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Häusliches Arbeitszimmer: Wann sind betriebliche Räume zumutbar?

Wann können Selbständige Kosten für ein häusliches Arbeitszimmer absetzen und wann müssen sie betriebliche Räume nutzen? Der BFH hat entschieden, dass nicht jeder Arbeitsraum im Betrieb für die Verwaltungsarbeiten von Selbständigen zumutbar ist. Wann nach den gesetzlichen Vorgaben „kein anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung steht, hängt von den Umständen der Nutzung und den verfügbaren Räumen ab.

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat mit Urteil vom 22.02.2017 entschieden, dass das Abzugsverbot für ein häusliches Arbeitszimmer dann nicht greift, wenn für die betriebliche bzw. berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Auch bei einem selbständig Tätigen können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer abgezogen werden, falls diesem in den Betriebsräumen kein geeigneter oder zumutbarer Schreibtischarbeitsplatz zur Verfügung steht.

Im konkreten Fall betrieb ein selbständiger Logopäde seine Praxis in zwei unterschiedlichen Städten und mit mehreren Angestellten. Dazu hatte er Behandlungsräume angemietet. Für die anfallenden Verwaltungsarbeiten nutzte er ein häusliches Arbeitszimmer und machte dafür Aufwendungen bei der Gewinnermittlung in seiner Einkommensteuererklärung geltend.

Bei einer Außenprüfung wurden diese Aufwendungen nicht als Betriebsausgaben anerkannt. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren hatte der Logopäde mit der anschließenden Klage vor dem Finanzgericht (FG) Erfolg. Der BFH bestätigte die Sichtweise des FG und wies die Revision der Finanzverwaltung als unbegründet zurück.

Steuerliche Berücksichtigung des häuslichen Arbeitszimmers

Grundsätzlich können Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht in Abzug gebracht werden. Dies gilt jedoch dann nicht, wenn dem Steuerpflichtigen kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. Arbeitet der Steuerpflichtige dabei fast ausschließlich von zuhause aus, so sind die anfallenden Kosten für das Arbeitszimmer vollständig abziehbar. Steht ihm lediglich kein geeigneter oder zumutbarer Arbeitsplatz zur Verfügung, so ist der Abzug der Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt.

Wann steht ein „anderer Arbeitsplatz“ zur Verfügung?

Ein „anderer Arbeitsplatz“ i.S.d. EStG kann grundsätzlich jeder Arbeitsplatz sein, der zur Erledigung von verwaltungsmäßiger Arbeit geeignet ist. Dementsprechend sind keine hohen Anforderungen an die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes zu stellen, insbesondere kann es sich auch um einen nicht räumlich abgeschlossenen Arbeitsbereich handeln oder um einen Raum, den sich der Steuerpflichtige mit anderen Personen teilt.

Voraussetzung für das Vorliegen eines anderen Arbeitsplatzes ist jedoch, dass der Steuerpflichtige diesen im konkret erforderlichen Umfang und der konkret erforderlichen Art und Weise nutzen kann. Ist die Nutzung derart eingeschränkt, dass der Steuerpflichtige einen nicht unerheblichen Teil der Arbeit in seinem häuslichen Arbeitszimmer leisten muss, so liegt kein geeigneter anderer Arbeitsplatz vor und das Abzugsverbot kommt nicht zur Anwendung.

Eine solche Feststellung erfolgte auch im vorliegenden Fall bei der finanzgerichtlichen Würdigung. Dabei waren u.a. sowohl die Beschaffenheit des Arbeitsplatzes selbst – also Größe, Lage und Ausstattung – einzubeziehen als auch die Rahmenbedingungen für die Nutzung – wie die Ausgestaltung der Nutzung, die Verfügbarkeit des Arbeitsplatzes und der Zugang zu diesem.

Praxishinweis

Der BFH bestätigt mit diesem Urteil die Sichtweise des FG, dass für die Beurteilung, ob ein anderer Arbeitsplatz vorliegt, eine Gesamtwürdigung zu erfolgen hat und Selbständigen nicht jedwede Arbeitskammer zumutbar ist. Der BFH betont jedoch auch, dass ein Arbeitsplatz nicht allein schon deshalb unzumutbar ist, weil der Steuerpflichtige nach Feierabend oder am Wochenende Arbeiten zu verrichten hat. Dieses Urteil könnte insbesondere für Selbständige im Bereich der Heilberufe wie Ärzte oder Physiotherapeuten relevant sein, da diese zwar regelmäßig über Behandlungsräume in einer Praxis verfügen, nicht immer jedoch auch über einen geeigneten Arbeitsplatz für Verwaltungsarbeiten.

BFH, Urt. v. 22.02.2017 - III R 9/16

Quelle: Dipl.-Volkswirt Volker Küpper