Kann der Höchstbetrag bei der Nutzung eines häuslichen Arbeitszimmers durch mehrere Personen jeweils voll ausgeschöpft werden? Oder muss der Höchstbetrag aufgeteilt werden? Der BFH hat seine Rechtsprechung geändert und einen jeweiligen Abzug bis zum Höchstbetrag zugelassen, soweit eine eigene wirtschaftliche Belastung vorliegt. Bei hälftigem Miteigentum sind die Kosten entsprechend zuzuordnen.
Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einer aktuellen Entscheidung dazu Stellung genommen, ob die Aufwendungen für ein Arbeitszimmer, das mehrere Personen für ihre steuerlich relevanten Tätigkeiten nutzen, von allen Nutzern bis zum Höchstbetrag geltend gemacht werden können.
Ein Lehrerehepaar nutzte gemeinsam ein häusliches Arbeitszimmer in seinem Einfamilienhaus, das den Eheleuten jeweils zur Hälfte gehörte. Die Aufwendungen für das Arbeitszimmer machten über 2.500 € aus. Daher machten die beiden Lehrer jeweils Aufwendungen für das Arbeitszimmer in Höhe des maximalen Betrags von 1.250 € geltend, während das Finanzamt nur Aufwendungen i.H.v. insgesamt 1.250 € berücksichtigte und diesen Betrag den Eheleuten je hälftig zuordnete. Das Finanzgericht (FG) folgte dem Finanzamt, während der BFH die Auffassung der Lehrerehepaars teilte, das Urteil aufhob und den Streitfall ans FG zurückverwies.
Voraussetzungen des Arbeitszimmers dem Grund nach
Übereinstimmend gingen alle Beteiligten davon aus, dass die Voraussetzungen für den Abzug der Kosten für das häusliche Arbeitszimmer dem Grund nach erfüllt sind, so dass die tatsächlich getragenen Aufwendungen bis maximal 1.250 € als Werbungskosten abzugsfähig sind.
Höhe des Abzugs für jeden Ehegatten
Nach Ansicht des BFH kann dabei jedoch jeder Ehegatte Aufwendungen für das gemeinsam genutzte Arbeitszimmer bis zum Höchstbetrag ansetzen, soweit er diese selbst getragen hat und sofern die weiteren Voraussetzungen für den Abzug in seiner Person vorliegen. Dies begründete der BFH wie folgt.
Wortlaut der Vorschrift
Das Wort „ein“ in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 1 EStG ist nach Ansicht des BFH nicht als Zahlwort, sondern als unbestimmter Artikel zu verstehen. Und selbst wenn das Wort „ein“ dort als Zahlwort zu verstehen sein sollte, ließe sich laut BFH daraus allenfalls schließen, dass ein Steuerpflichtiger lediglich Aufwendungen für ein, nicht aber für mehrere Arbeitszimmer geltend machen kann.
Beim Abzug der Aufwendungen wird notwendigerweise personenbezogen auf die Betriebsausgaben des betreffenden Steuerpflichtigen abgestellt und nicht auf das Objekt der Abzugsbeschränkung – unabhängig davon, ob es sich dabei um ein häusliches Arbeitszimmer, eine Jagd oder eine Segelyacht handelt. Diesen Grundsatz bringt der Gesetzgeber nach Auffassung des BFH in verschiedenen Vorschriften besonders zum Ausdruck (z.B. in § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3, Nr. 5, Nr. 6 und Nr. 7 EStG). Bei der sinngemäßen Anwendung der Abzugsbeschränkung für häusliche Arbeitszimmer gilt nichts anderes.
Dem Wortlaut nach gibt es daher keine Grundlage dafür, den Höchstbetrag zu kürzen, weil auch ein anderer Steuerpflichtiger das Arbeitszimmer für seine betriebliche oder berufliche Tätigkeit nutzt.
Systematik des Gesetzes
Neben dem Wortlaut zieht der BFH auch die Systematik des Gesetzes für seine Ansicht heran. Steuersubjekt ist generell der einzelne Steuerpflichtige. Diesem werden die Einkünfte zugerechnet, und zwar sowohl die Erwerbseinnahmen als auch die Erwerbsaufwendungen (Betriebsausgaben und Werbungskosten). Dabei werden ihm lediglich solche Einnahmen zugerechnet, die seine persönliche Leistungsfähigkeit erhöhen, und solche Aufwendungen als Werbungskosten berücksichtigt, die seine persönliche Leistungsfähigkeit mindern.
Dieser Grundsatz der Individualbesteuerung gilt auch im Rahmen der Zusammenveranlagung von Ehegatten. Daher kann auch bei zusammen veranlagten Ehegatten nicht der eine Ehegatte Erwerbsaufwendungen, die der andere Ehegatte getragen hat, selbst einkünftemindernd geltend machen. Allgemein: Aufwendungen eines Dritten ohne eigene Kostenbeteiligung berechtigen nicht zum eigenen Werbungskostenabzug.
Auch vor diesem Hintergrund ist es konsequent, dass sich bei unterschiedlichen Steuerpflichtigen – unabhängig davon, ob es sich um Ehegatten handelt – die betragsmäßige Begrenzung der Aufwendungen des einen nicht mindernd für den anderen Steuerpflichtigen auswirkt.
Wirtschaftliche Belastung des Steuerpflichtigen
Allerdings macht der BFH eine Einschränkung für den Abzug der Aufwendungen für das häusliche Arbeitszimmer: Die Gewährung des Höchstbetrags setzt bei jedem der betreffenden Steuerpflichtigen voraus, dass er zum einen die Erwerbsaufwendungen, die er steuermindernd geltend macht, auch selbst getragen hat und zum anderen das Arbeitszimmer auch tatsächlich für seine steuerlich relevante Tätigkeit nutzt. Nutzen Ehegatten ein häusliches Arbeitszimmer bei hälftigem Miteigentum gemeinsam, sind die Kosten grundsätzlich jedem Ehegatten hälftig zuzuordnen.
Praxishinweis
Die Entscheidung des BFH ist von weitreichender Bedeutung: Der BFH hat seine bisherige Rechtsprechung geändert, nach der der Höchstbetrag für ein häusliches Arbeitszimmer lediglich einmal gewährt werden kann, wenn das fragliche Arbeitszimmer von mehreren Steuerpflichtigen genutzt wird. Folglich können künftig alle Steuerpflichtigen Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bis zum Höchstbetrag geltend machen, wenn sie das Arbeitszimmer tatsächlich nutzen und mit diesen Aufwendungen belastet sind – und zwar unabhängig davon, ob das Arbeitszimmer von mehreren Steuerpflichtigen genutzt wird.
BFH, Urt. v. 15.12.2016 - VI R 53/12
Quelle: RA und StB Axel Scholz, FA für Steuerrecht und FA für Handels- und Gesellschaftsrecht