, sobald und soweit für die Wirtschaftsgüter, deren Finanzierung die Rücklage erleichtern soll, Sonderabschreibungen vorgenommen werden können. Bei beweglichen Wirtschaftsgütern muss die Rücklage bis spätestens am Schluss des ersten Wirtschaftsjahres, das nach dem 31.12.2019 endet, aufgelöst werden. Bei Baumaßnahmen ist die Rücklage spätestens am Schluss des vierten auf den Beginn der Baumaßnahmen folgenden Wirtschaftsjahres aufzulösen. Für diese Rücklage gelten die Grundsätze von R 6.5 Abs. 4 und R 6.6 Abs. 7 EStR.
Die Gewinnminderung durch Sonderabschreibungen und Bildung von Rücklagen darf insgesamt höchstens 0,6 Mio. € betragen; sie darf in keinem Jahr 200.000 € übersteigen. Dies gilt nicht bei Rücklagen für gewährte, aber noch nicht verwendete Zuschüsse oder für Entschädigungen, die noch nicht in eine Reparatur o.Ä. umgesetzt worden sind. Höhere Sonderabschreibungen und Rücklagen können mit Zustimmung des Bundesministeriums der Finanzen im Einzelfall zugelassen werden.
Eine besondere Erleichterung gilt für Aufwendungen für die Wiederherstellung beschädigter Betriebsgebäude und beschädigter beweglicher Anlagegüter. Diese können ohne nähere Prüfung als Erhaltungsaufwand anerkannt werden, wenn mit der Wiederherstellung innerhalb von drei Jahren nach dem schädigenden Ereignis begonnen wurde und die bisherigen Buchwerte fortgeführt werden. Das gilt bei Gebäuden nur, wenn die Aufwendungen 70.000 € nicht übersteigen. Dabei ist von den gesamten Aufwendungen auszugehen, auch wenn diese teilweise durch Entschädigungen gedeckt sind.
Der Abzug als Erhaltungsaufwand setzt voraus, dass die Aufwendungen des Steuerpflichtigen die Entschädigungen übersteigen und der Steuerpflichtige wegen des Schadens keine Absetzung für außergewöhnliche technische oder wirtschaftliche Absetzung vornimmt. Die Aufwendungen zur Beseitigung von Hochwasserschäden am Grund und Boden können sofort als Betriebsausgaben abgesetzt werden. Das Gleiche gilt für Aufwendungen zur Wiederherstellung von Hofbefestigungen und Wirtschaftswegen, wenn der bisherige Buchwert beibehalten wird.
Bei einer Gewinnermittlung durch Einnahmenüberschussrechnung können die Erhaltungsaufwendungen auf Antrag auf zwei bis fünf Jahre verteilt angesetzt werden.
Die Regelungen für die Ersatzbeschaffungen an Gebäuden und Erhaltungsaufwand gelten auch für private Vermietungsobjekte entsprechend.
Beihilfen und Unterstützungen des Arbeitgebers an seine Arbeitnehmer können nach R 3.11 LStR steuerfrei sein. Die Unterstützungen sind bis zu einem Betrag von 600 € je Kalenderjahr steuerfrei. Der 600 € übersteigende Betrag stellt keinen steuerpflichtigen Arbeitslohn dar, wenn nach den Einkommens- und Familienverhältnissen des Arbeitnehmers ein besonderer Notfall vorliegt. Bei vom Unwetter/Hochwasser betroffenen Arbeitnehmern wird grundsätzlich ein solcher Notfall unterstellt.
Schließlich können Aufwendungen für die Wiederbeschaffung von Hausrat und Kleidung sowie für die Beseitigung von Schäden an der eigengenutzten Wohnung im eigenen Haus im Rahmen von R 33.2 EStR als außergewöhnliche Belastung angesetzt werden.
Praxishinweis
Die bayrische Finanzverwaltung versucht, mit den ihr zur Verfügung stehenden Mitteln des Steuerrechts die für die Bevölkerung stark belastenden Folgen der unwetterbedingten Hochwasser abzumildern. Dies allein ist schon zu begrüßen. Dass dabei auch noch Vereinfachungen hinsichtlich des Prüfungsmaßstabs bei Stundungs-, Vollstreckungsmaßnahmen und Sonderabschreibungen sowie Rücklagenbildung vorgesehen wurden, dürfte den Bedürfnissen der Steuerpflichtigen weitgehend gerecht werden. Es bleibt zu hoffen, dass die jeweiligen Finanzbeamten die Regelungen mit dem entsprechenden Augenmaß anwenden, um den betroffenen Steuerpflichtigen die gewollte steuerliche Begünstigung auch tatsächlich zukommen zu lassen. Zudem bleibt abzuwarten, ob die anderen betroffenen Bundesländer vergleichbare Regelungen treffen werden.
Quelle: Rechtsanwalt und Steuerberater Axel Scholz